Fenster schließen

Druckansicht http://www.wiwi-treff.de/Studentenjob-and-Finanzen/Kellnern-statt-Kredit-Immer-weniger-Studienkredite-vergeben/Artikel-7869/drucken

Studentenjob & FinanzenStudienkredit

Kellnern statt Kredit: Immer weniger Studienkredite vergeben

Die Zahl der 2016 abgeschlossenen Studienkredite liegt mit 44.000 deutlich unter dem Wert der vergangenen Jahre. Trotz durchweg seriös bewerteter Angebote im CHE-Studienkredit-Test 2017 raten Experten zur Vorsicht. Dies gilt besonders für neue als „Studienkredit“ deklarierte Privatkredite zu deutlich schlechteren Konditionen.

Absolventenhut und fliegende Geldmünzen

Kellnern statt Kredit: Immer weniger Studienkredite vergeben
Wenn das Studium durch BAföG, Stipendien oder Nebenjob nicht ausreichend finanziert werden kann, helfen Studienkredite oder Bildungsfonds. Die Nachfrage nach solchen Angeboten ist stark zurückgegangen. Dies ergab eine Abfrage im Rahmen des jährlichen CHE-Studienkredit-Testes. Die Zahl der neu abgeschlossenen Studienkreditverträge ist von 2014 bis 2016 um ein Viertel gesunken, von 60.000 auf 44.000. Besonders betroffen sind die beiden Marktführer, der KfW-Studienkredit und der Bildungskredit des Bundesverwaltungsamtes.

„Größerer zeitlicher Spielraum, sich das Studium wieder per Nebenjob zu finanzieren, könnten Gründe für den Rückgang der Studienkredite sein – im Sinne von ‚Kellnern statt Kredit‘“, fasst der Leiter politische Analysen beim CHE Centrum für Hochschulentwicklung zusammen. „Die gute Nachricht dabei ist“, so Müller: „Studierende in Deutschland verschulden sich heute seltener und wenn, dann nicht Hals über Kopf, sondern umsichtig kalkuliert“.

Dafür spreche das durchschnittlich beanspruchte Kreditvolumen. Dieses wurde beim Marktführer, dem KfW-Studienkredit, bei 527 Euro von möglichen 650 Euro monatlich bei weitem nicht voll ausgeschöpft. Die Finanzierungsangebote in Deutschland stuft der CHE-Studienkredit-Test 2017 als durchweg seriös und gut gestaltet ein. Unter den 43 untersuchten Studienkrediten, Studiendarlehen und Bildungsfonds erreichten viele Spitzenergebnisse in mehreren der fünf Bewertungskategorien

Allerdings mahnt CHE Experte Müller, neue innovative Angebote zur Studienfinanzierung besonders genau zu prüfen. Hierzu gehören etwa Peer-to-peer- oder Crowdfunding-Kredite, die im CHE Studienkredit-Test nicht bewertet wurden. Hierbei werden die Kredite nicht von der Bank, sondern über ein Webportal von einzelnen oder mehreren Privatpersonen vermittelt.

„Unter dem Label ‚Studienkredit‘ wird hier zu teils horrenden Zinssätzen von über 10 Prozent ein Kredit gewährt, der mit den Bedürfnissen eines Studierenden nichts zu tun hat“, warnt Ulrich Müller.

So würden „echte“ Studienkredite etwa nicht auf einen Schlag ausgezahlt, sondern in monatlichen Raten. Ein gutes und seriöses Angebot erkenne man zudem daran, dass bereits bei der Kreditaufnahme Klarheit über die späteren Rückzahlungsmodalitäten herrscht. Dies ist jedoch nicht bei allen untersuchten Angeboten im Test der Fall.

„Der Zinssatz für die Rückzahlung ist eine ganz entscheidende Stellschraube des Kreditvertrages“, so Ulrich Müller. „Hier sollten Studierende, die einen Kredit aufnehmen, angesichts der aktuellen Niedrigzinsphase bei Vertragsabschluss auf Klarheit und Sicherheit des Zinsniveaus drängen.“

Downloads zum CHE-Studienkredit-Test 2017


Über den CHE-Studienkredit-Test
Der CHE-Studienkredit-Test 2017 entstand in Zusammenarbeit mit dem Handelsblatt und erscheint in diesem Jahr in seiner zwölften Auflage. Er bewertet anhand von 21 Kriterien Vor- und Nachteile von 43 aktuell verfügbaren Studienkreditangeboten. In diesem Jahr wurde er erstmals um eine Anlage mit 18 regionalen hochschulspezifischen Angeboten erweitert. Datenbasis sind Selbstauskünfte der Anbieter. Mit seinen zahlreichen Detailinformationen bietet er eine transparente Marktübersicht für Studierende und Studieninteressierte. Zusätzlich kann man anhand von Tabellen eine eigene Bedarfskalkulation erstellen. Der CHE-Studienkredit-Test ist frei verfügbar unter www.che-studienkredit-test.de.

FAQ zum Studienkredit: Fragen & Antworten

Was unterscheidet einen Studienkredit von einem normalen Kredit?
Abgesehen von den in der Regel günstigeren Konditionen bekommt man bei Studienkrediten die Summe nicht auf einen Schlag, sondern in monatlicher Stückelung ausgezahlt. Besonders bei Studienkrediten ist auch, dass man eine „Verschnaufpause“ von der Bank gewährt bekommt, bevor man das Geld zurückzahlen muss.

Was unterscheidet einen Studienkredit von BAföG oder Stipendien?
Bei Stipendien müssen Stipendiaten das Geld nicht zurückzahlen, beim BAföG ist später nur ein Teil des Geldes fällig. Bei einem Studienkredit muss die komplette Summe zurückgezahlt werden, inklusive Zinsen.

Darf jeder Student auch einen Studienkredit beantragen?
Grundsätzlich ja, aber zwei Sachen gilt es zu beachten: Manche Angebote gelten nur für bestimmte Fächer oder Studienphasen. Und einige Anbieten, besonders Bildungsfonds, führen Auswahlverfahren durch.

Wie läuft das bei einem Studienkredit genau ab?
Erst gibt es eine Auszahlungsphase des Geldes über einen vereinbarten Zeitraum, dann eine Ruhe- oder Karenzphase von meist ein bis zwei Jahren, in der nichts zurückbezahlt werden muss und dann die Rückzahlungsphase. Details sind je nach abgeschlossenem Vertrag ganz unterschiedlich geregelt.

Was für unterschiedliche Studienkredite gibt es?
Neben den Angeboten zur allgemeinen Studienfinanzierung (etwa: KfW-Studienkredit) gibt es auch Studienkredite für die Schlussphase des Studiums (Bildungskredit des Bundesverwaltungsamtes, Abschlussdarlehen der Studentenwerke). Daneben gibt es auch reine Studiengebührendarlehen, besonders für private Hochschulen.

Wer bietet Studienkredite an?
Die beiden größten Anbieter sind die Kreditanstalt für Wiederaufbau mit dem KfW-Studienkredit und das Bundesverwaltungsamt mit seinem Bildungskredit. 94 Prozent aller 2016 abgeschlossenen Studienkredite gehörten zu einem dieser Angebote. Daneben gibt es weitere, etwa von Bildungsfonds. Auch die Studentenwerke bieten Finanzierungsangebote zur Überbrückung einer Notsituation oder in der Abschlussphase eines Studiums an.

Welches ist der beste Anbieter?
Es gibt nicht den einen besten Kredit – jedes Angebot hat für ganz spezifische Zielgruppen Vor- und Nachteile. Alle aktuellen Angebote mit den jeweiligen Konditionen finden sich im jährlich neu erscheinenden CHE-Studienkredit-Test. Auch hier gibt’s keinen Testsieger, sondern lediglich Bewertungen einzelner Kategorien wie etwa Risikobegrenzung oder Flexibilität.

Woran merkt man, ob man einen Studienkredit braucht?
Ein Studienkredit sollte immer die letzte aller Möglichkeiten sein. Vorher sollten alle anderen Finanzierungsmöglichkeiten geprüft werden, die zur Verfügung stehen. Das können sein: ein Nebenjob, Stipendien, BAföG oder die Unterstützung der Eltern. Im Idealfall muss man so später nichts, oder nur wenig zurückzahlen. Wer sich nicht sicher ist, das Studium auch zu beenden, sollte von einem Studienkredit die Finger lassen.

Wie hoch sollte der Kredit ausfallen?
Man sollte erwartete Einnahmen und Ausgaben gegenüberstellen. Dazu sollte man klären, wie lange man den Kredit in Anspruch nehmen möchte. Braucht man ihn nur in der Abschlussphase, wenn bei der Abschlussarbeit keine Zeit mehr für einen Nebenjob bleibt, oder im gesamten Studium? Generell gilt: So wenig Kredit aufnehmen wie möglich, aber immer so viel, wie für ein reibungsloses Studium erforderlich ist. Sich über einen Studienkredit einen gehobenen Lebensstandard zu finanzieren, ist keine gute Idee.

Wie früh sollte man sich um einen Studienkredit bemühen?
Bis das Geld auf dem Konto eintrudelt, kann es einige Wochen oder manchmal auch Monate dauern. Bei der KfW geht es recht zügig aufgrund des Onlineverfahrens. Andere Anbieter, wie etwa bei den Bildungsfonds, haben umfangreiche Auswahlverfahren – da muss man entsprechend mehr Zeit einplanen.

Benötigt man einen Bürgen?
Nur wenige Kreditanbieter verlangen von Studierenden die Bürgschaft der Eltern oder eines Dritten. Dies betrifft vor allem die Abschlussdarlehen der Studentenwerke. Dafür sind diese Angebote meist zinsfrei.

Stehen die Zinssätze der Rückzahlungsphase bereits von Anfang an fest?
Nein, nicht immer weiß man, welcher Zinssatz in der Rückzahlungsphase fällig ist. Bei manchen Anbietern wird er erst bei Fälligkeit des Kredites festgelegt. Das kann teuer werden. Denn der Zinssatz bezieht sich auf die gesamte bis dahin gezahlte Darlehenssumme, und die Rückzahlung dauert in der Regel deutlich länger als die Auszahlung. Keinesfalls sollte man sich darauf einlassen, die Rückzahlungsmodalitäten, wie etwa den Zinssatz, erst nach dem Examen und dem in Anspruch genommen Kredit zu vereinbaren. Denn dann befindet man sich in einer schlechteren Verhandlungsposition, hat sich bereits verschuldet und hat keine gute Ausgangslage, um auf günstigere Konditionen zu pochen.

Ist der Zinssatz entscheidend?
Der Zinssatz ist schon ein wichtiges Kriterium, aber nicht das einzige. Auch die Rückzahlungsmodalitäten, Risikobegrenzung oder Flexibilität der Angebote sollten bei der Entscheidung eine Rolle spielen. Kann der Zinssatz steigen
oder ist er fixiert? Werden Zinsen in der Auszahlungsphase gestundet? Ansonsten fallen schon bei der Auszahlung Zinsen an und es gibt weniger Geld als einkalkuliert. Muss ich mich bei Vertragsabschluss dauerhaft und unflexibel auf einen festen Auszahlungsbetrag festlegen? Bei vielen Kreditangeboten lassen sich, manchmal zu bestimmten Stichtagen, die Auszahlungshöhen variieren, also zum Beispiel senken, wenn der Bedarf niedriger ist als kalkuliert. Aber auch andersherum.

Gelten die Angebote auch für ein Studium im Ausland?
Die Finanzierung eines kompletten Auslandsstudiums ist nur bei wenigen Anbietern möglich. Die Finanzierung von ein bis zwei Auslandssemestern ist dagegen häufiger möglich. Generell sollten bei einem Auslandsstudium zunächst einmal Erasmus- oder sonstige Stipendien, sowie Auslands-BAföG in Anspruch genommen werden.

Was passiert bei einem Studienabbruch?
Die Auszahlung wird sofort gestoppt und ein individueller Rückzahlungsplan zwischen Kreditgeber und Kreditnehmer vereinbart. Bei manchen Anbietern ist dann der Darlehensbetrag auf einen Schlag fällig, andere räumen einem entsprechend Zeit oder sogar die Fortsetzung des Vertrages bei Aufnahme eines neuen Studiums ein. Wer sich nicht sicher ist, das Studium auch zu beenden, sollte von einem Studienkredit die Finger lassen.

Worauf sollte man noch achten?
Wer Veränderungen während der Zeit des Kredites plant, sollte sicherstellen, dass das im Vertrag auch möglich ist. Dies kann etwa der Wechsel der Hochschule, des Faches oder ein längerer Auslandsaufenthalt sein.

Wann muss man den Kredit zurückzahlen?
In der Regel nicht direkt nach dem Studium. Meist gibt es eine sogenannte Karenzphase, in der noch nichts zurückgezahlt werden muss. So soll den Absolventen Zeit gegeben werden, um einen Job zu finden, von dessen Gehalt auch der Kredit getilgt werden kann.

Download CHE-Studienkredit-Test 2017 [PDF, 6 Seiten - 0,4 MB]
FAQ: CHE kurz und kompakt Studienkredit