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AuslandsstudiumFrankreich

Erfahrungsbericht Auslandsstudium in Frankreich: Lyon

Anke Eßrich, Wirtschaftsstudentin aus Frankfurt am Main, verbrachte ein Jahr an der Université Lumière Lyon II.

Vier Füße auf einer französischen Landkarte.

Studium
»Lyon, une ville qui bouge ...« Diesen Satz habe ich am Ende meines Aufenthaltes in einer Zeitschrift über Lyon gelesen, und ich glaube, mit diesen vier Worten kann man die Stadt wirklich treffend beschreiben. Aber zunächst der Reihe nach ... Ich bin also am 18. September 1998 nach Lyon gefahren, da am 21. die Einführungsveranstaltung anfangen sollte und man im Studentenwohnheim nur unter der Woche anreisen kann. Da diese Einführungsveranstaltung genau eine Woche vor Vorlesungsbeginn war, hatte ich eigentlich eine Einführungswoche oder zumindest eine längere, informative Veranstaltung erwartet. Die ganze Einführung dauerte dann allerdings gerade mal eine Stunde.

Uns wurden Hinweise zur Einschreibung, zum Antrag der carte de séjour und einige praktische Tipps gegeben. Ansonsten wurde auf das Gespräch mit dem responsable pédagogique verwiesen, was allerdings auch nicht besonders aufschlussreich war, da wir uns ja schon in Frankfurt überlegt hatten, welche Fächer wir belegen wollten. In der Woche nach der »Einführungsveranstaltung« fing dann die Uni an. Ich besuchte in jedem Semester die beiden Fächer des Moduls 1: Im ersten Semester Fluctuations et conjuncture économiques und Économie internationale und im zweiten Semester Croissance économique und Relations monétaires et financières internationales. Die Vorlesungen unterscheiden sich stark von deutschen Vorlesungen. Zum einen dauern sie oft drei bis vier Stunden, zum anderen schreiben die Studenten wortwörtlich mit, was der Professor sagt. Am Anfang war es natürlich ziemlich schwierig, alles mitzuschreiben, aber da die Franzosen meistens sehr hilfsbereit sind, war es kein Problem, an Vorlesungsmitschriften zu kommen.
 

Wohnen
Die Université Lumière Lyon II ist eine von drei Universitäten in der Stadt. Es gibt einen Campus direkt am Rhône-Ufer und einen ausgelagerten Campus in Bron, einem Vorort. Da man nach dem Vordiplom automatisch im 3. Jahr studiert, hat man das Glück, in den alten Gebäuden direkt in der Stadt studieren zu können. Etwas verwunderlich ist es allerdings, dass es auf dem Campus keine Mensa, sondern nur eine kleine Cafeteria gibt. Die Mensen sind in der Stadt verteilt und befinden sich meistens auf dem Gelände einer résidence universitaire. Ich habe übrigens in so einer résidence (André Allix) gewohnt. Sie liegt im 5. Arrondissement am Berg, und es ist nicht unbedingt empfehlenswert, mit dem Fahrrad in die Stadt zu fahren.

Es gibt jedoch einen funiculaire (Standseilbahn) und Busse, mit denen man in zehn Minuten am Bahnhof Perrache oder an der Place Bellecour ist. Abends wird es dann aber eher etwas unpraktisch, da der letzte Bus um 24 Uhr fährt und man danach nur noch die Wahl zwischen einem Taxi oder einem ausgiebigen Nachtspaziergang hat. Die Lage der résidence hat aber auch Vorteile, da man dort im Grünen wohnt, was in einer Großstadt wirklich angenehm ist. Für Bus und Metro kauft man sich am besten eine carte campus, mit der man dann bequem durch die ganze Stadt fahren kann. Wer weniger auf Bus und Metro angewiesen ist, für den ist wohl ein carnet mit 10 Tickets günstiger.

In der résidence hat man die Wahl zwischen einem studio und einem chambre, wofür man sich aber schon in Deutschland bei der Anmeldung entscheidet. Das Studio hat ein eigenes Bad, einen Kühlschrank und zwei Herdplatten, und ich war wirklich froh, dass ich mich für das Studio entschieden hatte. Es ist zwar relativ teuer, aber da man vom Staat einen Zuschuss in Form der allocation familial erhält, wird der Preis schon erträglicher. Ich war mit dem Studio wirklich zufrieden, wenn ich jedoch noch mal nach Lyon käme, würde ich versuchen, eine WG mit Franzosen zu finden, da es wohl keine bessere Möglichkeit gibt, die Sprache und die Lebensgewohnheiten der Franzosen kennen zu lernen. WGs sind in Frankreich nicht unbedingt üblich, was aber nicht heißt, dass es unmöglich ist. Private Wohnungen und Zimmer findet man in Top Affaires, einer Zeitung, die kostenlos verteilt wird, im 69, in den verschiedenen Maklerbüros in der Stadt und durch Aushänge am Schwarzen Brett in der Uni.

Die Stadt
Lyon liegt ca. 700 km von Frankfurt entfernt, und je nachdem, welchen Weg man wählt (Autobahn oder die kostengünstigere route nationale ), ist man mehr oder weniger schnell dort. Man kann natürlich genauso gut mit Bus und Bahn anreisen, was allerdings den Nachteil hat, dass man vor Ort relativ unflexibel ist, wenn man die nähere Umgebung erkunden will. Lyon liegt zu jeder Jahreszeit sehr zentral, d.h. im Winter ist man in zwei Stunden in den besten Skigebieten Frankreichs und im Sommer in drei Stunden am Mittelmeer.

Von verschiedenen Organisationen werden in der Ski-Saison jedes Wochenende Tagesfahrten in verschiedene Skistationen angeboten. Sehenswert sind auch die mittelalterlichen Orte, wie Péruges oder Crèmieu, in der Umgebung von Lyon. Nach dem ersten Spaziergang durch Vieux Lyon merkt man schnell, warum Lyon auch „die Stadt des Essens“ genannt wird. Hier ist wirklich ein bouchon lyonnais neben dem anderen, in denen man dann die Lyonaiser Küche genießen kann. Essen kann man natürlich nicht nur in Vieux Lyon, sondern eigentlich in der ganzen Stadt. Am besten, man besorgt sich Ende Oktober den Petit Paumé , der jedes Jahr an der Oper verteilt wird. Im Petit Paumé, »un guide de la vie lyonnaise«, stehen alle wichtigen Adressen in Lyon: nicht nur Restaurants und Pubs, sondern auch wichtige Adressen des täglichen Lebens.
 


Freizeit
Die »Nachtmeilen« in Lyon sind die Rue Ste. Cathérine, an der Place des Terreaux und in Vieux Lyon, wo es zahlreiche Pubs und Bars gibt. Dort ist es zwar manchmal etwas touristisch, aber wenn an den Wochenenden Livebands spielen, lohnt es sich doch hinzugehen. Ansonsten gibt es noch viele Theater, für die der passe culture lohnenswert ist. Er enthält sechs Gutscheine für bestimmte spectacles.

Auch Museenliebhaber kommen in Lyon voll auf ihre Kosten, denn es gibt wirklich zahlreiche Museen, wie z.B. das Musée des Beaux Arts oder das Musée d’Art Contemporain. An den Wochenenden befindet sich halb Lyon im Parc de la tête d’or oder im Parc Miribel, wo man dann schon fast um einen freien Platz in der Sonne kämpfen muss.

Mein Fazit über die Zeit in Lyon fällt insgesamt positiv aus, auch wenn ich mir von den Studienmöglichkeiten an der Université Lyon II etwas mehr versprochen hätte. In meinem Jahr in Frankreich habe ich festgestellt, dass die Uni Frankfurt gar nicht so schlecht ist, was sich auf meine Motivation sehr positiv ausgewirkt hat. Trotzdem würde ich jedem empfehlen, ein Jahr im Ausland zu studieren, vor allem an den Écoles in Lyon, die ihren Studenten ein ziemlich geniales und großes Programm bieten.