Irland - Das keltische Wirtschaftswunder
Zu Beginn der neunziger Jahre rangierte Irlands Wirtschaft in Europa zusammen mit Portugal und Griechenland ganz unten. Heute ist das Bruttoinlandsprodukt je Einwohner auf der grünen Insel höher als in Deutschland.
Wirtschaftspolitik und DemographieDass es für Irland so gut lief, hat sehr viel damit zu tun, dass die Iren die sich bietenden wirtschaftlichen Chancen beim Schopf zu packen wussten:
- Ausländischer Kapitalzufluss
Es war schon eine Weile irische Politik, ausländische Investoren aus dynamischen Wirtschaftszweigen mit niedrigen Unternehmenssteuern ins Land zu locken. Richtig in Schwung kam die Wirtschaft, als sich viele amerikanische Firmen entschlossen, die grüne Insel als Export-Plattform für den europäischen Markt zu nutzen. Der größte Coup gelang mit der Anwerbung der Computerfirma Intel. Der Prozessorhersteller entschied sich 1989 dafür, eine Produktionsstätte in Irland zu errichten. Damit bewies der bis dahin als ländlich und rückständig geltende Standort, dass er durchaus Hochtechnologie-kompatibel ist.
- EU-Binnenmarkt
Das alles hätte sich vermutlich ohne die Vollendung des europäischen Binnenmarkts nicht in dieser Form ergeben. Durch den Abbau der Handelsbarrieren konnten die großen Märkte auch aus der peripheren Lage beliefert werden. Hinzu kam, dass die Transportkosten nicht mehr so ins Gewicht fielen, weil der Wert der exportierten Ware - Computer statt Wollpullover - so enorm gestiegen ist. Auch die Strukturfördergelder der Europäischen Union für wirtschaftlich rückständige Regionen verwendete Irland sinnvoll. Sie wurden insbesondere zur Verbesserung der Infrastruktur sowie für die Aus- und Weiterbildung genutzt.
- Bevölkerungsentwicklung
Der Faktor Demographie spielte dem irischen Wirtschaftswunder in die Hand. Im Gegensatz zu vielen kontinentaleuropäischen Ländern, die einen gravierenden Nachwuchsmangel beklagen, hatten Irinnen bis Anfang der achtziger Jahre im Schnitt noch mehr als drei Kinder. Danach ging die Geburtenrate auf einen im internationalen Vergleich immer noch hohen Wert von knapp zwei zurück. Dadurch erhöhte sich die Zahl der Inselbewohner im Erwerbsalter zwischen 1986 und 2004 um über 600.000.
Allerdings leben heute 200.000 Kinder und Jugendliche weniger in Irland als Mitte der achtziger Jahre. Das könnte in Zukunft Probleme mit sich bringen - zurzeit hat es sein Gutes: Das Verhältnis der Erwerbsfähigen zu Kindern und Senioren hat sich beträchtlich zugunsten der arbeitenden Bevölkerung verschoben. Dadurch ist es leichter, das soziale Netz zu finanzieren. Beflügelt hat den wirtschaftlichen Aufschwung der keltischen Raubkatze zudem der Umstand, dass immer mehr Frauen arbeiten und es viele qualifizierte Kräfte aus dem Ausland auf die Insel zog.
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