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Arbeitswelt 4.0: Digitalisierung macht Unternehmen familienfreundlicher

Die Digitalisierung der Arbeitswelt wirkt sich positiv auf Familien aus, denn mobiles Arbeiten ermöglicht Familie und Beruf besser zu vereinbaren. Wird die Arbeitszeit individuell zugeschnitten, nehmen Beschäftigte ihr Unternehmen familienfreundlicher wahr. Das zeigen die aktuellen Ergebnisse einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) zur digitalen Arbeitswelt.

Arbeitswelt 4.0: Unternehmen werden durch Digitalisierung familienfreundlicher
Köln, 15.12.2016 (iw) - Inzwischen arbeiten rund 57 Prozent der Deutschen digital und mobil, jeder Fünfte nutzt mobile Endgeräte wie Smartphone oder Tablet beruflich sogar häufig. Doch wie die IW-Studie "Familienfreundliche Arbeitswelt im Zeichen der Digitalisierung" zeigt, müssen Familie und Freizeit unter der Arbeitswelt 4.0 nicht leiden. Im Gegenteil: Die Digitalisierung – richtig eingesetzt – macht Unternehmen familienfreundlicher.

Ausschlaggebend dafür sind Arbeitszeiten, die auf die individuellen Bedürfnisse der Arbeitnehmer abgestimmt sind. Inzwischen bieten 75 Prozent aller stark digitalisierten Betriebe – sogenannte Unternehmen 4.0 – flexible Tages- und Wochenarbeitszeiten an, zeigt die IW-Studie. Bei weniger digital aufgestellten Firmen sind es rund 60 Prozent. In etwa 85 Prozent der Unternehmen 4.0 können Arbeitnehmer ihre Arbeitszeiten zudem individuell vereinbaren. Und rund 60 Prozent der Mitarbeiter in diesen Unternehmen fühlen sich von ihren Vorgesetzten darin unterstützt, Familie und Beruf besser zu vereinbaren.

Flexibilisierung von Arbeitszeit und Arbeitsort  nach Digitalisierungsgrad und Unternehmenskultur in Prozent - 2015

Personalpolitische Maßnahmen zur Flexibilisierung von Arbeitszeit und Arbeitsort

Mobil arbeitende Menschen sind eher in der Lage, Beruf und Familie miteinander zu verbinden“, sagt IW-Wissenschaftler Oliver Stettes. Dies führt zu einer größeren Zufriedenheit der Mitarbeiter. Mehr als vier von zehn der häufig mobil arbeitenden Angestellten stufen ihren Arbeitgeber als ausgeprägt familienfreundlich ein. Von den nie mobil arbeiten Arbeitnehmern ist es nur jeder Vierte. „Digitale Technologien bieten Unternehmen neue Möglichkeiten, Arbeit zeitlich und räumlich flexibler zu organisieren, um attraktiver für Fachkräfte zu werden“, sagt Stettes.

Download IW-Studie [PDF, Seiten – 1,0 MB]
Familienfreundliche Arbeitswelt der Digitalisierung

Die Arbeit 4.0 ist selbstbestimmt, flexibel und effizient
Homeoffice, flexible Arbeitszeiten und mehr Raum für Familie und Freizeit: Mit der Digitalisierung verändern sich nicht nur Berufsbilder und Arbeitsinhalte, sondern auch die Ansprüche an den Arbeitsplatz. Vier von fünf Unternehmen (79 Prozent) berichten, dass sich ihre Mitarbeiter eine flexible Arbeitsgestaltung wünschen, wie Homeoffice, Familienzeit und Sabbaticals. Fast jeder zweite Chef (48 Prozent) sagt aber auch, dass die Gesetze dafür noch gar nicht reif sind: Demnach sehen sich die Unternehmen gezwungen, an klassischen Arbeitsverhältnissen festzuhalten, anstatt flexiblere Formen anzubieten. Die Wirtschaft erwartet, dass sich das auf absehbare Zeit kaum ändern wird. Auch in zehn Jahren würden normale Arbeitsverhältnisse überwiegen, erklären 69 Prozent der Unternehmen. Das geht aus einer aktuellen repräsentativen Umfrage des Digitalverbands Bitkom zur Zukunft der Arbeit hervor.

„Stechuhr und Kernarbeitszeit haben in vielen Jobs längst ausgedient, die Erwerbstätigen möchten zunehmend flexibel und selbstbestimmt arbeiten“, sagt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder. „Eigenverantwortliches und projektorientiertes Arbeiten wird künftig immer wichtiger. Neue Technologien machen das heute schon möglich.“ Das sei allerdings keine Einbahnstraße, mahnt Rohleder an. „Flexibilität muss für beide Seiten möglich sein – für Mitarbeiter und Unternehmen. Hier ist der Gesetzgeber gefordert.“ Konkrete Vorschläge finden sich im Weißbuch „Arbeiten 4.0“, das Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles heute vorgelegt hat.

Darin wird unter anderem empfohlen, für Beschäftigte ein persönliches Erwerbstätigenkonto mit einem steuerfinanzierten „Startkapital“ anzulegen, das sie für Qualifizierung und Auszeiten nutzen können. Zudem sollen bestehende Möglichkeiten der Weiterbildungsförderung auch im Hinblick auf digitale Kompetenzen geprüft werden. Darüber hinaus wird ein Wahlarbeitszeitgesetz diskutiert, das Beschäftigten mehr Wahlmöglichkeiten in Bezug auf Arbeitszeit und -ort einräumt und zunächst zeitlich befristet in einzelnen Unternehmen erprobt werden soll.

Bitkom begrüßt es, dass das Bundesarbeitsministerium die Bedeutung der Weiterbildung erkannt hat und eine gewisse Flexibilisierung des Arbeitszeitgesetzes in Aussicht stellt. Die Vorschläge greifen jedoch zu kurz. Denn die Möglichkeit der Abweichung von den geltenden Regelungen des Arbeitszeitgesetzes wird an sehr enge Voraussetzungen gebunden. Bitkom fordert dagegen, das Arbeitsrecht konsequent an die Bedingungen der Digitalisierung anzupassen. So sollte die Digitalwirtschaft, in der gute Löhne gezahlt werden und sich der Fachkräftemangel weiter zuspitzt, grundsätzlich von den Einschränkungen bei Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträgen ausgenommen werden. Zudem sollten für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf neue Formen der Arbeits- und Arbeitszeitgestaltung rechtlich ermöglicht werden. Insbesondere das Arbeitszeitgesetz muss flexibler ausgestaltet werden. Die gesetzlich vorgeschriebene elfstündige Ruhepause ist beispielsweise nicht mehr zeitgemäß und steht dem Wunsch nach flexiblen Arbeitszeiten entgegen. Auch die betriebliche Mitbestimmung muss dem digitalen Wandel der Arbeit Rechnung tragen.

„Lebenslanges Lernen und speziell der Erwerb von Digitalkompetenzen seien die zentrale Voraussetzung für eine dauerhafte Beschäftigung, erklärt Rohleder. Voraussetzung sei ein zeitgemäßer gesetzlicher Ordnungsrahmen, der stetig weiterentwickelt werden müsse. „Die Zukunft der Arbeit müssen Wirtschaft, Politik und Gesellschaft gemeinsam gestalten. Der politische Dialog über Arbeit 4.0 muss als fortdauernder Prozess weitergeführt werden.“