WiWi Gast schrieb am 16.06.2023:
Hab mich die letzten Tage hier im Forum etwas umgesehen. Hab halt jetzt irgendwie das Bild im Kopf dass Ärzte und Anwälte einen super spannenden Beruf haben und das arbeiten was sie studiert haben und mint leute machen am ende kümmern sich um irgendeinen kleinkram fernab von dem was man in der uni gelernt hat.
Was ist denn mit der Energiewende? Wasserstofftechnologie? G5 Ausbau? Raumfahrt? Sind doch alles heiße und aktuelle Themen. Eigentlich müsste es für mich doch super viele Möglichkeiten geben
Mediziner und Juristen (mit 2 StEx) sind quasi akademisierte Ausbildungsberufe. Spannend ist relativ. Mediziner könnte ich, wenn überhaupt, in der Forschung oder Pharma sein. Für alles andere hätte ich keine Nerven (im Schnitt hat man als Arzt so 8 Minuten pro Patient im Erst/-Analysegespräch, kannst dir ja selber ausrechnen, wie viel Menschenkontakt du da am Tag hast). Dazu ist gefühlt 50-60% der Arbeit reine Dokumentation.
Bei uns Juristen (bin als Ra und StB im Steuerrecht/Steuerberatung tätig) ist ebenfalls fast 50% der Arbeit reine Dokumentation. In meiner Anfangszeit stand ich selbst teilweise 4-5h am Scanner und hab irgendwelches Zeug digitalisiert, weil der Mandant das nicht machen wollte. Hab mich gefühlt wie eine bessere Verwaltungsangestellte, das muss jedoch sein (Stichwort: "Revisionssicher"). Gut, heute hat man Angestellte dafür und kann mehr beraten. Aber selbst wenn man die reine (Steuer-) Beratungszeit nimmt, sind das vielleicht 3h am Tag im Maximum. Den Großteil der Zeit fühle ich mich eigentlich wie ein externer Manager, der die ganze Zeit entweder schauen muss, dass meine Mandate wachsen und Ihr Potential ausnutzen oder nicht total absaufen.
Also auch bei Juristen, spannend ist relativ. Ich persönlich finde es spannend, dafür muss man halt auch viel lesen (Urteile, Vertragswerk, Gesetze, ect.) da kommt jeden Tag ein kleines Buch zusammen. Und allgemein unternehmerisch "fit" sein. Nicht jedem liegt das. Ein Abschalten und nach Hause gehen gibts nicht. Ich bin quasi 24/7 erreichbar (das jedoch freiwillig).
Abgesehen davon war für mich von vornerein klar, dass ich nur Unternehmens- und Steuerrecht mache. Auf andere Rechtsgebiete habe ich kein Bock. Der abschließende Satz soll den Monolog hier auch etwas abrunden: Du hast zwar Physik studiert (f.e. Jura) weißt aber nicht, in welche Richtung es gehen soll (f.e. Steuerrecht).
Du hast wohl das typische FOMO- oder das "Gras ist auf der anderen Seite immer Grüner"-Syndrom. Was heißt Wasserstoff? Was G5 Ausbau? Was Raumfahrt? Auf irgendwas musst dich schon selbst durch Praktika oder im Studium spezialisiert haben. Das sind drei so unterschiedliche Fachgebiete, das ist so als ob du zu einem Arzt gehst, der Augenarzt, Urologe und Herzchirurg in einer Person ist. Wie du an diesem lächerlichen Vergleich merkst: Sowas gibt es in der Realität nicht. Leg dich auf eine Sache fest und zieh das durch.
PS: Da du angibst "7 Jahre studiert zu haben", darf ich annehmen, dass du noch absolut keine Berufserfahrung hast, ist das korrekt? Dann sollte dein erster Schritt sein, überhaupt 2-3 relevante Praktika zu machen (auch nach dem Master, absolut kein Beinbruch) um zu schauen, in welchen Bereichen du eigentlich arbeiten möchtest.
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