Konstruktion - Der Wirtschafts-Thriller: Teil 21
Das erste was er tat, als er zu Hause in seiner Wohnung ankam, war, einen Blick in die Zeitung zu werfen.
Am Morgen des folgenden Tages hatte Seymour ihn in sein Büro gebeten. Es ging darum, dass Philipp im Innendienst den Grundstein für die Inbetriebnahme von Projekt M legen sollte. Giuliani hatte man den Auftrag erteilt, alle Abläufe vor Ort zu koordinieren. Seymour, so schien es jedenfalls, hatte bewusst Wert darauf gelegt, eine Eskalation des so offensichtlich schwelenden Konfliktes zwischen den beiden zu vermeiden. Er wusste schließlich um das Temperament des hitzköpfigen Italieners Bescheid. Für Giuliani kam es gewissermaßen einer Aufwertung seiner Position in der Firma gleich, denn vor Ort hatte er beim Bau der Brücke jetzt das Kommando. Einmal mehr hatte Philipp das Gefühl, das Seymour strategisch vorgegangen war. Er schien zu wissen was er zu tun hatte, um seine Angestellten optimal für seine Belange einzusetzen.
Giuliani ist da draußen auf der Baustelle. Er hat bereits die Traversen im letzten Bauabschnitt einbringen lassen. Sie, Geiger, werden gleich, sagen wir bis in spätestens zwei Stunden, die letzten Kontrollberechnungen durchgeführt haben, die zur Überprüfung der zulässigen Belastungsgrenzen für die Traversen dienen! Dann gehen die Berechnungen heute noch per Fax an den unabhängigen Gutachter raus. Sie kennen die ganze Prozedur ja zur Genüge, Geiger! Prinzipiell ein reiner Routinevorgang, aber sie wissen ja wie das ist. Das unabhängige Gutachten entscheidet letzten Endes über die Abnahme der gesamten Konstruktion. Bisher ist alles zu unserem Besten gelaufen, und es wäre verdammt schade, wenn das jetzt anders wäre. Aber ich hege keinen Zweifel daran, dass die Inbetriebnahme der Brücke fristgerecht stattfinden kann. Die notwendigen Unterlagen habe ich bereits auf ihren Schreibtisch legen lassen. Sie werden das doch wohl hinkriegen, oder?
Der Ton in Seymours Stimme war alles andere als auf Gegenfragen ausgerichtet. Er hatte unmissverständlich klar gemacht, dass er nichts anderes als die prompte Erledigung vorsah. Es ist machbar! Reiner Routinevorgang wie sie bereits sagten! Philipp machte auf dem Absatz kehrt und ging in Demut ausgesprochen angespannt zurück in sein Büro, wo er Seymour´s Worten gemäß die Unterlagen vorfand. In der Tat stellte es kein Problem für ihn da, dem Auftrag seines Chefs nachzukommen. So sehr er sich auch im Innern dagegen widersetzte, überhaupt noch irgend etwas Produktives für seinen Boss zu tun, so war er einmal mehr in dessen furchteinflößenden Bann geraten, und seine Furcht trieb ihn an. Nach zwei Stunden ging das Fax an den unabhängigen Gutachter raus. Dann überlegte Philipp was er wohl als nächstes tun könne. Frazier´s Tod hatte ihm nach wie vor keine Ruhe gelassen. Was hatte er gewusst, weshalb er sterben musste? Philipp wählte die Nummer von Etienne Dufèvre, um sie zum Lunch einzuladen.