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InsolvenzRestructuring

Restrukturierungsstudie 2015: Trügerische Ruhe? - Verschiedene Faktoren bieten Anlass zur Sorge

Obwohl sich die deutsche Wirtschaft aktuell stabil zeigt, geben verschiedene Faktoren Anlass zur Sorge. Die schwächere Konjunktur in Europa und China, niedrige Rohstoffpreise und das niedrige Zinsniveau bergen deutliche Risiken für deutsche Unternehmen. Zusätzlich setzt die Digitalisierung Unternehmen stark unter Druck. Darauf verweisen Experten von Roland Berger in ihrer »Restrukturierungsstudie 2015«.

Restrukturierungsstudie 2015

Restrukturierungsstudie 2015: Trügerische Ruhe? - Verschiedene Faktoren bieten Anlass zur Sorge
München, 22.10.2018 (rb) - Obwohl sich die deutsche Wirtschaft aktuell stabil zeigt, geben verschiedene Einflussfaktoren Anlass zur Sorge. Darauf verweisen Experten von Roland Berger in ihrer neuen "Restrukturierungsstudie 2015". Die Studie, die auf einer Umfrage von 1.100 Branchenexperten in Deutschland basiert, zeigt die wichtigsten Herausforderungen, mit denen deutsche Firmen derzeit konfrontiert sind. So sehen 40 Prozent der Studienteilnehmer in der anhaltenden europäischen Staatsschuldenkrise und dem Abflachen der chinesischen Konjunktur eine Gefahr für die weitere Konjunkturentwicklung in Deutschland. 14 Prozent sorgen sich eher um den Fachkräftemangel.

"Deutschland profitiert aktuell immer noch von seinem starken Exportgeschäft – doch der Schein trügt", warnt Sascha Haghani, stellvertretender Deutschlandchef von Roland Berger und Leiter des Competence Center Restructuring & Corporate Finance. "Verschiedene Faktoren können die positive Entwicklung schnell kippen lassen. Auch Digitalisierung und disruptive Innovationen sind eine Herausforderung für etablierte, erfolgreiche Geschäftsmodelle von Unternehmen. Dementsprechend gehen wir von einer steigenden Zahl der Restrukturierungsfälle in Deutschland aus."

Zentrale Thesen der Restrukturierungsstudie 2015

  1. Die wirtschaftlichen Aussichten für Deutschland und Europa sind trotz Sorgen um die Auswirkungen der Staatsschuldenkrise und einer abschwächenden chinesischen Konjunktur stabil.
  2. Niedrige Rohstoffpreise sowie Finanzierungskosten überdecken in vielen Fällen Schwächen der Unternehmen, was ein zusätzliches Risiko im Falle von steigenden Faktorkosten bei Euroaufwertung ist.
  3. Daneben führen nicht nur Konsolidierungsdruck und regulatorische Veränderungen sondern vor allem die zunehmende Digitalisierung zu Handlungserfordernissen. Die zunehmende Vernetzung im Rahmen von Industrie 4.0 ist der Game Changer für viele Wertschöpfungsmodelle.
  4. Anpassungsbedarf aufgrund von Digitalisierung, Konsolidierungsdruck und regulatorischen Änderungen wird insbesondere in der Automobil-, Finanzdienstleistungs- und Energie-/Versorgungsbranche gesehen.
  5. Somit sind ein tiefes Branchenverständnis und Weitblick für notwendige Änderungen von Geschäftsmodellen zwingend erforderlich für erfolgreiche und nachhaltige Sanierungen.
  6. Weiter ist die Komplexität von Sanierungen durch heterogenere Kapitalstrukturen und Änderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen (z.B. ESUG) gestiegen.
  7. Ansonsten gelten die alten Spielregeln weiter – Grundlage jeder Sanierung bleiben die kurzfristige operative Restrukturierung des Unternehmens sowie ein passgenaues, auf Stakeholder ausgerichtetes Finanzierungskonzept.
  8. Vor dem Hintergrund der genannten Einschätzungen und Gefahrenpotenziale erklärt sich damit final das Ergebnis, dass die Studienteilnehmer trotz aktuell vermeintlich stabiler Wirtschaftsentwicklung eine steigende Anzahl der Restrukturierungsfälle in den nächsten 12 Monaten erwarten.

Digitalisierung, Marktkonsolidierung, regulatorische Veränderungen: Firmen unter Druck
Deutsche Unternehmen stehen aktuell vor einem wichtigen Wandel, der je nach Industriebereichen von unterschiedlichen Treibern beeinflusst wird. So sehen 34 Prozent der Befragten die zunehmende Digitalisierung als wesentlichen Grund für den Industriewandel in Deutschland. "Unternehmen aus dem Produktionssektor, wie etwa dem Automotive-Bereich, aber auch aus der Medienbranche stehen vor der Herausforderung, ihr Geschäftsmodell schnell anpassen zu müssen. Denn nur so können sie ihren Marktanteil verteidigen bzw. verbessern", erläutert Gerd Sievers, Senior-Partner von Roland Berger und Autor der Studie.

Die schnelle Digitalisierung der Industrie verstärkt so auch den Wettbewerbsdruck: Etablierte Unternehmen sind mit neuen, branchenfremden Marktakteuren konfrontiert, die Lösungen aus einer Hand bieten. So empfindet rund ein Viertel der Studienteilnehmer den Konsolidierungsdruck als entscheidenden Treiber für den Wandel der deutschen Wirtschaft.

Doch auch regulatorische Veränderungen spielen in bestimmten Branchen eine wichtige Rolle (11%): "Sektoren wie die Finanz- und die Energieindustrie müssen auf neue regulatorische Maßnahmen wie Basel III oder auf politische Entscheidungen etwa zur Energiewende reagieren und sich strategisch und operativ entsprechend neu ausrichten", sagt Haghani. Damit erklärt sich auch, warum fast jeder zweite Befragte davon ausgeht, dass die Anzahl der Restrukturierungen in den kommenden zwölf Monaten zunehmen wird.

Sanierung erfordert tiefgreifendes Verständnis für Geschäftsmodelle
Der erwartete Anpassungsbedarf spiegelt sich auch im Restrukturierungsfokus wider. Unternehmen wollen vor allem flexibler und effizienter werden, um auf Kundenwünsche und neue Marktanforderungen schneller reagieren zu können. Um dies zu erreichen, passen sie in erster Linie ihre Geschäftsmodelle an (16%) daneben optimieren sie Organisations- und Ablaufprozesse (12%) und führen Kostensenkungs- und Effizienzsteigerungsprogramme (11%) durch. Somit wird für Sanierungen ein tiefgreifendes Verständnis von Geschäftsmodellen sowie deren Anpassung immer wichtiger.

Fast 60 Prozent der Studienteilnehmer gehen außerdem davon aus, dass Unternehmensrestrukturierungen immer umfangreicher und komplexer werden. Denn neue Gesetze und Regularien verschärfen die Anforderungen an Unternehmen. "Ein gutes Beispiel ist das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen ESUG", sagt Haghani. "Die neuen Regeln bieten zwar mehr Handlungsflexibilität bei Insolvenzen, erhöhen aber auch die rechtliche Komplexität, zum Beispiel wenn es zu gerichtlichen Sanierungen kommt."

Komplexitäts- und Stakeholder-Management wichtig für den Sanierungserfolg
Ein weiterer Komplexitätstreiber ist weiterhin die Finanzierungsseite bei der Restrukturierung. Die Zunahme von Finanzierungsinstrumenten und -parteien erfordert die Ausarbeitung eines gut durchdachten Konzeptes. "Besonders problematisch ist dabei das Stakeholder-Management", erklärt Sievers. "Denn in den meisten Fällen müssen die Interessen verschiedener Geldgeber unter einen Hut gebracht werden." Zudem haben Firmen umfangreichere Berichtspflichten gegenüber ihren Finanziers. Mehr Transparenz soll Unternehmen dabei helfen, potenzielle Risiken früh zu erkennen und Bedenken innerhalb der Firma gegenüber einer Restrukturierung einfacher aus dem Weg zu räumen.

"Um all diese Herausforderungen meistern zu können, brauchen Restrukturierungsverantwortliche ein tiefes Branchenverständnis und Weitblick für die notwendigen Anpassungen des Geschäftsmodells", fasst Haghani zusammen. "Nur so ist neben der operativen Restrukturierung mit einem individuellen Finanzierungskonzept auch eine nachhaltige strategische Neuausrichtung erfolgreich umsetzbar."

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Restrukturierungsstudie 2015 – Verschiedene Faktoren bieten Anlass zur Sorge


In 2015 hat Roland Berger zum elften Mal seit 2001 die Studie über Trends in der Restrukturierung durchgeführt. In Deutschland wurden etwa 1.100 Vorstände und Geschäftsführer aus verschiedenen Branchen befragt, die oftmals deutlich mehr als sechs Restrukturierungsfälle pro Jahr betreuen. Ziel der Studie war es zu erfahren, wie Führungskräfte die Entwicklung der Wettbewerbsfähigkeit vor dem Hintergrund globaler Risiken einschätzen und welche den Anpassungsbedarf für Strategie und Geschäftsmodell in wesentlichen Branchen zu untersuchen.