Konstruktion - Der Wirtschafts-Thriller: Teil 23
Wahrheit oder Pflicht?
Er hatte unverzüglich die Toilette aufsuchen müssen. Ihm war hundeelend, und er stand kurz davor sich zu übergeben. Vielleicht hätte ihm das gut getan, es einfach so herauszulassen, aber er scheute sich dennoch davor. Es wäre so gewesen als hätte er vor etwas kapituliert. Ein massiver Druck lastete auf seinen inneren Organen. Während des Drehs, als sich die CNN- Crew um ihn herum versammelt hatte, sah er sich bereits einem unaufhörlichen kaum zu stoppenden Herzrasen ausgesetzt. Es war nicht so gewesen wie Seymour gesagt hatte. Er hatte es nicht geliebt, vor der Kamera zu stehen.
Die Spannung in seinem Körper war nahezu einem unerträglichen Punkt entgegen gestrebt, kurz bevor er zu reden angefangen hatte. Er hatte dieses unaufhörliche Ziehen tief in seinem Innern gespürt, das ihn nahezu wahnsinnig gemacht hatte. Das gute Gefühl, das ihm die Moderatorin gegeben hatte, war ziemlich schnell dahin gerafft worden. Es war so, als ob die auf ihn gerichteten Kameraaugen nur eine einzige Frage gehabt hätten, Wahrheit oder Pflicht. Das hatte seine Gedanken in einem fort bestimmt. Als er dann angefangen hatte vor laufenden Kameras zu sprechen, hatte sich ihm die Kehle zugeschnürt, doch das schien keiner bemerkt zu haben. Das hatte keinen der Anwesenden irritiert. Es waren die Worte gewesen, die aus ihm hervor gedrängt waren, die bei ihnen nie ganz in Auflösung begriffenes Unverständnis hervorgerufen hatten.
Aber einer, der ihn verstanden hatte, war John Seymour gewesen. Es war ihm alsdann wie ein im Vorfeld von seiner Seite aus angekündigter Showdown vorgekommen. Denn irgend etwas, so beschlich ihn eine vage Vorahnung, sollte es da zwischen ihnen geben. Der Showdown schien etwas Unausweichliches. Aber er wusste Delaney und Callahan an seiner Seite, auch wenn sie nicht körperlich präsent waren. Es genügte zu wissen, dass er sie hinter sich hatte, dass sie Waffenbrüder im Geiste waren. An sie hatte er auch gedacht, als sämtliche Kameras auf ihn gerichtet waren, und es hatte ihn bestärkt. Es waren wohl nicht nur die Kameras gewesen, die ihm die Aufregung beschert hatten. Vielmehr waren es seine im Innern widerstrebenden Gefühle gewesen.
Es hatte ihm den Schweiß in die Handinnenflächen getrieben, und er hatte seine Fingernägel entschlossen tief in seine Hände hinein gegraben bis sie zu schmerzen begannen. Der Schmerz hatte ihn abgelenkt. Mit fortschreitender Rededauer war er sich dann der Realität näher vorgekommen, und er hatte im Zuge dieser Befreiung seine Gedanken so formulieren können, dass Seymour die wahre Aussage, die dahinter stand, begriffen hatte. Er hatte ihm die Stirn geboten, und das war ihm wichtig gewesen.