Hallo zusammen!
Ich hoffe, ich kann euch mal ein paar Ansichten bereitstellen, die bisher noch sehr kurz geraten sind. Zunächst einmal möchte ich vorausschicken, dass ich selbst Doktorand im Bereich BWL an einer Universität bin und selbst seit einiger Zeit eigene Lehrveranstaltungen betreue, Klausuren korrigiere und Bachelorarbeiten begutachte. Da ich selbst in Köln an der Uni studiert habe, sind mir natürlich auch in meinem Freundeskreis vereinzelte Leute bekannt, die an der RFH ihr Glück versuchen, wobei ich meine Erfahrungen anhand einiger Erfahrungen mit einer Freundin von mir beschreiben möchte. Zu Schulzeiten gehörte sie zu den leicht überdurchschnittlichen Schülerinnen, schrieb später ein entsprechendes Abitur (glaube es war so um 1,8) in NRW und entschied sich dann für ein Studium als Wing, da sie aufgrund der massiven Werbung des VDI und diverser Panikmache in Zeitungen und Politik ("Deutschland geht zugrunde, da wir keine Ingenieure mehr haben", bzw. die weit verbreitete Meinung, dass Ingenieure die einzige Berufsgruppe in D. seien, die wirtschaftlich relevant seien) der Meinung war, dass dies der ultimative Weg für sie sei.
Ich berichte im übrigen aus dem Jahr 2008, nur fyi. Nach kurzer Überlegung immatrikulierte sie sich schließlich an der RWTH in Aachen, da diese ja das Kronjuwel des Ingenieurstudiums darstellte. Von ihren Eltern mit ausreichend Finanziellen Mitteln ausgestattet (sie hatte ein neues, relativ großes Auto, die Kosten für Lebensführung (Miete, Telefon, Internet, Versicherung, Taschengeld, Lebensmittel und Urlaub) wurden von den Eltern in voller Höhe übernommen, so dass es wirklich keinen Grund gab, sich zu beschweren. Nach anfänglicher Euphorie kamen schließlich die Klausuren und diese waren wohl ein Desaster, da 6 Wochen lernen für HöMa I nur für eine 3,7 im zweiten Versuch gereicht hatte. Im Verlauf der nächsten 18 Monate verloren wir uns aus den Augen, jedoch traf man sich an und wann und sie erklärte mir, dass sie sich eingestehe, dass sie das Studium nicht packen würde aber nicht wisse, wie sie es den Eltern erklären sollte. Ich riet ihr im Anschluss die Bildungsform zu wechseln, da sie offensichtlich Probleme mit der hinreichenden Genauigkeit und dem langwierigen Erreichen von Leistungen hatte (die Frustrationsschwelle ist sehr niedrig, so dass sie bei Problemen einfach hinwirft und die Schuld gerne bei den Dozenten sucht).
Jedenfalls entschied sie sich, meinem Rat zu Folgen und wollte an eine Kölner FH gehen, aber weiterhin Wing machen. Zunächst war die FH Köln im Gespräch, da diese eine hervorragende Reputation bei den Unternehmen besitzt und faule Studenten bestraft, so dass es keine Chance für Free-Rider gibt. Eine andere Freundin von mir, welche um es mal vorsichtig zu sagen, Hardcore-PC-Zockerin ist (WoW an Wochentagen regelmäßig bis 3-4 Uhr morgens), war an der FH Köln eingeschrieben (selber Studiengang) und stand bereits kurz vor der Exmatrikulation, wegen mangelhafter Leistungen.
Ein Semester bevor die erste Freundin an die RFH bwz. FH Köln gehen wollte, hatte die zweite Freundin an die RFH gewechselt und ein wahres Notenwunder erlebt. Mit gleichem (bzw. wie sie zuerst sogar selbst prahlte - weniger) Arbeitseinsatz wie an der FH Köln, stieg ihr Notenschnitt binnen eines Semesters um satte 1,5 Noten nach oben. Studienprobleme gehörten von nun an offensichtlich der Vergangenheit an. Motiviert von dieser "Erfolgsstory" (Falls man Erfolg als niedrigen Aufwand, mit hohem aber qualitativ minderwertigem Output definieren will) wechselte die erste Freundin an die RFH. Sie erfuhr ähnliches: Der Notenschnitt besserte sich von 3,6 (RWTH) mit mehreren 2. und 3. Versuchen (in den ersten 4 Semestern), die noch offen waren, zu 1,3 (RFH).
Da ich zumindest was die BWL Seite angeht ja selber vom Fach bin, wurde ich natürlich neugierig, da ich mir dachte, dass die ja irgendwas deutlich besser machen müssen, als vorher, denn schließlich war ich es von der Uni Köln gradezu gewohnt, in jeder Klausur einen Einlauf zu bekommen. Als ich mir bei einem Besuch der Freundin einmal die Unterlagen anschauen konnte, kam mir jedoch der Verdacht, woran diese "Wandlung" liegen könnte, denn zumindest der BWL-Teil, war schon fast peinlich vereinfachend, wobei mir besonders bei den VWL Grundlagenfächern (Mikro) ein deutlicher Unterschied auffiel: Es gab keine Formeln. Keine Rechnungen. Das Vorlesungsskript des Dozenten, betrug für die gesamte Mikroveranstaltung 17 (!) Seiten. Zugegeben: darin waren keine Bilder enthalten, aber dennoch... da die Veranstaltung in Universitäten zu den BWL Erstsemesterscheinen (ohne Vorkenntnisse) gehört, glaube ich, dass man hier durchaus vergleichen kann, da man im ersten Semester noch weit von Forschungsgrundlagen etc. entfernt ist. Bei genauerer Begutachtung der anderen Unterlagen fiel mir auf, dass die Aussagen natürlich richtig waren, jedoch der Weg zum Ziel keine Rolle zu spielen schien. Verständnis für die angewendeten Verfahren war auch nicht Ansatzweise vorhanden, so dass ich zu dem Schluss komme, dass es sich bei der RFH um eine reine Notenfabrik handelt, bei der es nicht darum geht die Studenten auf Probleme vorzubereiten (wofür sie ja später auch ihr Gehalt erhalten), sondern mit möglichst geringem Widerstand die Mindestanforderungen an ein Studium zu erfüllen, mehr nicht.
Ich habe zudem tiefste Zweifel, dass mit dieser Lehrmethode Ingenieure erzeugt werden, die in der Lage sind neue Probleme sachgerecht und effizient zu lösen - mein Eindruck ist eher, dass diese Lehre dazu taugt, bekanntes unreflektiert (und unverstanden) zu reproduzieren. Dies wird auch gerne unter dem Deckmantel "Praxisrelevanz" versteckt. Nur frage ich mich: Wenn ich in ein Krankenhaus gehe und mich operieren lassen muss, gehe ich dann lieber zu dem Arzt, der gerade so die Mindestanforderungen erfüllt? Nein. Eben.
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