Exzellenter Beitrag, vielen Dank dafür. Du erhälst meine 100%ige Zustimmung. Ich lebe im Vordertaunus, also im Speckgürtel von Frankfurt am Main. Ich halte das Argument, dass es der Familie finanziell sehr gut gehen muss, für eine Ausrede.
Kleine Kinder interessiert es soviel, als ob in China ein Sack Reis umfällt, ob diese in einer 4 Zimmer Wohnung oder in einer Villa wohnen. Aber 4 Urlaube, 2 prollige SUV's und die Rolex sollte es dann schon sein. Alles natürlich zum Wohle der Familie. Dafür strampelt der Vater, immer unfreier werdend, dann im Hamsterrad und kennt seine Kinder nur vom Namen her.
Natürlich geht es vordergründig um ganz andere Themen. Geltungsdrang, Macht, Ehrgeiz, man möchte eben zeigen was man hat. Dieses Muster finde ich immer wieder. Psychologisch ist das hoch interessant. Diese Menschen kaufen Dinge, die sie nicht brauchen, um Menschen zu beeindrucken, die sie nicht mögen. Nach Macht strebt, wer Ohnmacht spürt. Man kann also immer einen Mangel vorfinden. Mangelnde Anerkennung, fehlendes Selbstbewusstsein oder auch fehlende Resillienz gegenüber der Werbeindustrie.
Bedenke auch, dass ein Vater oder eine Mutter nach einem 10-12 Stunden Tag überhaupt nicht mehr in der Lage ist, sich voll auf die Kinder zu konzentrieren. Kinder spüren das.
Meiner Meinung nach laufen solche Leute den völlig falschen Idealen hinterher. Anstatt die wertvolle, begrenzte Lebenszeit den Kindern, Hobbies, Freunden oder Ehrenamt zu widmen, verbringen sie lieber diese Zeit mit Erwerbsarbeit. Von dem Geld werden dann schwachsinnige, sinnfreie Dinge gekauft.
Im Grunde genommen ist das asozial und so wird es auch in den skandinavischem Ländern gesehen. Ein Zitat von Reinhold Messner finde ich passend:"Wir sollten uns bewusst sein, dass wir ab der 1. Sekunde unseres Lebens als Sterbende geboren werden."
Wir haben nur dieses eine Leben.
WiWi Gast schrieb am 30.10.2018:
Hier mal mein Senf zu dem Thema:
Ich bin selber im T2 Consulting tätig und derzeit EM. Ich habe selber zwei Kinder und möchte ehrlich sein. Ich stimme aus meiner Erfahrung eher dem Tenor zu, dass "Quality Time" eine Modeerfindung ist und letztendlich ein Euphemismus für wenig Zeit mit seinen Liebsten. Wenn ich meine Kinder am Wochenende sehe, dann merke ich immer wieder, dass das "Papa sein" zu kurz kommt. Es ist einfach nicht dasselbe wie ein Vollzeit Papa, der seine Kinder auch unter der Woche abends sieht oder seiner Frau morgens beim wickeln hilft. Die Beziehung zu den Kindern ist toll, sie lieben mich und ich kann nichts tolleres beschreiben, als mit seinen Kindern auf dem Spielplatz zu toben. Aber es ist einfach vom eigenen Wohlbefinden ein Unterschied, wenn ich unter der Woche auf Projekt in London bin.
Als ich noch jünger (und unerfahrener) war, habe ich auch das Wohlstandsargument häufig als "Rechtfertigung" für die Karriereambitionen und den Ehrgeiz angeführt. Was ich sehr interessant dabei finde: Viele Ex-Kommilitonen und Freunde, die ähnlich denken, kommen aus Arbeiterfamilien. Während mir selber immer Empathie als Große Stärke ausgelegt wurde, fehlt diese bei solchen Kollegen mit diesen Ambitionen irgendwie immer. Häufig habe ich auch das Gefühl, dass es in Wirklichkeit nicht um das (finanzielle) Wohl der Familie geht, sondern diese nur für den eigenen Geltungsdrang und das defizitäre Selbstbewusstsein vorgeschoben werden, um die eigentlichen und nur materialistisch motivierten Ambitionen zu verbergen. Das ist natürlich pauschalisierend. Viele möchten tatsächlich einfach nur ein sehr gutes Leben für sich und ihre Familie durch finanzielle Errungenschaften konstruieren, aber verlieren sich in der eigenen Karriere.
Dagegen sind diejenigen, die nach so etwas überhaupt nicht streben, aus sehr guten wirtschaftlichen Verhältnissen. Oft beklagen diese Leute sich über das (emotional) schlechte Verhältnis zu ihren Eltern. In zwei Fällen herrscht sogar seit dem Abitur eine große Distanz zur Familie, da man die Kinder ebenfalls in diese Leistungsgesellschaft drücken wollte und die Erfolge dieser nur als eigene Trophäen ansah.. Dort kommt die Empathie der Kinder übrigens häufig noch schlechter weg.
Naja, was soll mein philosophisches Gerede? Vor 5 Jahren wäre ich mit so etwas nicht durch meinen Case gekommen.. was ich aber damit sagen möchte: Belügt euch nicht selber, um euren materiellen Anspruch zu rechtfertigen. Ich denke, Kinder benötigen in ihrer Erziehung beide Elternteile. Was ich aber auch denke: in den Anfangsjahren kann man als Vater auch am Wochenende funktionieren. Sobald die Kinder jedoch in Richtung Einschulung gehen, sollte die Vaterrolle doch präsenter werden. Sonst kann der Draht eventuell verloren gehen..
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