Zunächst, obwohl Wirtschaftswachstum oft dazu beiträgt, den allgemeinen Lebensstandard zu erhöhen, bedeutet es nicht zwangsläufig eine Verminderung von Armut. Dies liegt an mehreren Faktoren:
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Ungleichheit der Einkommens- und Vermögensverteilung: Wirtschaftswachstum kann ungleich verteilt sein, mit einem unverhältnismäßigen Anteil des Wachstums, der an die reichsten Individuen und Unternehmen geht. In diesem Fall kann das Wachstum tatsächlich dazu führen, dass die Kluft zwischen den Armen und den Reichen größer wird.
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Strukturelle Probleme und Arbeitsmarktbedingungen: Wirtschaftswachstum kann Arbeitsplätze schaffen, aber diese Jobs sind nicht immer zugänglich für die am stärksten benachteiligten in der Gesellschaft. Arbeitsplätze, die durch das Wachstum geschaffen werden, können Qualifikationen erfordern, die arme Menschen nicht haben, oder sie können schlecht bezahlt sein und keine soziale Sicherheit bieten.
- Zugang zu Grunddienstleistungen: Wirtschaftswachstum verbessert nicht zwangsläufig den Zugang zu lebenswichtigen Dienstleistungen wie Bildung, Gesundheitsversorgung und sozialer Sicherheit. Ohne solche Dienstleistungen kann es für arme Menschen schwierig sein, aus der Armut herauszukommen, unabhängig vom allgemeinen Wirtschaftswachstum.
Nun zum zweiten Teil Ihrer Frage: Die antizyklische Fiskalpolitik und die Haushaltsdisziplin gemäß den Konvergenzkriterien der europäischen Wirtschafts- und Währungsunion (EWWU) können in Konflikt geraten.
Antizyklische Fiskalpolitik ist eine Wirtschaftspolitik, die darauf abzielt, wirtschaftliche Fluktuationen auszugleichen. In Zeiten der Rezession bedeutet dies in der Regel eine Erhöhung der Staatsausgaben und/oder eine Senkung der Steuern, um die Nachfrage zu stimulieren und die Wirtschaft anzukurbeln. In Zeiten des Wirtschaftsbooms hingegen könnte es bedeuten, die Staatsausgaben zu senken und/oder die Steuern zu erhöhen, um Überhitzung zu vermeiden.
Die Konvergenzkriterien der EWWU (oft als Maastricht-Kriterien bezeichnet) legen bestimmte Bedingungen für die Haushaltsdisziplin fest, die die Mitgliedstaaten erfüllen müssen. Insbesondere darf das jährliche Haushaltsdefizit eines Mitgliedstaates 3% des BIP nicht überschreiten, und die Gesamtverschuldung darf 60% des BIP nicht überschreiten.
Der Konflikt entsteht, wenn ein Land in einer Rezession eine expansive antizyklische Fiskalpolitik betreiben möchte (also seine Ausgaben erhöhen oder seine Steuern senken möchte), aber bereits ein hohes Haushaltsdefizit oder eine hohe Verschuldung hat, das bzw. die die Konvergenzkriterien überschreitet. In so...
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