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Statistik: »Prüfungsnoten an Hochschulen 2010« - Zu viele gute Noten

Der Wissenschaftsrat, das wichtigste wissenschaftspolitische Beratungsgremium von Bund und Ländern, beklagt zu große Unterschiede bei der Zensurenvergabe und sieht zugleich eine Inflation von Bestnoten.

Cover WR Prüfungsnoten an Hochschulen 2010

Studie »Prüfungsnoten an Hochschulen 2010« - Zu viele gute Noten
Der Wissenschaftsrat, das wichtigste wissenschaftspolitische Beratungsgremium von Bund und Ländern, beklagt zu große Unterschiede bei der Zensurenvergabe und sieht zugleich eine Inflation von Bestnoten. Dies ergab der heute veröffentlichte Arbeitsbericht des Wissenschaftsrats zur Analyse der Noten für das Prüfungsjahr 2010.

„Mit welcher Note ein Studium abgeschlossen wird, hängt in Deutschland nicht nur von der Prüfungsleistung ab, sondern auch davon, was und wo man studiert“, erklärte der Vorsitzende des Wissenschaftsrats, Professor Wolfgang Marquardt zu dem Arbeitsbericht.

Im Diplomstudiengang Biologie schnitten 2010 beispielsweise 98 Prozent, im Diplomstudiengang Psychologie 97 Prozent, in der Ersten Juristischen Staatsprüfung dagegen nur 7 Prozent der Universitätsabsolventinnen und -absolventen mit „gut“ oder „sehr gut“ ab. In den entsprechenden Bachelorstudiengängen waren es 84 Prozent (Biologie), 95 Prozent (Psychologie) bzw. 37 Prozent (Jura).

Generell setzt sich die Tendenz zur Vergabe besserer Noten im Vergleich zu früheren Jahren weiterhin fort. In den Bachelorprüfungen, die 2010 ein knappes Drittel der bestandenen Prüfungen ausmachten, wurde in vier von fünf Fällen die Abschlussnote „sehr gut“ oder „gut“ vergeben. Zugleich sei, so die Süddeutsche Zeitung, das Risiko, die schlechteste Abschlussnote „ausreichend“ zu kassieren, stark gesunken: Vor elf Jahren mussten noch gut vier Prozent diese Zensur hinnehmen, nun sind es nur noch 1,1 Prozent.

Professor Marquardt zeigte sich alarmiert. Gegenüber der Süddeutschen Zeitung erklärte er: „Der Trend zu besseren Noten darf so nicht weitergehen.“ Der Bericht des Wissenschaftsrats stelle Anzeichen für eine „Aufweichung der Bewertungsstandards“ und eine „schleichende Noteninflation“ fest. In den meisten Fächern werde die Notenskala kaum noch ausgeschöpft. „Unterschiede werden häufig nur noch hinter dem Komma gemacht“, sagte Marquardt der Süddeutschen.

Innerhalb der einzelnen Fachbereiche allerdings zeigen sich von Hochschule zu Hochschule erhebliche Unterschiede. So können die durchschnittlich vergebenen Abschlussnoten je nach Standort um mehr als einen ganzen Notenschritt voneinander abweichen. Die großen Notenunterschiede zwischen den einzelnen Hochschulen sieht der Wissenschaftsrat sehr kritisch: Eine faire bundesweite Bewertung der Leistung sei damit nicht gewährleistet. Für Arbeitgeber, aber auch andere Hochschulen seien die Noten nicht vergleichbar. Der Wissenschaftsrat warnt davor, von den Notenunterschieden auf die Qualität einzelner Hochschulen oder die Anforderungen einzelner Fächer zu schließen.

Erstmals hat der Wissenschaftsrat dem Bericht einen wissenschaftspolitischen Kommentar hinzugefügt, in dem er Empfehlungen zur Verwendung der Berichtsinhalte – etwa an die Hochschulen, Studierenden und Arbeitgeber – ausspricht. Die Wissenschaftler fordern, wieder mehr unterschiedliche Zensuren zu vergeben und diese so aussagekräftiger zu machen. Zudem müssten die Bewertungsmaßstäbe vereinheitlicht werden. Durch die starken Unterschiede in der Notengebung zwischen einzelnen Fächern und zwischen einzelnen Hochschulstandorten werde die Aussagekraft der einzelnen Note erheblich geschwächt. Von diesem Problem seien mit der Stufung der Studiengänge und der Zulassungspraxis zum Master nicht mehr nur die Arbeitgeber, sondern auch die Hochschulen selbst betroffen.

Langfristig müsse, so Marquardt, auf Bewertungsmaßstäbe hingewirkt werden, die eine weitgehende Vergleichbarkeit der Bachelor-Prüfungsnoten zumindest im gleichen Fach bzw. in verwandten Fächern gewährleisten. Die hoch detaillierten, jeweils für einzelne Hochschulen und Fächer aufgeschlüsselten Daten des Berichts bieten nach Auffassung des Wissenschaftsrats eine gute Voraussetzung dafür, die Notenvergabepraxis nicht nur zu reflektieren, sondern auch erkennbar zu verbessern.

Download [PDF, 862 Seiten, 4.1 MB]
Arbeitsbericht 'Prüfungsnoten an Hochschulen im Prüfungsjahr 2010 mit einem Wissenschaftspolitischen Kommentar des Wissenschaftsrates'