WiWi Gast schrieb am 12.05.2022:
Die Gehälter werden nicht mit der Inflation schritthalten können.
Das kam bisher in der Wirtschaftsgeschichte der letzten 100 Jahre noch nie vor.
Aha... Und was ist in den letzten Jahren gewesen? Da hatten wir sehr wenig Inflation, aber es gab sie (per Definition darf jeder Preisanstieg über 0% als "Inflation" bezeichnet werden). Die Gewerkschaften haben trotzdem regelmäßig Abschlüsse über 2...4% Steigerungen erzielt.
Wir hatten also eine Zeit in der die Löhne schneller gestiegen sind als die Preise (obwohl du das für die letzten 100 Jahre ja verneint hast).
Jetzt ist es eben mal eine Zeit umgekehrt. Solange diese Zeit nicht zu lange andauert, wird es noch gut gehen. Die Lohn-Preis-Spirale unterliegt quasi einer gewissen Trägheit und muss erstmal "anlaufen" und durch die Inflation angetrieben werden. An dem Punkt, ab dem die sich richtig schnell dreht, sind wir noch nicht. Aber weder Lohn-Preis-Spirale noch Stagflation ist das, was wir jetzt gerade brauchen. Hoffe die Zentralbanken (sofern die das überhaupt sinnvoll beeinflussen können) haben ein glückliches Händchen bei der Steuerung der Zinsen.
Btw: ab wieviel % fängt bei dir "Inflation" denn genau an? Erst bei 8% wie jetzt gerade?
Die Tarifgehälter werden nur deutlich unterhalb der Inflation steigen. Dafür geht es vielen Unternehmen einfach nicht gut genug und die Angst vor Stellenabbau ist zu groß. Geben die Gewerkschaften sogar offen und ehrlich zu. Ich gehe im Schnitt von 2-4% über eine moderate Laufzeit (1-2 Jahre) aus.
Erstmal haben die bestehenden Tarifverträge ja noch eine Laufzeit. Sollte es jetzt nicht gerade zur Hyperinflation kommen (danach sieht es nicht aus), dann werden die Tarifparteien die Laufzeit wohl erstmal abwarten müssen, bevor es zu den nächsten Verhandlungen kommt. Vielleicht ist die Inflationsrate bis dahin auch wieder signifikant geringer. Dann kann es durchaus sein, dass Gewerkschaften Tarifabschlüsse mit Lohnsteigerungen > dann aktuelle Inflation erzielen.
Nicht Tarifbeschäftigte schauen auch in die Röhre. Für die war es oft schon schwer genug überhaupt einen Inflationsausgleich zu kriegen. Um besagte 5-8% zu bekommen, müssten die mehrheitlich das Unternehmen wechseln. Und das werden die meisten aufgrund der damit verbundenen Unsicherheit nicht tun. Außerdem ist der Jobmarkt bei Weitem nicht für alle Berufsgruppen so rosig, wie das hier manchmal dargestellt wird.
Ich musste zuerst an "Außer-Tarifliche" denken, aber du meintest vermutlich genau das Gegenteil, also Menschen mit tendentiell niedrigen Einkommen. Dass die aktuelle Lage für diese Menschen herausfordernd ist, ist natürlich vollkommen korrekt.
Summa summarum werden die meisten Menschen langfristig wohl einen Wohlstandsverlust hinnehmen müssen, wenn sie nur von ihrem Arbeitseinkommen abhängig sind. Was aber auch schon immer so war bisher.
Ich würde mit solchen Schlussfolgerungen erstmal abwarten. Es ist nur gut 2 Jahre her, da hatten wir in der Anfangszeit der Pandemie aufgrund der sehr niedrigen Energiepreise teils negative Inflationsraten. Jetzt haben wir im Moment mal wieder eine relativ hohe Inflation ("relativ" weil für Türkei-Verhältnisse wäre das immer noch niedrig...). Und irgendwann wird die Inflationsrate auch wieder runtergehen. Auf Basis solch (jedenfalls derzeit) kurzfristiger Effekte haben die wenigsten Menschen bisher einen fühlbaren Wohlstandsverlust erlitten.
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