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Selbst-MarketingSchlagfertigkeit

Interview mit »Schlagfertigkeits-Papst« Matthias Pöhm

Schlagfertigkeit kann man lernen. Wie das geht, erklärt der Rhetoriktrainer im Gespräch mit Marcus Ostermann.

WiWi-TReFF: Was ist das eigentlich genau: Schlagfertigkeit?

Matthias Pöhm: Schlagfertigkeit ist das spontane Reagieren auf unvorhergesehene sprachliche Situationen. Schlagfertig ist man, wenn man zu sich selbst sagen kann: Hey, das war gut reagiert!

In Ihren Büchern vertreten Sie die Auffassung, dass Schlagfertigkeit erlernbar ist. Dazu bedarf es gewisser Techniken, die man einüben kann. Nennen Sie uns doch bitte drei besonders erfolgversprechende Schlagfertigkeitstechniken.

Zu meinen Favoriten gehören die Rückfragetechnik, die übertriebene Zustimmung und die volle Zustimmung. Diese Techniken sind leicht zu erlernen, aber sehr wirksam. Ein Beispiel für die Rückfragetechnik: Ihr Chef sagt zu Ihnen: »Sie haben Geld aus der Kasse genommen!« Sie haben das Geld natürlich nicht genommen, verteidigen sich aber nicht, sondern sagen: »Wirklich? Wieviel Geld fehlt denn?« Damit haben Sie zunächst die Initiative übernommen und Zeit gewonnen.

Bei der übertriebenen Zustimmung überspannen Sie den Bogen derart, dass es lächerlich wird. Beispiel: »Bei Ihnen muss man immer so lange warten!« Sie antworten: »Ja, neulich haben sie hier ein Skelett rausräumen müssen.« Der Effekt: Kritik wird durch Humor abgeschwächt, auch wenn sie letztlich gerechtfertigt ist.
 

Und die volle Zustimmung?

Ist manchmal eine gute Methode, einen verbalen Angriff ins Leere laufen zu lassen. Geben Sie einfach zu, was man Ihnen vorwirft. Christoph Daum hat beispielsweise in der Pressekonferenz zu seinem soeben aufgedeckten Kokain-Konsum zu allem gesagt: »Ja, stimmt, genau das hab ich getan.« Für die Journalisten war das fast zum Verzweifeln. So etwas mögen sie nicht. Wo bleibt da der Skandal?

Viele Menschen geraten in Situationen, in denen man ihnen etwas vorwirft, in Panik. Sie versuchen zu erklären und sich zu rechtfertigen und machen dadurch alles noch viel schlimmer. Es gehört natürlich eine ordentliche Portion Selbstbewusstsein dazu, für seine Taten einzustehen. Das bedeutet eben auch, dass man es zuweilen ertragen muss, einmal nicht gemocht zu werden.

Für unsere Leser, die WiWis, ist wie für die meisten Studierenden und Absolventen das Thema Schlagfertigkeit wichtig. Sie kann helfen, in kritischen Situationen zu bestehen, sei es in Prüfungen oder, fast noch wichtiger, in Vorstellungsgesprächen. Zum zuletzt genannten Fall, Beispiel Gehalt. Sie nennen eine Summe, und Ihr Gegenüber zieht die Augenbrauen hoch und sagt: »Meinen Sie das wirklich ernst?« Wie reagieren Sie?

Sie bleiben ganz ruhig und sagen, ohne eine Miene zu verziehen: »Das ist mein voller Ernst.« Und das lassen Sie einfach so stehen, keine Erklärungen, nichts weiter. Wenn Ihre Bewerbung an dieser Stelle scheitert, wäre das eh nicht der richtige Job für Sie gewesen. Wenn sie nicht scheitert, haben Sie hier Selbstbewusstsein signalisiert, und Ihr Gesprächspartner weiß, dass es zu diesem Punkt nichts mehr zu diskutieren gibt.

 


Schlagfertigkeit ist auch das Thema Ihrer Seminare. Wie machen Sie die Teilnehmer fit für heikle Kommunikationssituationen im wirklichen Leben?

Sich Schlagfertigkeit anzueignen ist wie das Erlernen einer Fremdsprache. Hier wie dort gibt es eine Art von Grammatik, die zunächst gelernt werden muss. Beim Thema Schlagfertigkeit gibt es bestimmte Grundmuster, die man eintrainieren kann, etwa die Techniken, von denen wir vorhin gesprochen haben, aber auch noch andere.

Das üben wir. In Rollenspielen wird getestet, wie sehr man sich eine Technik zu eigen gemacht hat. Das Entscheidende ist, dass die Teilnehmer erkennen, was zu ihnen passt und was nicht. Sie sollen die ihnen gemäßen Formen der Schlagfertigkeit entdecken und mit dem Gefühl nach Hause gehen, besser auf unvorhergesehene Situationen vorbereitet zu sein.

Wer schlagfertig sein will, muss lernen, mit verbalen Aggressionen umzugehen. Kann das Eintrainieren von Schlagfertigkeitstechniken nicht auch dazu führen, dass man sich auf das Niveau seines »Gegners« begibt und dass dann die Aggressionen eskalieren, z.B. unter Berufskollegen?

Schlagfertigkeit ist ja nicht nur Aggression. In vielen Fällen ist sie sogar geeignet, eine Situation zu deeskalieren, weil man seinem Gegenüber den Wind aus den Segeln nimmt.

In anderen Fällen muss man durchaus das Wagnis eingehen, dass das Gegenüber einem die Antwort krumm nimmt. Aber wer wirklich schlagfertig sein will, muss dieses Risiko auf sich nehmen. Wie oft sagen wir nach einem unangenehmen Gespräch: »Wäre mir das doch eingefallen, dann ginge es mir jetzt nicht so schlecht.«

Im Zweifel würde ich immer raten, den sanften Weg zu wählen. Wer sich aber auf seine Schlagfertigkeit in Krisensituationen verlassen kann, dem fällt das umso leichter.


Kurzporträt
Matthias Pöhm, zunächst Softwareingenieur in Genf, machte sich 1995 als Moderator, Sprecher und Trainer selbstständig. Seit 1997 ist er ausschließlich Trainer für Schlagfertigkeit und Rhetorik. Bisherige Bücher: »Nicht auf den Mund gefallen! So werden Sie schlagfertig und erfolgreicher«, »Frauen kontern besser«, »Vergessen Sie alles über Rhetorik«.

Eine Rezension seines aktuellen Buches »Das NonPlusUltra der Schlagfertigkeit« findet ihr hier.

Weitere Informationen:
www.schlagfertigkeit.com