Jahresgutachten 2005/2006 vom Sachverständigenrat
Der Titel des vom »Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung« publizierten Jahresgutachtens 2005/06 lautet: »Die Chance nutzen - Reformen mutig voranbringen«. Es enthält eine Situationsanalyse sowie Vorschläge zu einem Umbau der deutschen Wirtschafts- und Sozialordnung.
Wiesbaden, 09.11.2005 (svr) - Die wichtigsten Ergebnisse des aktuellen Jahresgutachtens des »Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung« im Wortlaut:
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Die neue Legislaturperiode bietet der Regierung die Chance, an den
eingeleiteten grundlegenden Reformen auf dem Arbeitsmarkt, in den
Systemen der Sozialen Sicherung und im Steuersystem anzuknüpfen und
sie mutig voranzubringen. Der Titel des Jahresgutachtens 2005/06
lautet deshalb: »Die Chance nutzen - Reformen mutig voranbringen«
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Im laufenden Jahr entwickelte sich die deutsche Konjunktur mit einem
Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts in Höhe von 0,8 Prozent weiterhin
verhalten. Das außenwirtschaftliche Umfeld blieb zwar günstig, aber
die Impulse aus der Exportwirtschaft sprangen nicht auf die
Binnenkonjunktur über. Die registrierte Arbeitslosigkeit stieg -
selbst bereinigt um die Sondereffekte der Hartz IV-Reform - erneut an,
und die Situation der öffentlichen Haushalte blieb prekär.
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Die deutsche Wirtschaft wird sich auch im Jahr 2006 nicht sehr
dynamisch entwickeln, und die Zuwachsrate des Bruttoinlandsprodukts
von 1,0 Prozent wird erneut zu gering sein, um eine durchgreifende
Verbesserung am Arbeitsmarkt herbeizuführen. Diese wenig
befriedigenden Aussichten sind zum Teil auf den hohen Anstieg der
Energiepreise zurückzuführen, der die Kaufkraft der privaten Haushalte
im nächsten Jahr deutlich reduzieren wird. Die mangelnde Dynamik,
insbesondere auch auf dem Arbeitsmarkt, ist aber zugleich Ausdruck der
Tatsache, dass Deutschland nach wie vor an tief greifenden
wirtschaftlichen Problemen leidet. Auch wenn es in den letzten Jahren
gelungen ist, grundlegende Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt, in den
Systemen der Sozialen Sicherung und im Steuersystem einzuleiten, muss
der Prozess der wirtschaftlichen Reformen entschlossen fortgeführt
werden.
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In seinem Gutachten hat der Sachverständigenrat ein Maßnahmenpaket
entwickelt, das den beschäftigungs- und wachstumsfreundlichen Umbau
der deutschen Wirtschafts- und Sozialordnung wesentlich voranbringen
würde. Im Zentrum stehen Reformen des Regelwerks auf dem Arbeitsmarkt
und des staatlichen Abgabensystems. Die Lösungsansätze auf den
einzelnen Politikfeldern sind aufeinander abgestimmt, und sie
berücksichtigen die Wirkungen auf die Gesamtnachfrage und die
Angebotsbedingungen. Diese Paketlösung umfasst Vorschläge auf sechs
Handlungsfeldern der Wirtschaftspolitik:
- Vorschläge zur Reform der föderalen Struktur, welche die Befugnisse, die Finanzbeziehungen und die Aufgaben von Bund und Ländern entflechten, um wieder Spielräume für einen Gestaltungsföderalismus zu eröffnen und Blockaden im Entscheidungsprozess vorzubeugen;
- für den Arbeitsmarkt Maßnahmen bei Lohnersatzleistungen, aktiver Arbeitsmarktpolitik, Lohnfindung und Kündigungsschutz, mit denen die Verfestigung der Arbeitslosigkeit aufgebrochen und insbesondere die Beschäftigungschancen der Langzeitarbeitslosen sowie der Geringqualifizierten verbessert werden können;
- in den Sozialversicherungen Vorschläge für neue Finanzierungsformen, die die Beitragszahler von der Finanzierung versicherungsfremder Elemente entlasten und so den beschäftigungsfeindlichen Abgabenkeil reduzieren;
- im Steuersystem mit der Dualen Einkommensteuer einen Vorschlag zu einer Unternehmenssteuerreform, welche die beträchtlichen investitionshemmenden Verwerfungen des Status quo beseitigt, die Standortattraktivität erhöht und damit einer Erosion der Steuerbasis entgegenwirkt;
- Anregungen zur Modernisierung der Finanzmärkte, um deren wachstumsfördernde Effizienz zu erhöhen;
- und nicht zuletzt konkrete Schritte zur kurz-, mittel- und langfristigen Haushaltskonsolidierung vor allem auf der Ausgabenseite und bei Steuervergünstigungen, sowohl um den Anforderungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts gerecht werden zu können, als auch um den absehbaren Anstieg der Belastungen in den kommenden Jahren und Jahrzehnten zu begrenzen.