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Spieltheorie: Vertrauen zahlt sich aus

Spieltheoretischer Versuch im Erfurter Labor für experimentelle Wirtschaftsforschung

Erfurt, 26. März 2003 (idw) Auf große Resonanz ist ein Artikel der Erfurter Wirtschaftswissenschaftlerin Prof. Dr. Bettina Rockenbach gestoßen, den sie gemeinsam mit Prof. Dr. Ernst Fehr vom Institut für Empirische Wirtschaftsforschung der Universität Zürich in der aktuellen Ausgabe des renommierten Wissenschaftsmagazins Nature publiziert hat.

Die Wochenzeitung DIE ZEIT, die WELT, der ORF und die Nachrichtenagentur Reuters haben zum Teil ausführlich über den Artikel mit dem Titel »Detrimental effects of sanctions on human altruism« berichtet, welcher mittels Experimenten den Effekt ökonomischer Anreize auf die Kooperation bei Menschen untersucht.

Eine Grundannahme der Verhaltensforschung lautete lange Zeit, dass der Mensch immer zur Optimierung seiner eigenen Interessen handelt. Doch mit dieser Interpretation alleine lassen sich viele Aspekte des menschlichen Verhaltens nicht erklären. Die Studie der beiden Wirtschaftswissenschaftler zeigt, dass weitaus komplexere Motive das menschliche Handeln bestimmen. Gegenseitiges Vertrauen und Großzügigkeit werden demnach belohnt - Misstrauen und das Androhen von Sanktionen dagegen kommen gar nicht gut an.
 

Der Versuch
Um dies herauszufinden, hatten die beiden Forscher im Labor für experimentelle Wirtschaftsforschung einen spieltheoretischen Versuch mit mehr als 200 Studenten veranstaltet, die im Spiel die Chance hatten, reales Geld als Gewinn einzustreichen. Zunächst gab es für jeden Spieler 10 Einheiten eines fiktiven Spielgeldes, das erst im Anschluss an den Versuch im Verhältnis 2 zu 1 in Mark umgetauscht wurde.

Einer der beiden Spieler - der Investor - konnte einen beliebigen Betrag zwischen 1 und 10 an den anderen Spieler - den Verwalter - überweisen, wobei der Betrag sich beim Überweisen verdreifachte. So wurden beispielsweise aus 5 Einheiten, die der Investor überwies 15 Einheiten beim Verwalter. Dieser konnte eine Rücküberweisung in beliebiger Höhe an den Investor vornehmen.

Das Dilemma besteht darin, dass durch die Verdreifachung der Überweisung der gemeinsame Gewinn von Investor und Verwalter durch die maximale Überweisung von 10 am größten ist, auf der anderen Seite der Verwalter jedoch nicht verpflichtet ist, etwas zurück zu überweisen. Ein rein auf seinen eigenen Gewinn orientierter Verwalter wird also nichts zurück überweisen. Dies vorhersehend, wird der Investor nichts überweisen. Das jedoch führt zu dem geringsten aller möglichen Gewinne.
 

Erstaunliche Ergebnisse
Das Spiel wurde auch in der Variante gespielt, das der Investor gleichzeitig mit seiner Überweisung eine Strafandrohung formuliert, für den Fall, dass der Verwalter nicht soviel wie gewünscht zurück überweist. Das Ergebnis war erstaunlich: Entgegen der Vermutung, dass bei derartigem Handel vor allem die eigenen Interessen im Vordergrund stehen, zahlten die Verwalter stets einen gewissen Teil ihres Gewinns an den Anleger aus - auch im ersten Versuchsteil, in dem ihnen keine Sanktionen drohten.

Interessanterweise straften die Verwalter die Handelsaktionen mit angedrohter Sanktion durch die Bank weg mit niedrigeren Gewinnen für die Investoren ab. Nutzten die Anleger die Strafoption nicht, obwohl sie vorhanden war, so wurde ihr Vertrauen mit den höchsten Gewinnen belohnt. »Die Versuche zeigen also, dass Altruismus eine wichtige Triebkraft bei unseren Handlungen ist, und belohnt wird in der Regel der, der seinem Geschäftspartner besonderes Vertrauen entgegenbringt. Gift für den Geschäftserfolg ist hingegen schon allein die Androhung von Sanktionen«, so Rockenbach und Fehr.
 


Negativer Effekt von Sanktionen
Bei einem dritten Spieldurchlauf informierten die Forscher die Teilnehmer über ihre bisherigen Versuchsergebnisse und die negative Auswirkung der Strafandrohung. Dennoch nutzten die meisten die Sanktionsoption als eine Art »Erziehungsmaßnahme«.

Doch nicht immer müssen Belohnungen und Bestrafungen negative Auswirkungen aufs Geschäft haben. Nach Angaben der beiden Wissenschaftler gibt es durchaus Hinweise, dass derartige Handlungen bei wiederholten Geschäftsbeziehungen als Ansporn zur Kooperation dienen könnten. Der negative Effekt von Sanktionen mache sich allerdings vor allem bei altruistischen Kooperationen wie bei diesen Experimenten bemerkbar - insbesondere dann, wenn die Absichten allzu eigennützig erscheinen.

Quelle
Nature 422: 137-140 (2003)

Weitere Informationen
www.uni-erfurt.de/mikrooekonomie/dokumente/Detrimental_Effects(OV).pdf