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ArbeitszeugnisAZ

Arbeitszeugnis – arbeitsrechtliche Grundlagen

Das Arbeitszeugnis bescheinigt Arbeitnehmern ihre Leistungen und Fähigkeiten – es zeigt sowohl die fachlichen als auch die sozialen Kompetenzen. Gerade wenn es um die Formulierungen im Arbeitszeugnis geht, kommt es zu Meinungsverschiedenheiten. Im ersten Teil zeigt der WiWi-Treff auf welche arbeitsrechtliche Grundlagen ein Arbeitszeugnis beruht und gibt einen ersten Überblick.

Arbeitszeugnis mit Checkliste und Lupe

Arbeitsgesetze erheben den Anspruch auf ein Arbeitszeugnis
Die Rechtsgrundlagen für die Erteilung eines Arbeitszeugnisses befinden sich in § 630 BGB, § 109 GewO, § 16 BBiG und § 85 BBG. Aus den Gesetzen geht hervor, dass jeder, der sich in einem Arbeitsverhältnis befindet, einen Anspruch auf ein Arbeitszeugnis hat. 

Jeder Arbeitnehmer, egal ob teilzeitbeschäftigt, nebenberuflich oder in einer geringfügigen Beschäftigung (Minijob), hat Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis – d.h. ein Zeugnis in elektronischer Form ist nicht ausreichend. Das regelt § 109 GewO. Demnach dürfen scheidende Mitarbeiter ein schriftliches Zeugnis über das Arbeitsverhältnis und dessen Dauer fordern. Darüber hinaus ist festgelegt, dass sich dieser Anspruch auf ein „einfaches“ Arbeitszeugnis bezieht. Wer ein „qualifiziertes“ Arbeitszeugnis möchte, muss dies ausdrücklich verlangen.

Die Rechte auf ein Arbeitszeugnis für Mitarbeiter, die nicht als Arbeitnehmer beschäftigt sind, ist im BGB § 630 geregelt. Freie Mitarbeiter, die selbstständig tätig sind, sich aber in einem Werk- oder Dienstverhältnis befinden haben somit einen Anspruch auf ein Arbeitszeugnis. Ist kein Werk- oder Dienstverhältnis gegeben, besteht kein Anspruch auf ein Arbeitszeugnis. Freiberufler und Freelancer können um ein Referenzschreiben bitten. Für Auszubildende gilt das Berufsausbildungsgesetzt § 16 BBiG. Den Anspruch der Beamten auf ein Zeugnis regelt Bundesbeamtengesetz § 85 BBG und wird als Dienstzeugnis bezeichnet.

Arbeitnehmerähnliche Beschäftigte - Bürgerliches Gesetzbuch § 630 Pflicht zur Zeugniserteilung
Bei der Beendigung eines dauernden Dienstverhältnisses kann der Verpflichtete von dem anderen Teil ein schriftliches Zeugnis über das Dienstverhältnis und dessen Dauer fordern. Das Zeugnis ist auf Verlangen auf die Leistungen und die Führung im Dienst zu erstrecken. Die Erteilung des Zeugnisses in elektronischer Form ist ausgeschlossen. Wenn der Verpflichtete ein Arbeitnehmer ist, findet § 109 der Gewerbeordnung Anwendung.

Arbeitnehmer - Gewerbeordnung § 109 Zeugnis
(1) Der Arbeitnehmer hat bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis. Das Zeugnis muss mindestens Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit (einfaches Zeugnis) enthalten. Der Arbeitnehmer kann verlangen, dass sich die Angaben darüber hinaus auf Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis (qualifiziertes Zeugnis) erstrecken.

(2) Das Zeugnis muss klar und verständlich formuliert sein. Es darf keine Merkmale oder Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen.

(3) Die Erteilung des Zeugnisses in elektronischer Form ist ausgeschlossen.

Auszubildende - Berufsbildungsgesetz § 16 Zeugnis
(1) Ausbildende haben den Auszubildenden bei Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses ein schriftliches Zeugnis auszustellen. Die elektronische Form ist ausgeschlossen. Haben Ausbildende die Berufsausbildung nicht selbst durchgeführt, so soll auch der Ausbilder oder die Ausbilderin das Zeugnis unterschreiben.

(2) Das Zeugnis muss Angaben enthalten über Art, Dauer und Ziel der Berufsausbildung sowie über die erworbenen beruflichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten der Auszubildenden. Auf Verlangen Auszubildender sind auch Angaben über Verhalten und Leistung aufzunehmen.

Beamte - Bundesbeamtengesetz § 85 Dienstzeugnis
Beamtinnen und Beamten wird auf Antrag ein Dienstzeugnis über Art und Dauer der von ihnen wahrgenommenen Ämter erteilt, wenn sie daran ein berechtigtes Interesse haben oder das Beamtenverhältnis beendet ist. Das Dienstzeugnis muss auf Verlangen auch über die ausgeübte Tätigkeit und die erbrachten Leistungen Auskunft geben.

Grundsatz der Zeugniswahrheit
1960 hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden, dass der Grundsatz der Zeugniswahrheit oberste Priorität hat: Die Angaben im Arbeitszeugnis müssen der Wahrheit entsprechen. Demnach dürfen Zeugnisse keine Behauptungen und Verdächtigungen, noch Falsches enthalten oder weggelassen werden. Die Formulierungen müssen „klar und verständlich“ sein und dürfen keine falschen Vorstellungen hervorrufen.

Grundsatz der wohlwollenden Beurteilung
In erster Linie dient ein Arbeitszeugnis dazu, die Bewerbung um einen neuen Arbeitsplatz zu erleichtern. Dies wird auch als „Grundsatz der wohlwollenden Beurteilung“ bezeichnet. Es darf dennoch nicht mit dem „Grundsatz der Zeugniswahrheit“ kollidieren. Zeugniswahrheit bleibt vorrangig. Im Wesentlichen soll ein Arbeitszeugnis Bewertungen und Tatsachen enthalten, die für die Gesamtbeurteilung des Arbeitnehmers von Bedeutung sind.

Das gefälschte Arbeitszeugnis
Das Zeugnis ist mehr schlecht, als recht, kommen einige Arbeitnehmer in Versuchung das Arbeitszeugnis zu fälschen. In diesem Fall gilt: Obacht! Wer aufgrund eines gefälschten Arbeitszeugnisses eingestellt wird, kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis gemäß § 123 BGB wegen arglistiger Täuschung anfechten. Dieses Anfechtungsrecht besteht dauerhaft – auch wenn die Fälschung erst Jahre nach der Einstellung öffentlich wird.

Wie sieht die Form eines Arbeitszeugnis aus?

Wann dürfen Arbeitnehmer ein Arbeitszeugnis verlangen?
Nach den arbeitsrechtlichen Gesetzen entsteht der Anspruch auf ein Arbeitszeugnis bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. In § 113 GewO wird das als „Abgang“ bezeichnet und meint damit den letzten Arbeitstag. Werden Arbeitnehmer beurlaubt oder freigestellt, haben sie ab dem Zeitpunkt des Ausscheidens ein Arbeitszeugnis-Anspruch.

Bei der Beendigung eines befristeten Arbeitsvertrages besteht bereits ein Anspruch eine angemessene Zeit vor dem letzten Arbeitstag. Als Faustregel gilt zwei bis drei Monate vorher.

Im Falle einer fristlosen Kündigung kann der Arbeitnehmer ein Zeugnis sofort verlangen und der Arbeitgeber muss ihm dies innerhalb weniger Tage zustellen.

Wie lange dürfen Arbeitnehmer ein Arbeitszeugnis verlangen? - Verjährung und Verwirkung
Die Arbeitszeugnis-Verjährung ist in § 195 BGB geregelt. Demnach verjährt der Anspruch auf die Ausstellung eines Arbeitszeugnisses nach drei Jahren. Die Verjährungsfrist beginnt dabei nach § 199 BGB mit dem Jahresende, in dem der Anspruch entstanden ist.

Dennoch kann der Anspruch auf ein Arbeitszeugnis bereits vor Ablauf der drei Jahre verwirken. Das ist der Fall, wenn der Arbeitnehmer sich nicht um die Ausstellung eines Arbeitszeugnisses bemüht und viel Zeit verstreichen lässt – sodass der Arbeitgeber nicht mehr dem Grundsatz der Zeugniswahrheit und dem Grundsatz der wohlwollenden Beurteilung nachkommen kann.

Beispiel: Nach dem BAG-Urteil vom 17.02.1988, AZ. 5 AZR 638/86, kann der Zeugnisanspruch verwirken, wenn der Arbeitnehmer über zehn Monate untätig geblieben ist, und erst später seinen ehemaligen Arbeitgeber ermahnt hat.

Einen Zeitpunkt der Verwirkung gibt es nicht. Vielmehr entscheiden die jeweiligen Umstände des Einzelfalles. In der Regel wird von einer Verwirkung auf ein qualifiziertes Arbeitszeugnis bereits nach zehn bis 15 Monaten gesprochen, weil es danach schwieriger wird, den Arbeitnehmer wahrheitsgetreu zu beurteilen.

Ausschlussklauseln im Tarifvertrag
Neben Verjährung und Verwirkung kann das Recht auf ein Arbeitszeugnis aufgrund einer tariflichen oder vertraglichen Ausschlussfrist bzw. Ausschlussklausel erlöschen. Tarifliche Ausschlussklauseln umfassen oft eine kurze Frist, innerhalb derer alle Ansprüche aus einem Arbeitsverhältnis außergerichtlich oder gerichtlich geltend gemacht werden müssen.

Zeugnisarten: einfaches und qualifiziertes Arbeitszeugnis
Jeder Arbeitnehmer hat die Wahl zwischen einem einfachen oder qualifizierten Arbeitszeugnis. Hat sich der Arbeitnehmer für eine Art entschieden und das Arbeitszeugnis wurde auf dessen Wunsch ausgestellt, kann er nicht nachträglich ein anderes verlangen. Der Grundsatz gilt hier: entweder oder.

Das einfache Zeugnis bescheinigt lediglich die Art des Dienstverhältnisses und dessen Dauer und dient als Tätigkeitsnachweisen. Es unterscheidet sich zum qualifizierten Arbeitszeugnis im Umfang und Inhalt. Bewertungen und Beurteilungen über die ausgeübte Tätigkeit, Leistungen und Verhalten des Arbeitsnehmers finden sich ausschließlich in qualifizierten Arbeitszeugnissen. Im Vergleich zum einfachen Zeugnis, hat die Variante mit Qualifikationsbewertung, immer einen Vorteil für den Arbeitnehmer. Mit einem qualifizierten Arbeitszeugnis hebt man sich von der Konkurrenz ab und kann zukünftigen Arbeitgebern einen Blick in die inhaltlichen Fähigkeiten des Bewerbers liefern.

Problematisch bei qualifizierten Arbeitszeugnissen sind die Zeugnisformulierungen, die für den Empfänger verwirrend sind. Darüber hinaus müssen die Formulierungen wohlwollend und wahrheitstreu sein – beide unter einem Hut zu bringen stellt viele Arbeitgeber vor Herausforderungen.

Das einfache Arbeitszeugnis besteht aus

während das qualifizierte Arbeitszeugnis um

erweitert wird.

Mehr dazu im Teil 2: Arbeitszeugnis – versteckte Formulierungen

Ausbildungszeugnis
Ein Ausbildungszeugnis steht jedem Berufsauszubildendem zu – auch ohne Aufforderung gegenüber dem Arbeitgeber. Auch hier wird zwischen einfachem und qualifiziertem Arbeitszeugnis unterschieden. Im Gegensatz zum „normalen“ einfachem Arbeitszeugnis wird das einfache Ausbildungszeugnis um die Stationen der Ausbildung, sowie die Kenntnisse und Fähigkeiten, die dort erlangt wurden, erweitert. Das qualifizierte Ausbildungszeugnis enthält Informationen zu Führungsleistungen, Tätigkeitsleistungen und sonstige zusätzlich erworbene Fähigkeiten. Zusätzlich enthält es Angaben zur Abschlussprüfung

Arbeitszeugnis für Volontäre und Trainees
Wer frisch aus dem Studium kommt, nutzt ein Volontariat oder ein Traineeprogramm, um den Berufseinstieg zu schaffen. Gleichzusetzen ist es mit einer Ausbildung, allerdings sind die Voraussetzungen hierfür in der Regel ein Studienabschluss. Während der Zeit eines Volontariats oder Trainees müssen Berufseinsteiger sich besonders behaupten – denn im Anschluss winkt oft ein Vertrag über eine Festanstellung. Umso wichtiger ist das Arbeitszeugnis. In der Form und Inhalt gilt für das Volontariat- oder Trainee-Zeugnis dieselben Anforderungen wie für ein Ausbildungszeugnis. Entscheidend hierfür ist die Aufschlüsselung der durchlaufenen Stationen im Unternehmen und die gewonnenen Kenntnisse und Fähigkeiten.

Arbeitszeugnis für Werkstudenten
Neben dem Studium bereits erste Berufserfahrungen zu sammeln ist das A und O. Damit gelingt der Berufseinstieg sichtlich leichter und schneller. Besonders gefragt sind Werkstudenten-Jobs, die zum einem bessere bezahlt als Minijobs sind und oft in studienrelevanten Bereichen stattfinden. Die Anforderungen an ein Arbeitszeugnis für Werkstudenten ist gleich dem der Arbeitszeugnisse für Trainees, Volontäre und Auszubildende. Es ist die erste Bescheinigung über relevante Berufserfahrungen, die den Weg in die berufliche Zukunft ebnen.

Arbeitszeugnis für Freiberufler und Freelancer
Die deutsche Bezeichnung für Selbstständige macht es nicht einfach, zwischen Freelancer, freier Mitarbeiter und Freiberufler zu unterscheiden. Tatsächlich ist es so, dass Freiberufler sogenannte Katalogberufe nach § 18 EStG ausüben: Arzt, Notar, Hebamme, Anwalt, Journalist, Ingenieure, Wirtschaftsprüfer. Freiberufler müssen kein Gewerbe anmelden und keine Gewerbesteuer zahlen. Freelancer sind freie Mitarbeiter und in der Regel gewerblich tätig. Somit zahlen sie Gewerbesteuer und sind somit abzugrenzen zum Freiberufler. Ein Freelancer kann aber auch ein Freiberufler sein – anders herum geht das nicht.

Für die Grundfrage des Anspruches auf ein Arbeitszeugnis ist diese Abgrenzung unwichtig. Entscheidend ist, ob sich der freie Mitarbeiter als Selbstständiger in einem Dienst- oder Werkverhältnis mit einem Unternehmen befindet. Ist das gegeben, dann hat er einen Anspruch auf ein Arbeitszeugnis. Ist das nicht der Fall, kann der freie Mitarbeiter – egal, wie lange er für ein Unternehmen tätig war - lediglich um ein Referenzschreiben bitten.