Konstruktion - Der Wirtschafts-Thriller: Teil 22
Das ihm Abverlangte trug menschenunwürdige Züge, war eine Art Judasdienst. Nichts hatte das mehr gemein mit der viel beschriebenen Loyalität gegenüber dem Unternehmen.
Im Konferenzsaal hatte man derweil alles für ihren Auftritt arrangiert. Mehrere Scheinwerfer waren aufgebaut worden. Eine feste Kamera auf einem Stativ stand direkt am anderen Ende des Raumes. Es hatte den Anschein, dass sie den gesamten Tisch und das Firmenlogo erfasste, das wie ein züngelndes Fanal in gleißendes Licht getaucht an der gegenüberliegenden Wand in dicken roten Lettern prangte. Zwei Kabelträger huschten in gebückter Haltung über den Boden, begleiteten eine Kamera, die auf Schienen hin und her gefahren werden konnte. Zusätzlich gab es noch eine mobile Kamera - die von einer jungen Blondine, sie mochte Studentin gewesen sein - getragen wurde.
Dann betrat die Moderatorin den Raum als wäre es eine Arena. Ihre Arena genauer gesagt. Erhobenen Hauptes, die wohlgeformten Brüste weit nach vorne gestreckt und mit eleganten Bewegungen schritt sie durch den Konferenzsaal. Sie war eine attraktive Brünette mit drapiertem Haar und einem stark sonnengebräunten Teint. Gekleidet in ein sich eng an ihren ebenmäßigen, hübschen Körper schmiegendes Kostüm. Ihre großen, dunklen Augen ließ sie im Raum umherschweifen, eher langsam, überlegt und voller Ruhe. Dann hatte sie ihren Platz ausgemacht und setzte sich unvermittelt hin. Sie gab kurze präzise Anweisungen, wirkte auf Philipp so routiniert und konzentriert wie eine sanftmütige Löwin, die ihren Blick über die weite Steppe schweifen ließ, um über ihr Reich zu wachen. Dabei war ihre gesamte Ausstrahlung von einer konstanten inneren Ruhe bestimmt. Diese Ruhe schien sich sogleich auf ihr gesamtes Umfeld zu übertragen. Das war zumindest das, was Philipp registriert zu haben glaubte, und es war gut so.
Er verlor merklich die Scheu vor all den Kameras um ihn herum, dem gesamten bedrückenden Szenario und dieser grotesken Zurschaustellung. Philipp und Seymour nahmen neben einander Platz. Die Moderatorin, die sich ihnen als Karyn Volonski vorstellte, befand sich nun schräg gegenüber von ihnen. Dann fiel der Startschuss.