Statistik: BuWiN 2017 - Wissenschaftliche Karrieren werden immer attraktiver
Der dritte Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs 2017 macht deutlich, dass die Wissenschaftskarriere immer beliebter wird: Innerhalb von 14 Jahren konnte ein Wachstumsplus von 76 Prozent verzeichnet werden. Dazu zählen Promovierende und Promovierte als wissenschaftliche Mitarbeiter an Lehrstühlen.
Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs 2017 zeigt positiven Aufwärtstrend
Die Zahl der wissenschaftlichen Nachwuchskräfte an deutschen Hochschulen ist in den letzten Jahren besonders stark gewachsen. Waren im Jahr 2000 noch rund 82.400 Nachwuchswissenschaftler hauptberuflich als wissenschaftliches und künstlerisches Personal an Hochschulen beschäftigt, lag die Zahl im Jahr 2014 bei fast 145.000 ein Plus von 76 Prozent. Dazu zählen beispielsweise Promovierende und Promovierte, zum Beispiel als wissenschaftliche Mitarbeiter an Lehrstühlen. Das geht aus dem dritten Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs (BuWiN) hervor, den Bundesforschungsministerin Johanna Wanka heute gemeinsam mit der brandenburgischen Forschungsministerin Martina Münch für die Länderseite in Empfang genommen hat. Der Bericht über den Status Quo des wissenschaftlichen Nachwuchses in Deutschland wird alle vier Jahre von einem unabhängigen wissenschaftlichen Konsortium erstellt.
"Der wissenschaftliche Nachwuchs in Deutschland ist eine unverzichtbare Größe unserer Wissensgesellschaft, die hochqualifizierte Arbeitskräfte und Innovationsgeist braucht. Investitionen in den wissenschaftlichen Nachwuchs zahlen sich aus. Deshalb hat die Bundesregierung jüngst gleich drei Initiativen zugunsten junger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf den Weg gebracht: Mit dem Tenure-Track-Programm von Bund und Ländern schaffen wir transparentere und besser planbare Karrierewege. Fehlentwicklungen in der Befristungspraxis sind wir mit einer Reform des Wissenschaftszeitvertrages entgegen getreten. Und weil uns bis heute verlässliche Daten zum Beispiel über Abbruch- und Erfolgsquoten Promovierender oder ihre Karriereverläufe fehlen, haben wir auch das Hochschulstatistikgesetz reformiert. Nur wenn wir noch genauer über die Situation des wissenschaftlichen Nachwuchses Bescheid wissen, können wir ihn noch wirksamer fördern", sagte Bundesforschungsministerin Wanka.
Laut dem Bericht werden Promovierende an den Hochschulen immer professioneller unterstützt. So ist die Zahl der institutionell verankerten hochschulweiten Organisationseinheiten an den Hochschulen gestiegen, die der Qualitätssicherung der Promotion und der Vernetzung verschiedener Nachwuchsförderprogramme und maßnahmen dienen sollen. Zur Promotionsförderung gab es an den 69 vom Konsortium befragten Hochschulen bereits 90 solcher Dachstrukturen. Ein weiterer Befund ist, dass Promovierende inzwischen in der Regel von mehreren Personen betreut werden.
Das Schwerpunktkapitel des Berichts behandelt das Thema Vereinbarkeit von Familie und akademischer Karriere. Dem BuWiN zufolge wünschen sich die meisten Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler Kinder. Die geringe Planbarkeit und die finanzielle Unsicherheit einer Wissenschaftskarriere würden dies aber erschweren.
"Der Befund zeigt, dass wir mit dem Tenure-Track-Programm an der richtigen Stellschraube ansetzen. Zudem brauchen wir bessere Daten zum Thema Vereinbarkeit von Familie und akademischer Karriere. Baden-Württemberg macht es vor: Dort werden in Zukunft umfangreiche Promotionsdaten einheitlich erfasst, so dass man endlich weiß, wie es um die Promotionsphase steht. Es wäre wünschenswert, wenn dieses Beispiel Nachahmer fände", so Wanka.
Bestand des wissenschaftlichen Nachwuches und des Potenzials für den wissenschaftlichen Nachwuchs
Gruppe des wissenschaftlichen Nachwuchses/Potenzial |
unter 35 Jahre | 35 bis unter 45 Jahre | Datenquelle/Anmerkungen |
Hochschulabsolvent/inn/en | 1.664.000 | - | Mikrozensus 2014: nur Absolvent/inn/en mit promotionsberechtigendem Abschluss, Universität (Diplom, Master), Fachhochschule (Master |
Promovierende | 196.200 | - " - | Statistisches Bundesamt (2016): Promovierende in Deutschland - Wintersemester 2014/2015, Wiesbaden; ohne Altersbeschränkung |
Promovierte | 354.000 | - " - | Mikrozensus 2014 |
Hauptberufliches wissenschaftliches und künstlerisches Personal (ohne Professor/inn/en) an Hochschulen | 109.880 | 35.047 | Statistisches Bundesamt (2016): Personal an Hochschulen, Sonderauswertung, Wiesbaden; befristet beschäftigt; Merkmal Promotion nicht erfasst |
Wissenschaftler/innen an außeruniversitären Forschungseinrichtungen und wissenschaftlichen Einrichtungen des weiteren öffentlichen Sektors | 24.729 | 13.875 | Statistisches Bundesamt (2016): Ausgaben, Einnahmen und Personal der öffentlichen und öffentlich geförderten Einrichtungen für Wissenschaft, Forschung und Entwicklung, Sonderauswertung, Wiesbaden; unter 35 Jahre: nicht promoviert; unter 45 Jahre: promoviert |
Wissenschaftler/innen in der Wirtschaft | 58.926 | 67.737 | Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft (2016): Sondererhebung 2013, Fokus wissenschaftliches FuE-Personal, Sonderauswertung, Essen |
Juniorprofessor/inn/en | 1.613 | - " - | Statistisches Bundesamt (2015): Personal an Hochschulen 2014 - Fachserie 11, Reihe 4.4, Wiesbaden; ohne Altersbeschränkng |
Nachwuchsgruppenleiter/inn/en | 921 | - " - | Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK) (2015): Pakt für Forschung und Innovation MonitoringBericht 2015 (Berichtsjahr 2014) sowie Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) (2016): Emmy Noether Geförderte für den Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs (BuWiN) 2017, Sonderauswertung, Bonn; ohne Altersbeschränkung |
Habilitierte | 6.205 | - " - | Statistisches Bundesamt (2016): Personal an Hochschulen, Sonderauswertung, Wiesbaden |
Professor/inn/en auf Zeit (W2, W3) | 2.026 | - " - |
Statistisches Bundesamt (2016): Personal an Hochschulen, Sonderauswertung, Wiesbaden; nur staatlich und staatlich anerkannte Universitäten und gleichgestellten Hochschulen; ohne Altersbeschränkung |
Download Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs 2017 PDF, 296 Seiten - 2,7 MB
http://www.buwin.de/dateien/buwin-2017.pdf
Download Wichtige Ergebnisse Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs 2017 PDF, 28 Seiten - 462 KB
http://www.buwin.de/dateien/buwin-2017-kurzfassung.pdf
Der BuWiN 2017 liefert Daten und aktuelle Forschungsbefunde zu Qualifikations- und Karrierewegen sowie zu beruflichen Perspektiven Promovierender und Promovierter in Deutschland. Das Wissenschaftliche Konsortium des BuWiN 2017 setzt sich zusammen aus dem federführenden Institut für Innovation und Technik (iit) in der VDI/VDE Innovation und Technik GmbH, dem Bayerischen Staatsinstitut für Hochschulforschung und Hochschulplanung (IHF), dem Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW), dem Institut für Hochschulforschung an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (HoF), dem International Centre for Higher Education Research (INCHER) und dem Statistischem Bundesamt. Das Konsortium wurde von einem Wissenschaftlichen Beirat unter dem Vorsitz von Herrn Prof. Dr. Karl Ulrich Mayer beraten.
Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen für wissenschaftlicher Nachwuchs
Auf der Arbeitssebene von Forschung und Lehre an Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen bestehen durchaus attraktive Bedingungen wie zum Beispiel zeitliche Flexibilität oder interessante Arbeitsinhalte, die unter anderem dazu beitragen, dass die akademische Karriere aus Sicht des wissenschaftlichen Nachwuchses insgesamt äußerst attraktiv ist. Gleichzeitig werden die Beschäftigungsbedingungen für den wissenschaftlichen Nachwuchs als eher problematisch eingestuft.
Befristung von wisschaftlichem Personal
- Nachwuchswissenschaftlerinnen und - wissenschaftler an Hochschulen sind zu 93 Prozent und an außeruniversitären Forschungseinrichtungen zu 84 Prozent befristet beschäftigt.
- wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die über Drittmittel finanziert werden, sind häufiger befristet beschäftigt.
- Befristungsanteile zwischen den Fächergruppen und zwischen den Geschlechtern unterscheiden sich nur geringfügig voneinander.
Vertragslaufzeiten bei wissenschaftlichen Personal
- die bislang umfassendste, aber nicht repräsentative Studie zeigt, dass 53 Prozent aller Arbeitsverträge (Neuverträge und Folgeverträge) mit wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an Hochschulen und 50 Prozent an außeruniversitären Forschungseinrichtungen eine Laufzeit von unter einem Jahr haben.
- 42 Prozent aller befristet Beschäftigten mit Hochschulabschluss haben eine Vertragslaufzeit von unter einem Jahr haben
- der wissenschaftliche Nachwuchs an Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen wird in der Regel nicht auf Basis des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG), sondern auf Grundlage des WissZeitVG befristet
Einkommen und Beschäftigungsumfang von wissenschaftlichem Nachwuchs
- Promovierende verfügen über ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von 1.261 Euro und sind in der Regel nicht armutsgefährdet
- 12 Prozent der Promovierende haben ein Einkommen von unter 826 Euro, was der Armutsgrenze gemäß Definition des Mikrozensus 2010 entspricht, und sind in den geistes- und kulturwissenschaftlichen Fächern deutlich weiter verbreitet als in anderen Fächern.
- mehrheitlich in Vollzeit beschäftigt sind Wissenschaftler auf naturwissenschaftlichen und technischen Fächern
- in geistes- und kulturwissenschaftlichen Fächern besteht ein hoher Anteil an Teilzeitbeschäftigten
- Vollzeitbeschäftigten an Hochschulen gehören 42 Prozent den Sprach- und Kulturwissenschaften, 82 Prozent den Ingenieurwissenschaften an
- an den außeruniversitären Forschungseinrichtungen reicht die Vollzeitquote von 49 Prozent in den Geisteswissenschaften bis zu 72 Prozent in den Ingenieurwissenschaften.
- Frauen sind öfter in Teilzeit beschäftigt: an außeruniversitären Forschungseinrichtungen zu 56 Prozent in Vollzeit, ihre männlichen Kollegen hingegen zu 71 Prozent; an den Hochschulen sind 68 Prozent der Nachwuchswissenschaftler, aber nur 54 Prozent der Nachwuchswissenschaftlerinnen in Vollzeit tätig.
Vertraglich geregelte und tatsächliche Arbeitszeiten von wissenschaftlichem Personal
- 83 Prozent der Promovierenden stehen in einem Beschäftigungsverhältnis: 77 Prozent an Hochschulen, 7 Prozent in außeruniversitären Forschungseinrichtungen, 6 Prozent in der Wirtschaft, 11 Prozent in sonstigen Institutionen
- Promovierende leisten unentgoltene zusätzliche Arbeitszeit, vor allem an Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen
Qualifizierungsbedingungen von Promovierenden
- auf eine Professorin beziehungsweise einen Professor kommen durchschnittlich sechs Promovierende: Anzahl der betreuten Promovierenden von durchschnittlich 5 in den Sprach- und Kulturwissenschaften bis 11 in den Ingenieurwissenschaften
- 23 Prozent der Promovierenden sind in strukturierten Programmen
- die Betreuung durch mehrere Personen ist die Regel, wobei die Werte entlang verschiedener Studien zwischen 53 und 76 Prozent variieren.
- zwischen 55 und 65 Prozent der Promovierenden sind mit der Betreuung insgesamt zufrieden bis sehr zufrieden. Gleichfalls sind nur geringe Anteile (zwischen 14 und 19 Prozent) nicht zufrieden mit der Betreuung
- die Promotionsdauer (Beginn nach Selbsteinschätzung bis zur mündlichen Prüfung) beträgt zwischen 3,5 und 4,5 Jahren.
- Erfolgsquote der Promotion liegt zwischen 57 und 67 Prozent
Bildungsrenditen und nicht-monetäre Erträge der wissenschaftlichen Qualifizierung
- Promovierte Beschäftigte erhalten im Schnitt ein höheres Gehalt als beschäftigte Hochschulabsolventinnen und - absolventen ohne Promotion.
- während sich in den Sprach- und Kulturwissenschaften die Promotion finanziell vielfach kaum lohnt, profitieren insbesondere Rechtswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler von der Promotion.
- Promovierte weisen im Vergleich zu Nicht-Promovierten eine höhere berufliche Zufriedenheit und zudem eine höhere Beschäftigungsadäquanz (Übereinstimmung zwischen Fähigkeiten einer Person und den für ihre Tätigkeit benötigten Kompetenzen) auf.
Empirische Befunde zur Vereinbarkeit von Familie und akademischer Karriere
- 13 bis 30 Prozent des wissenschaftlichen Nachwuchses sind Eltern
- insgesamt betrachtet ist die Kinderlosigkeit beim wissenschaftlichen Nachwuchs höher als bei Hochschulabsolventinnen- und absolventen 49 Prozent der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und 42 Prozent der wissenschaftlichen Mitarbeiter an Universitäten endgültig kinderlos
- Die meisten Nachwuchswissenschaftlerinnen und - wissenschaftler wünschen sich Kinder.
- Nachwuchswissenschaftlerinnen und - wissenschaftler führen eine zu geringe Planungs- und finanzielle Sicherheit sowie eine fehlende berufliche Etablierung als Hauptgründe für das Aufschieben von Kinderwünschen an
- In Bezug auf die Vereinbarkeit fällt das Urteil des wissenschaftlichen Nachwuchses weder besonders positiv noch besonders negativ aus: Allerdings werden die hohen Arbeits- und Mobilitätsanforderungen, das Zusammenfallen von Familiengründungs- und Qualifizierungsphase sowie mangelnde Betreuungsmöglichkeiten kritisch gesehen
- Die Wahrscheinlichkeit, eine Promotion aufzunehmen, ist für Hochschulabsolventinnen und - absolventen mit Kind/ern tendenziell geringer als für kinderlose
- Diskriminierung aufgrund von Elternschaft nehmen vor allem Frauen wahr: Sie erleben häufiger als Männer eine geringere Wertschätzung für ihre wissenschaftliche Leistungsfähigkeit und eine geringere Förderung durch ihre Vorgesetzten.
- In der Tendenz schätzen Frauen im Vergleich zu Männern die Vereinbarkeit von Familie und Beruf negativer ein und sehen sich häufiger mit negativen Konsequenzen ihrer Elternschaft konfrontiert: Frauen übernehmen häufiger die Hauptverantwortung für Familien- und Heimarbeit
Familien- und hochschulpolitische Steuerungsinstrumente, Programme und Maßnahmen
- allgemeine familienpolitische Steuerungsinstrumente: Elternzeitregelung, Elterngeld, staatliche Subventionierung der Kinderbetreuung
- speziellen Maßnahmen für den wissenschaftlichen Nachwuchs: flexible Arbeitszeiten, Eltern- Kind- Zimmer, Angebote für eine regelmäßige Kinderbetreuung, Workshops und Coachings zum Thema Vereinbarkeit sowie Beratungsangebote zur Pflege von Angehörigen.
- Maßnahmen der Hochschulen entsprechen im Wesentlichen den Bedürfnissen von Eltern: jedoch sind Maßnahmen an Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen ihrer Zielgruppen nicht ausreichend bekannt