Hi, ich bin gerade das erste Mal auf dieses Forum gestoßen und bin erstaunt darüber, wie sich die beiden Formen der Hochschulen hier bekriegen. Neid und Verachtung für die jeweils andere Seite en masse, ist das alles nicht egal, solang man die Ziele erreicht, die man sich selbst gesteckt hat? Naja :-D
Ich erzähl dir mal von meinem Weg, vielleicht hilft dir das ein bisschen bei deiner Entscheidung weiter.
Ich habe nach Abschluss des allgemeinen Abiturs BWL an einer kleinen, aber sehr schönen FH studiert. Ich habe ehrlichgesagt keine Ahnung von irgendwelchen Hochschulrankings, kenne das nur aus Amerika und UK und habe mich nie damit befasst, kann dazu also nichts sagen.
Davor habe ich freiwillig Wehrdienst bei der Bundeswehr geleistet und hatte daher große Motivation, etwas zu schaffen, nachdem ich schon mal besser wusste, was ich auf keinen Fall machen will.
Habe dann den Bachelor sehr gut abgeschlossen und bemerkt, dass mir Ökonometrie und Statistik (40% und 80% nicht bestanden in meinem Semester) mehr Spaß bereitet hat und auch besser lag als einigen meiner Kommilitonen. So bin ich dann an einen Professor geraten, der meinen weiteren Weg maßgeblich beeinflusst hat (nicht negativ). Er hat mir ziemlich genau und vor allem unvoreingenommen (viele Profs sind ja nicht weniger meinungsaggressiv als die Teilnehmer dieser Diskussionen hier) erklären können, wo die Unterschiede zwischen den beiden Wirtschafts-Hochschulformen liegen: An der Uni hat man einen größeren Block statistischer und theoretischer Methoden / Modelle, die an der FH durch praktischere Studienbestandteile ersetzt werden. Wegen meiner Affinität zu Ökonometrie und Statistik habe ich dann an einer Uni Statistik studiert.
Das war in der Tat nicht ganz ohne Umwege möglich - ich musste nämlich 15 ECTS in quantitativen Methoden an der Uni nachholen. Das ist an vielen (aber nicht allen!) Unis problemlos möglich, das Modell funktioniert meist über eine vorläufige Studieneinschreibung, während der man neben dem eigentlichen Master das an der FH versäumte Modulportfolio aufholt. Ist ohne Nebenjob absolut problemlos möglich.
Die Sachen, die man an der FH gezwungen wird, nebenbei zu machen (Unternehmensführungsseminare, Softskilltrainings, SAP Kurse und ähnliche "Späße") sind übrigens dann überraschenderweise das gewesen, was bei meinen Jobinterviews für Praktika und Werkstudentenstellen immer erfragt wurde, weil ich es nicht in meinem Lebenslauf stehen hatte, aber auf dem Transcript. Ich versuchte meine Stärken immer mit guten Noten und meinem Uni Master-Wissen zu beweisen, die Personaler (darunter Bundesbank, eine große Beratungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, ein großer Private-Equity Verwalter) waren aber eher dann hellhörig, wenn es darum ging, ob ich mein (nur bis zu einem gewissen Punkt) nützliches theoretisches Wissen gut präsentieren, anwenden und verkaufen kann.
Was ich gelernt habe: Mein Interesse am tiefen Fachwissen, das in der Entscheidung zum Master an der Uni mündete, hat mir im Berufsleben am Ende weniger gebracht, als die praktischen Selbstverkauf-Skills und Praxisseminare (die ich eigentlich nervig und sogar ein bisschen abstoßend fande) von dem Erststudium an der FH.
Mach dir einfach bewusst, was du willst - eine methodisch ausgezeichnete theoretische Ausbildung oder ein mäßig in die Tiefe gebrachtes Theoriewissen, das durch erste handfeste Erfahrungen kompensiert wird.
Von diesen Prestigegedanken und -diskussionen, wie sie hier betrieben werden, würde ich mich ganz weit distanzieren, es kommt mir hier im Forum so vor, als ob jeder einfach seine Ausbildung verteidigen möchte und die andere versucht zu diffamieren.
Wenn ich die Zeit nochmal zurückdrehen könnte und als Abiturient vor der Entscheidung stehen würde: ich würde an der Uni einen Bachelor mit Pflichtpraxissemester absolvieren, um quantitativ-methodisch optimal ausgebildet zu sein und für den Master an eine FH gehen, die mir gefällt und einen großen Fokus auf, ich nenne es mal Entrepreneurship - Ausbildung (Bullshit Bingo, ich weiß, aber mir fällt kein anderer Begriff für diese Selbstvermarktungsskills im Sinne des Unternehmens ein) legt. So wäre ich bei mir im Unternehmen (großes Tech Unternehmen) auf jeden Fall als Datenjongleur am meisten wert.
Vielleicht können meine Nachschreiber dir auch in diesem Stil ihren Weg zeigen und dir so etwas frischen inspirierenden Wind mitgeben.
Ich hoffe ich konnte dir ein wenig helfen. :-)
antworten