Herbstgutachten 2010 der führenden Wirtschaftsinstitute
Die deutsche Wirtschaft befindet sich im Aufschwung. Die Zahl der Arbeitslosen dürfte erstmals seit 1992 unter 3 Millionen liegen. Die Wirtschaftspolitik steht nun vor wichtigen Entscheidungen.
Herbstgutachten 2010 - Deutschland
Die deutsche Wirtschaft befindet sich im Aufschwung. Sie ist auf gutem Weg, den krisenbedingten Produktionseinbruch wettzumachen. Dabei hat die Erholung an Breite gewonnen. So wird die Expansion anders als im Verlauf des Vorjahres nicht mehr allein von einem Anstieg der Exporte und einem Umschwung bei den Lagerinvestitionen getrieben. Vielmehr ist in diesem Jahr auch die Binnenkonjunktur angesprungen, sowohl die privaten Konsumausgaben als auch die Unternehmensinvestitionen legten spürbar zu. Zwar deuten viele Frühindikatoren darauf hin, dass sich das konjunkturelle Tempo nach dem Zwischenspurt im 2. Quartal nun verlangsamt. Doch liegen die Stimmungsindikatoren nach wie vor auf einem sehr hohen Niveau, und die Auftragseingänge in der Industrie sind aufwärts gerichtet.
Die Institute erwarten, dass sich die konjunkturelle Erholung im Prognosezeitraum zwar fortsetzt, das Tempo allerdings spürbar geringer sein wird als in der ersten Hälfte dieses Jahres. Maßgeblich hierfür ist, dass die weltwirtschaftliche Expansion an Fahrt verliert. In der Folge wird der Außenhandel wohl kaum noch zum Anstieg des realen Bruttoinlandsprodukts beitragen. Damit wird die Inlandsnachfrage das Tempo der Expansion bestimmen. Stützend wirkt, dass die monetären Rahmenbedingungen hierzulande als sehr günstig einzuschätzen sind. Stimuliert wird die Binnennachfrage darüber hinaus durch die weitere Verbesserung der Lage am Arbeitsmarkt.
Im zweiten Halbjahr 2010 verliert der Produktionsanstieg an Schwung. Die Zunahme der Ausfuhr lässt spürbar nach. Auch dürfte sich die hohe Dynamik bei den Ausrüstungsinvestitionen nicht fortsetzen. Die Bauinvestitionen werden ebenfalls langsamer zunehmen. Beim privaten Konsum bahnt sich hingegen eine Wende an; erstmals seit mehreren Jahren ist mit einem spürbaren Anstieg zu rechnen. Für das Jahr 2010 prognostizieren die Institute eine Zunahme des realen Bruttoinlandsprodukts um 3,5 %. Die Zahl der Arbeitslosen wird auf 3¼ Mill. sinken. Mit der kräftigen konjunkturellen Erholung wird die Zunahme des Budgetdefizits des Staates gebremst. Die Defizitquote fällt allerdings mit 3,8 % deutlich höher aus als im Jahr 2009, vor allem weil die Finanzpolitik im laufenden Jahr noch expansiv ausgerichtet ist.
Im kommenden Jahr wird das Tempo der konjunkturellen Expansion merklich langsamer sein als in diesem, die gesamtwirtschaftliche Kapazitätsauslastung dürfte nur noch wenig zunehmen. Im späteren Verlauf des Jahres dürfte die Konjunktur leicht anziehen, zumal die Weltwirtschaft dann etwas an Fahrt gewinnt. Für den Jahresdurchschnitt 2011 erwarten die Institute einen Anstieg der gesamtwirtschaftlichen Produktion um 2,0 %. Die Lage am Arbeitsmarkt wird sich dabei weiter verbessern. Die Zahl der Arbeitslosen dürfte im Jahresdurchschnitt erstmals seit 1992 unter 3 Mill. liegen. Damit verringert sich die Arbeitslosenquote in der Definition der Bundesagentur für Arbeit auf 7,0 %. Die Inflationsrate wird im kommenden Jahr anziehen und voraussichtlich 1,6 % betragen. Das Budgetdefizit des Staates dürfte sich infolge der Konsolidierungsmaßnahmen und des Auslaufens der Konjunkturprogramme, aber auch konjunkturbedingt zurückbilden. Es ist damit zu rechnen, dass die Defizitquote im nächsten Jahr bei 2,7 % liegen wird.