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Gefühlter Boom, Kommentar zum Ifo-Geschäftsklimaindex

Stephan Lorz von der Börsen-Zeitung kommentiert den Anstieg des Ifo-Geschäftsklimaindex: Handelt es sich um einen irrationalen Überschwang?

Ein spanischer Stier aus Metall steht für Konjunktur und den Ifo-Geschäftsklimaindex.
Gefühlter Boom, Kommentar zum Ifo-Geschäftsklimaindex
Frankfurt, 29.03.2006 (ots) - Stephan Lorz von der Börsen-Zeitung kommentiert den Anstieg des Ifo-Geschäftsklimaindex: Der erneute Anstieg des deutschen Geschäftsklimas ist irritierend. Immerhin liegt der Indexwert jetzt auf einem Niveau, wie es zuletzt zum Wiedervereinigungsboom erreicht worden war. Damals waren Wachstumsraten des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von über 5 Prozent registriert worden. Und auch im langjährigen Zusammenhang korrespondiert der aktuelle Indexstand mit Wachstumsraten von immerhin fast 4 Prozent. Das ist weit entfernt selbst von den optimistischsten Prognosen, die derzeit allenfalls eine Jahresrate von etwa 2 Prozent vorhersagen. Die meisten Ökonomen halten stattdessen Werte um die 1,5 Prozent für realistisch, zumal auch die aktuellen ZEW-Konjunkturerwartungen und der Einkaufsmanagerindex ein eher verhaltenes Wachstum signalisieren.

Was also hat die Unternehmen zu solcher Euphorie verleitet? Ist es der irrationale Überschwang, wie er sich einstellt, wenn nach Jahren der Stagnation nun erstmals wieder ein Aufschwung zu spüren ist? Fühlen sich dann die mageren 1,5 Prozent Wachstum nicht wie ein regelrechter Boom an?

Festhalten muss man, dass die Unternehmen tatsächlich allen Grund zu Zufriedenheit haben: Die Auftragsbücher sind voll, die Gewinne erreichen schwindelnde Höhen. Auch die Verbraucher scheinen sich langsam von ihrer Konsumverweigerung zu lösen. Selbst die Banken spielen mit und unterstützen den Aufschwung durch verstärkte Kreditvergabe mit allen Kräften. Der Zuwachs von Krediten an den privaten Sektor erreichte zuletzt mit 10,3 Prozent den höchsten Stand seit fast sechs Jahren. Die Konjunktursignale stehen deshalb auf Grün.

Alles also in bester Ordnung? Mitnichten! Am Horizont droht die geplante Mehrwertsteuererhöhung - ein Konsumkiller ersten Ranges. Trotz der sprudelnden Steuerquellen und der Aussicht, die Defizitgrenze bereits im laufenden Jahr einhalten zu können, will Bundesfinanzminister Peer Steinbrück nicht darauf verzichten. Je weiter es ins Jahr geht, desto stärker dürfte dieser Umstand auf das Geschäftsklima drücken. Der dann vom Ifo-Institut gemessene Stimmungseinbruch wäre aber ebenso wenig ein Rezessionssignal, wie die gegenwärtige Euphorie bereits ein Indiz für einen bevorstehenden handfesten Boom ist. Die zuletzt von Meteorologen beobachteten verstärkten Klimaschwankungen haben eben auch das Geschäftsklima erreicht.