Herbstgutachten 2010 der führenden Wirtschaftsinstitute
Die deutsche Wirtschaft befindet sich im Aufschwung. Die Zahl der Arbeitslosen dürfte erstmals seit 1992 unter 3 Millionen liegen. Die Wirtschaftspolitik steht nun vor wichtigen Entscheidungen.
Herbstgutachten 2010 - Welt
Im Verlauf des Jahres 2010 hat sich die Erholung der Weltwirtschaft verlangsamt. Der im Winterhalbjahr stürmische Wiederaufschwung des Welthandels hat nach und nach an Tempo eingebüßt. In den USA und in Japan verlor die Konjunktur nach einer starken Expansion im Winterhalbjahr schon im Frühjahr deutlich an Fahrt. Für den Euroraum zeichnet sich ab, dass der im zweiten Quartal recht hohe Produktionszuwachs in der zweiten Jahreshälfte deutlich nachlassen wird. Auch in den Schwellenländern expandiert die Produktion seit dem Frühjahr weniger kräftig. Allerdings hat die Industrieproduktion in Asien den Wachstumspfad der vergangenen Jahre schon im Frühjahr wieder erreicht, während sie in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften noch weit von ihrem Vorkrisentrend entfernt ist.
Die durch die Finanzkrise offen gelegten strukturellen Probleme sind noch nicht überwunden. In den USA ist die Verschuldung der privaten Haushalte nach wie vor hoch. Der Immobiliensektor ist stark geschrumpft, und auch der Finanzsektor hat sich noch nicht vollständig erholt. Die Arbeitslosigkeit verharrt auf hohem Niveau. In einer ähnlichen Lage wie die USA befinden sich westeuropäische Länder wie Spanien, Großbritannien und Irland, in denen ebenfalls Hauspreisblasen geplatzt sind. Aufgrund der drastisch verschlechterten Haushaltslage sieht sich die Finanzpolitik in den meisten fortgeschrittenen Volkswirtschaften inzwischen gezwungen, auf einen Konsolidierungskurs umzuschwenken. In wichtigen Schwellenländern ist die wirtschaftliche Erholung bereits so weit fortgeschritten, dass die Wirtschaftspolitik inzwischen bemüht ist, eine konjunkturelle Überhitzung zu verhindern.
Die konjunkturelle Dynamik in den meisten fortgeschrittenen Volkswirtschaften wird im Prognosezeitraum nur noch gering sein. In den USA werden die Investitionen in Ausrüstungen zwar weiter von hohen Gewinnen und niedrigen Zinsen angeregt, und der Konsum bleibt moderat aufwärtsgerichtet. Ein kräftiger Aufschwung ist vorerst aber nicht in Sicht, weil die strukturellen Probleme fortbestehenden. Auch in der Europäischen Union bleibt die Erholung verhalten, vor allem aufgrund der dämpfenden Wirkungen der ausgeprägt restriktiven Finanzpolitik. In den meisten Schwellenländern bleibt das Expansionstempo zwar vergleichsweise hoch, es wird aber geringer sein als im ersten Halbjahr 2010. Da es also insgesamt nicht zu einem kräftigen weltwirtschaftlichen Aufschwung kommt, wird das Preisklima ruhig bleiben. Alles in allem dürfte die Weltproduktion in diesem Jahr um 3,7 % und im nächsten Jahr um 2,8 % expandieren. Der Welthandel wird 2010 im Vorjahresvergleich um 12 % zulegen. Nächstes Jahr dürfte der Anstieg 6,8 % betragen, was in etwa dem Durchschnitt der vergangenen zwei Jahrzehnte entspricht.