Konstruktion - Der Wirtschafts-Thriller: Teil 9
Und einen Moment lang hatte Philipp das Gefühl, dass alles um ihn herum wieder in bester Ordnung war.
Was hatte Seymour da genau zuletzt zu ihm gesagt, schoss es ihm durch den Kopf. Er würde schlecht aussehen? Aber wie konnte er das beurteilen? Irgend etwas gefiel ihm an dieser Aussage nicht. Es steckte mehr dahinter als ein gut gemeinter Ratschlag, da war er sich ganz sicher. Wenngleich ihm das Erlebte auf eine ganz spezielle Art und Weise sonderbar vorkam, so konnte er dennoch keine Verbindung ziehen. Dann war es ein abruptes Bremsen und ein lang gezogenes Hupen, die ihn aus seinen Gedanken rissen. Es war der Wagen, der ihn, wie Seymour gesagt hatte, zum Flughafen bringen sollte. Was in ihm starkes Misstrauen weckte, war der Aspekt, dass es dieselbe Limousine zu sein schien, aus der kurz zuvor die drei Männer ausgestiegen waren.
Auch dieses Mal stiegen drei Männer aus. Aber dieses Mal offenbarte sich ihm all das, was zuvor sein Bewusstsein nur als vage Vermutung heimgesucht hatte. Es war John Seymour, der, flankiert von zwei Mitarbeitern, aus dem Wagen stieg. Ein kalter Schauer bahnte sich sogleich seinen Weg. »Geiger!«, sagte Seymour in kaltem, einsilbigem, aber bestimmendem Ton. »Ich habe hier noch etwas zu erledigen. Aber Sie werden jetzt einsteigen, und man wird Sie zum Flughafen bringen.« Mit einer kompromisslosen Geste, unterstützt von einem durchdringen Blick, hielt er Philipp die Tür des Wagens auf. Während Philipp einstieg, hatte er das Gefühl, nicht bloß seinen Fuß in einen Wagen zu setzen. Nein, er hatte das Gefühl, eine Schwelle zu überschreiten. Die Schwelle in eine neue Dimension des teuflischen Spiels, die Pforte zum Vorhof der Hölle.
Die Blicke von Seymour und Philipp trafen sich. Das gegenseitige Fixieren war getragen von einer mystischen Spannung, nahezu isoliert von Raum und Zeit. Wie unter Hypnose. Philipp ließ sich in die samtweichen, tiefblauen Sitze des Wagens fallen. Seymour schloss die Tür. Ein Choral so dunkel wie der Abgesang auf das Sein lag ihm in den Ohren. Tatsächlich war es wohl der Wind, der durch die Straßen von New York fegte. Dann vernahm er das Surren eines elektrischen Scheibenhebers und war alsbald befreit vom fesselnden Anblick Seymours, doch irgendwie gefangen im schwarzen Gefährt düsterer Phantasien. Wenn er einen Moment lang das Gefühl gehabt hatte, einem Choral zu lauschen, so schien auch dieser Eindruck schnell verblasst. Im Radio hatte der Moderator durch seine verwegen schmierige Ansage ein neues Klageszenario eingeläutet. Aus den Lautsprechern tönte der unverkennbare Sound der Rolling Stones. Es war Sympathy For the Devil. Und einen Moment lang hatte Philipp das Gefühl, dass alles um ihn herum wieder in bester Ordnung war.