Fenster schließen

Druckansicht http://www.wiwi-treff.de/Berufs-and-Studienwahl/Studienwahl/Der-Schluessel-zum-Hoersaal-ein-Erbstueck/Artikel-3952/drucken

Berufs- & Studienwahl Studienwahl

Der Schlüssel zum Hörsaal - ein Erbstück

Das Elternhaus spielt nach wie vor die zentrale Rolle für die Bildungschancen junger Erwachsener. Akademikerkinder schaffen es deutlich häufiger an die Hochschulen - und der Beitrag der Eltern zur Finanzierung des Studiums steigt.

Eine grüne Holzwand mit einem Board an dem mehrere alte Schlüssel hängen.

Der Schlüssel zum Hörsaal - ein Erbstück
Düsseldorf, 06.02.2008 (hbs) - Das Elternhaus spielt nach wie vor die zentrale Rolle für die Bildungschancen junger Erwachsener. Akademikerkinder schaffen es deutlich häufiger an die Hochschulen - und der Beitrag der Eltern zur Finanzierung des Studiums steigt. Die deutschen Schulen fördern Kinder aus den unterschiedlichen Schichten nicht im gleichen Maße. Eine Spätfolge davon zeigt sich an den Hochschulen: Kinder von Beamten und Selbstständigen haben deutlich bessere Chancen auf ein Studium als Arbeiterkinder. Es gibt »enorme soziale Disparitäten« beim Studienzugang, stellt Professor Andrä Wolter von der Technischen Universität Dresden fest. Wolter und ein Forscherteam des Hochschul-Informations-Systems (HIS) haben die 18. Sozialerhebung für das Deutsche Studentenwerk und das Bundesbildungsministerium erstellt. Da die Daten im Sommer 2006 erhoben wurden, erlauben sie noch keine Aussage über die Effekte von Studiengebühren. Doch Wolter erwartet: »Die Studiengebühren treffen gerade diejenigen Bevölkerungsgruppen besonders, die es zukünftig für die Hochschulen zu gewinnen gilt, wenn das politisch angestrebte Ziel realisiert werden soll, die Zahl der Studienanfänger und Absolventen zu vergrößern.«



Die Hochschulen ermöglichen immer seltener jungen Menschen einen Bildungsaufstieg, beobachtet der Bildungsforscher. Stattdessen sind die Hörsäle zu Orten geworden, an denen immer häufiger akademische Grade vererbt werden. Bei gut der Hälfte der Studierenden verfügt mindestens ein Elternteil über einen Hochschulabschluss. An den Universitäten fällt das mit 56 Prozent des akademischen Nachwuchses noch stärker aus als an Fachhochschulen mit 40 Prozent. Das Bildungsniveau der Eltern hat den größten Einfluss darauf, ob junge Erwachsene eine Hochschule besuchen, so Wolter. Der Unterschied in der Studierquote zwischen den Kindern von Akademikern und Nicht-Studierten fällt in der Statistik stärker aus als zwischen Ober- oder Unterschicht. Bei den Kindern von Beamten, Angestellten und Selbstständigen ist der Anteil der Studierenden weit mehr als doppelt so hoch, wenn der Vater ebenfalls eine Hochschule besucht hat. Nur 18 Prozent der 19- bis 24-Jährigen haben einen Vater, der selbst studiert hat - an den Hochschulen macht diese Gruppe aber 43 Prozent aus. Dagegen stammen zwei von fünf 19- bis 24-Jährigen aus einem Arbeiterhaushalt - aber nur einer von fünf Studienanfängern 2005.

Der finanzielle Beitrag der Eltern für ihre studierenden Kinder wird wichtiger. Eltern helfen ihrem erwachsenen Nachwuchs nicht allein ideell - 1991 steuerten sie durchschnittlich 45 Prozent der Studentenbudgets bei; dieser Anteil wuchs bis 2006 auf 52 Prozent. Der Elternzuschuss schwankt nach sozialer Herkunft: Weniger wohlhabende Eltern können nicht mal ein Drittel der Lebenshaltungskosten ihrer Kinder aufbringen, besser Gestellte hingegen gut zwei Drittel. Entsprechend fächert sich auch das verfügbare Einkommen der Studierenden auf. Jeder Siebte kann monatlich über 1.000 Euro ausgeben, jeder Vierte muss dagegen mit weniger als 600 Euro zurechtkommen. Die finanzielle Situation von mindestens einem Viertel der Studierenden ist alles andere als rosig, resümiert Wolter. »Es handelt sich primär um solche Studierenden, die aus der unteren Herkunftsgruppe kommen, auf Förderung nach dem BAföG angewiesen sind, finanziell nicht von ihren Eltern unterstützt werden oder auf eine einzige Finanzierungsquelle angewiesen sind.«

Der akademische Nachwuchs kann sich jedoch immer weniger auf das BAföG verlassen: 1991 machte es noch 20 Prozent der Einnahmen aller Studenten aus, 2000 nur mehr 11 Prozent. Die BAföG-Reform 2001 hat bis 2006 wieder zu einem leichten Anstieg auf 14 Prozent geführt. Insgesamt haben fast 40 Prozent der Studierenden Zweifel, ob ihre Studienfinanzierung sicher ist, 18 Prozent schätzen ihre Finanzen sogar als prekär ein. Wer aber zu den BAföG-Empfängern zählt, weiß es zu schätzen: Vier von fünf sagen, ohne diese Unterstützung hätten sie nicht studieren können. BAföG-Empfänger gibt es zwar in allen sozialen Herkunftsgruppen, bei niedrigem Elterneinkommen wird die Rolle der öffentlichen Unterstützung aber besonders deutlich und auch wertgeschätzt. Wolter hebt die Bedeutung dieser Unterstützung hervor, weil sie auch Kindern aus sozial schwachen Familien die Chance auf ein Studium verleiht.