Ceterum censeo schrieb am 11.09.2023:
Das Thema lässt mir zugegebenermaßen keine Ruhe. Ich habe jetzt tatsächlich noch einmal etwas tiefgehender recherchiert: Die empfohlene "Google-Suche" spuckt tatsächlich einen bunten Strauß an Ergebnissen aus - die leider sämtlich den Quell ihrer Weisheit vor dem gemeinen Leser verbergen. Ich habe dennoch einige (dürftige) Erklärungsansätze finden können:
In einem BMF-Schreiben (2022/0200755) zu diesem Thema wird ein geldwerter Vorteil verneint, wenn das Kfz nur "gelegentlich" überlassen wird. Als "gelegentlich" ist hier ein Wert von "nicht mehr als 5 Tagen pro Monat" (= max. 60 Tage im Jahr) genannt. Haben hier manche Leser ggf. hieraus "nicht mehr als 5" = 4 x 12 Monate = 48 Tage gemacht? Möglich, aber ein unbefriedigender Ansatz.
Wahrscheinlicher ist folgende Erklärung: Im grundlegenden BMF-Schreiben zur ersten Tätigkeitsstätte (2020/1229128) werden die Kriterien für die Festlegung der ersten Tätigkeitstätte konkretisiert. Fehlt (!) es an einer arbeitsvertraglichen Zuordnung, kommen quantitative Kriterien zum Ansatz. Da das Homeoffice per se keine erste Tätigkeitsstätte sein kann, kommen diese quantitative Kriterien ebenfalls zur Anwendung im Falle des (im WiWi-Treff gerne proklamierten) "Homeoffice-Vertrags". Lasse ich Nebensächliches jetzt einmal außen vor, liegt keine erste Tätigkeitsstätte (und damit kein geldwerter Vorteil für Fahrten hierhin) vor, wenn eine betriebliche Einrichtung (hier: das Büro) an weniger bzw. maximal einem Tag die Woche (basierend auf einer regulären 5-Tage-Woche) aufgesucht wird. Zieht man jetzt noch den regulären Urlaub ab, kommt man auf einen Wert von rund 47 Tagen.
Dieser Ansatz erscheint mir am Wahrscheinlichsten an dieser Stelle. Leider wäre hier der gezogene Schluss der schlauen Kollegen aus dem Internet schlicht falsch; liegt eine arbeitsvertraglichen Zuordnung vor (Regelfall), ist die ganze 47-Tage-Argumentation hinfällig.
Ich muss jedoch weiterhin feststellen, dass sich diese Aussage zu den 47 Tagen überwiegend in Artikeln zur Besteuerung des geldwerten Vorteils von Elektro-/Hybrid-Kfz findet. Dies kann schlicht daran liegen, dass diese Artikel ob ihrer Relevanz zuvorderst in der Online-Suche erscheinen. Es ist jedoch möglich, dass es an dieser Stelle für diese Fahrzeuge tatsächlich eine besondere Ausnahmeregelung auf irgendeiner Grundlage gibt. Falls mich hier jemand erleuchten kann: Ich bitte darum.
Eine solche Regelung ist jedoch leider weder mir bekannt, noch konnte ich sie finden. Befragte Kollegen waren ebenso ratlos. Den mir bekannten Kfz-Experten beim Finanzamt habe ich ebenfalls einmal angerufen, auch er war blank. Ich habe direkt noch einige Anfragen an die Autoren (sofern genannt) der genannten Online-Artikel gestellt, hier warte ich noch auf Rückmeldung bzw. Quellenangabe. Falls ich hier etwas höre, reiche ich die Info gerne nach.
Liebe Grüße
Meiner Auffassung nach kann die 47 Tage nur im Kontext der Verneinung der 1. Tätigkeitsstätte Sinn ergeben. Einen Zusammenhang zur E-Mobilität gibt es nicht und eine solche Grenze wird in der Kommentierung und in den Verwaltungsanweisungen nicht erwähnt.
Der BFH hat in seinem Urteil vom 30.09.2020 auch auf folgendes hingewiesen:
"Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass der Arbeitnehmer am Ort der ersten Tätigkeitsstätte zumindest in geringem Umfang Tätigkeiten zu erbringen hat, die er arbeitsvertraglich oder dienstrechtlich schuldet und die zu dem von ihm ausgeübten Berufsbild gehören"
Dabei verweist der BFH auch auf die geänderte Rechtslage ab 2014:
In § 9 EStG a. F. wird noch von der "regelmäßigen Arbeitsstätte" gesprochen. Hier waren die Anforderungen strenger, wobei ich auch hier keine 47 Tage Grenze finden konnte im Schmidt a. F.
Die Auffassung erscheint mir daher irrig und nicht vertretbar. Sie widerspricht auch direkt dem Gesetzeswortlaut und in meinen Augen auch der Rechtsprechung des BFH.
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