IW-Konjunkturprognose 2006 - Hohe Verunsicherung
Professor Dr. Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln, erwartet nach 0,7 Prozent im Jahr 2005 für das kommende Jahr ein Wachstum des realen Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 1,1 Prozent.
Schwaches Wachstum in DeutschlandBerlin, 12.10.2005 (iw) - Die deutsche Wirtschaft wächst. Allerdings fällt das Wirtschaftswachstum in diesem wie auch im nächsten Jahr ausgesprochen schwach aus. Das reale Bruttoinlandsprodukt wird gemäß der Konjunkturprognose des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln im Jahr 2005 das Vorjahresvolumen um nur 0,7 Prozent und im Jahr 2006 auch nur um 1,1 Prozent übertreffen. Dabei wachsen West- und Ostdeutschland mehr oder weniger im Gleichschritt. Überall wird die Erholung im Wesentlichen von der Industrie getragen. Erfreulich ist dabei, dass sich die Investitionen mehr und mehr als ein Beschleuniger entwickeln. Der weiterhin boomende Außenhandel stimuliert zusehends die Ausrüstungsinvestitionen. Damit gewinnt die konjunkturelle Entwicklung an Breite, was wiederum das Potenzial für einen sich allmählich auch selbst tragenden Aufschwung in Deutschland stärkt. Allerdings kommt der Konsum wegen des sich nur zögerlich belebenden Arbeitsmarktes und der hohen Energiepreise nicht in Schwung.
Die Konjunkturentwicklung steht unter besonderen Unsicherheiten:
- Einerseits gibt die Ölpreisentwicklung insoweit Rätsel auf, dass bisher ihre kontraktiven Wirkungen für die Weltwirtschaft und für die deutsche Volkswirtschaft nicht den aus früheren Phasen bekannten Mustern folgen. Wir gehen davon aus, dass dies auch im Prognosezeitraum so bleibt.
- Andererseits ist der wirtschaftspolitische Rahmen für die kommenden Jahre angesichts der noch ungeklärten Regierungsbildung unsicher. Wir gehen davon aus, dass eine große Koalition ihre Profilierungschance bei bestimmten Themen nutzen wird, ohne großen Schwung zu entfachen.
Insgesamt ergibt sich aber der Eindruck eines Konjunkturpfades ohne Geländer. Vieles spricht für die Fortsetzung der schwachen konjunkturellen Belebung, allerdings liegen beachtliche Potenziale und Risiken am Rande des Pfades. Die Risiken, die vor allem in den USA liegen, halten wir für überschaubar. Die Potenziale für mehr Wachstum liegen in der deutschen Wirtschaftspolitik, ob sie genutzt werden, bleibt zu hoffen.
Weltwirtschaft trotzt Ölschock
Die hohen Energiepreise stellen ein gewichtiges Konjunktur- und Prognoserisiko dar. Die Schwankungen des Ölpreises bleiben im Prognosezeitraum unter dem Einfluss verschiedenster Ereignisse wie möglicher Wetterkatastrophen und Terroranschläge groß. Für den Jahresdurchschnitt 2006 gehen wir vom Status quo aus, also von einer Schwankungsbreite von 55 bis 65 US-Dollar je Barrel Rohöl. Dem Wachstum der Weltwirtschaft hat der rasante Anstieg der Energiepreise bisher jedenfalls wenig geschadet. Vielmehr erweist sich die Weltkonjunktur gegenwärtig als ziemlich robust. Das wird auch so bleiben. Dafür sprechen die geringer gewordene Energieintensität des Wachstums ebenso wie die Tatsache, dass der Ölpreis angebots- und nachfrageseitig getrieben wird.
Die höhere Robustheit der Weltwirtschaft ist nicht selbstverständlich. Doch die Krisen der neunziger Jahre in verschiedenen Regionen der Emerging Markets sind verarbeitet worden und haben so für einen längeren Zeitraum das Risikopotenzial dieser Volkswirtschaften gemindert. Ebenso sollte nicht vergessen werden, dass die Finanzinnovationen - insbesondere im Risikomanagement - der letzten Dekade zusammen mit dem kommunikationstechnischen Fortschritt die wirtschaftliche Entwicklung zu glätten vermögen. Offensichtlich verfügen die einzelnen Länder somit über hinreichend Krisenerfahrung, um wirtschaftliche Gefahrenmomente in Schach zu halten. Dazu gehören neben dem Ölpreisschock die möglichen Gefahren einer platzenden Immobilienpreisblase und das anhaltend hohe Leistungsbilanzdefizit der USA. Die USA werden unserer Meinung nach weiterhin die Weltkonjunktur antreiben. Auch Asien wird im nächsten Jahr mit hohen Wachstumsraten aufwarten - dabei konsolidiert sich die japanische Erholung. Der Schwung in Mittel- und Osteuropa hält ebenfalls an. Allein Westeuropa fällt durch sein moderates Wachstumstempo aus dem Rahmen.
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