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Wohnen & WGWG

Das mexikanische System - die letzte Rettung in einer Männer-WG

Schmutzige Tellerberge und Biokulturen im Kühlschrank - selbst in Zeiten weitreichender Toleranz nährt sich das Bild der Männer-WG von überstrapazierten Klischees. Meistens zu Recht. Ein Erlebnisbericht.

Bild der Küche in einer Studenten-WG.

Dolce Vita oder Ausgeburt des Chaos?
Für die einen ist allein die Vorstellung, in einer Wohngemeinschaft leben zu müssen, ein unsagbares Gräuel. Eingefleischte Fans des WG-Lebens sehen in ihren Mitbewohnern hingegen so etwas wie einen Familienersatz, mit dem es sich lässig und entspannt abhängen lässt. Kritiker verteufeln Wohngemeinschaften als Brutstätten eines unproduktiven Lotterlebens. Zudem fürchten sie eine Einschränkung ihrer persönlichen Freiheit. Letzten Endes wird jeder sein eigenes Urteil fällen müssen. Probieren geht dabei über Studieren!

Die folgenden Eindrücke stammen von einem, der eine Männer-WG hautnah miterlebt hat. Daniel, BWL-Student (27), berichtet über gute und schlechte Zeiten in seiner Wohngemeinschaft:

»Nie hätte ich mir eine 135 Quadratmeter große Wohnung mit einer Wohnfläche von 135 Quadratmetern alleine leisten können. In erster Linie veranlasste mich also der große Wohnraum dazu, mich auf das Abenteuer WG einzulassen. Allen Unkenrufen zum Trotz wollte ich dieses Wagnis - gemeinsam mit zwei Mitstreitern - eingehen.

Endddddlose Toleranz?
Zu Beginn übten wir uns in schier endloser Toleranz. Es hieß gemäß einer vage getroffenen Vereinbarung, dass jeder von uns dreien frei entscheiden solle, wann er zum Beispiel spülen wolle. Die Tellerberge und der Dreck, wenn es sie überhaupt geben sollte, würden einem schon früh genug ins Auge springen, so ließ mein Mitbewohner Jens frohen Mutes verlauten. Schließlich sei einem jeden von uns ja an Hygiene und Sauberkeit gelegen.

Ein breites Spektrum von Sauberkeitsempfinden!
Die Erfahrung, dass sich Sauberkeitsempfinden allerdings in einem extrem breiten Spektrum einordnen lässt, stellte sich bereits in den nächsten Tagen ein. Schnell wurde eine Krisensitzung anberaumt, an die sich in der Folgezeit noch weitere anschließen sollten. Jedes Mal wurde hart verhandelt. Unterdessen verfasste ich reichlich kleine Memos für meinen Mitbewohner Lars, die der anfangs noch belustigt zur Kenntnis nahm. Darauf standen so tolle Sachen geschrieben wie: »Stark verschmutzte Teller bitte direkt nach dem Essen vorspülen!«, oder: »Weißt Du eigentlich, wo wir den Müll immer hinbringen?«

Das Paprika-Etwas im Kühlschrank
Wie ich darüber hinaus feststellen musste, schien er sich selten um den Zustand seiner Lebensmittel im Kühlschrank zu kümmern. Eine matschige Paprikaschote sorgte schließlich für den Eklat. Meine Memo lautete: »Brauchst Du das Ding im Kühlschrank noch, um Deine Gelüste daran auszuleben?« Die Konsequenz war, dass Lars nahezu ausflippte und sich das Schreiben von Memos für die Zukunft verbat.

Mein Verhalten mag man nun als intolerant oder engstirnig bezeichnen. Man könnte beispielsweise sagen, dass ich das vergammelte Gemüse doch einfach stillschweigend hätte wegwerfen sollen. Wäre aber schade um den Lerneffekt gewesen! Auch das Zusammenleben gilt es zu optimieren.


Das mexikanische System - Hart, aber gerecht!
Es folgte eine weitere Krisensitzung, die dadurch gekennzeichnet war, dass Jens, stets um Ausgleich bemüht, zuerst die beiden Kampfhähne beruhigte. Anschließend stand kurzerhand ein Versöhnungsbesäufnis auf dem Programm, bei dem zwei Flaschen Tequila den Weg in unsere Rachen fanden. Die zwei roten Sombreros auf den Tequilaflaschen bescherten uns zudem eine Idee, die die Lösung all unserer Probleme darstellte:

Über der Spüle waren an einem Kabeldeckensystem drei Halogenleuchten angebracht. Die Leuchten waren genau so konstruiert, dass sich ein schnuckeliger Sombrero bequem und gut sichtbar oben auf einen Pinn stecken ließ. Zwei der Leuchten wurden sogleich mit einem Hut versehen, der dritte nicht. Für uns bedeutete das, zwei hatten Siesta, der dritte war zum Spülen verdonnert. Nach getaner Arbeit hatte man sich dann einen Mexikanerhut verdient und somit die wohlverdiente Siesta. Der Dienst war auf einen anderen übertragen worden. Das „mexikanische System“ war geboren. Dabei galt die Abmachung, dass der, der mit Spülen an der Reihe war, selbst bestimmen durfte, wann er dies tat. Je länger er jedoch damit wartete, umso höher war der Berg schmutzigen Geschirrs angewachsen. Wie sich herausstellte, war das mexikanische System hart und gnadenlos!


Neben all diesen Querelen rund um die Sauberkeit in der Wohngemeinschaft ergaben sich aber auch eine Menge positiver Aspekte des Zusammenlebens. Endlos lange Frühstücksorgien waren genauso die Regel wie gemeinsame mitternächtliche Pommesexzesse mit unserer WG-Friteuse. Zudem war da die Gewissheit, dass man sich bei jemandem ausquatschen konnte, wenn es mal wieder Stress mit den Frauen gab.

Mein Fazit
WG-Leben ohne Regeln läuft nicht. Und jeder muss sich daran halten. Toleranz alleine ist nicht ausschlaggebend!