Ich habe zu einer ähnlichen Diskussion, nämlich "Selbständig mit Dönerbude" mal etwas gepostet und ich halte es nach wie vor für aktuell, darum noch mal:
Ich bin Firmenkundenbetreuer bei einer Bank, mit Fokus auf KMUs, dazu gehören auch Kleinstbetriebe aus der Gastronomie dazu, leider muss ich sagen. Generell haben wir bzw. ich mit kleinen Gastro Betrieben die größten Probleme gehabt innerhalb der Firmenkunden, daher gibt es nur noch Kredite, wenn sehr gute Sicherheiten und/oder Bürgschaften vorhanden sind, sonst gibt es bei uns noch nicht mal 1000 Euro Dispo.
Wie oben richtig beschrieben wurde, sind die Einstiegshürden sehr gering. Es gibt sehr viele Menschen, die nicht mal die Schule abgeschlossen geschweige einen Beruf erlernt haben, die es mal in der Gastro versuchen, weil sie da mal gejobbt haben. Daher ist die Quote der Gastro Betriebe die schon im ersten Jahr pleite gehen, extrem hoch.
Der Privatmann der hin und wieder essen geht, regt sich manchmal über die angeblich zu hohen Preise auf, obwohl die Gastro Preise in Deutschland eher noch günstig sind. Viele meinen, die müssten ja super verdienen. Dem ist aber nicht so.
Die Gastro Kunden die ich noch betreue und die noch nicht pleite sind, teilen sich in etwa wie folgt auf:
- 30% sind kurz vor der Pleite, laufende Pfändungen, oder gar schon eid. Versicherung abgegeben
- weitere knapp 30% schreiben sehr knapp die schwarze Null, haben hin und wieder mal Kontopfändungen. Häufig überleben diese Betriebe nur, weil Familienmitglieder ohne festen Lohn mithelfen und/oder der Inhaber sich quasi selbst ausbeutet mit 6 Tage Woche und 12-14 Stunden Tagen
- weitere 20% können immerhin davon leben. Haben quasi so wenige Kontopfändungen bzw. wegen Deckung geplatzter Lastschriften wie Otto Normal Angestellter. Einkommensituation in etwa vergleichbar mit Normalverdienern, nach allen Kosten und Steuern. Dafür aber meist 6 Tage Woche und häufig fast schon Selbstausbeutung. Heißt: mit normalem Job hätten viele von denen das selbe Einkommen bei weniger Stress
die Top 20%: diese teilen sich noch mal auf, in die oberen 10 und unteren 10.
Die unteren 10 leben recht gut, haben einen Netto Gewinn der beim ca. 1,5 fachen vom durchschnittlichen Netto hier in der Region liegt. Allerdings haben diese Leute keine staatliche RV und müssen aus ihrem Gewinn noch privat vorsorgen. Zumindest für Vorsorgeprodukte sind es brauchbare Kunden.
Top 10%: das sind die Spitzenverdiener, die nicht selten sogar Immobilien zur Anlage kaufen oder aber richtig schicke Immobilien mieten oder kaufen. Häufig sind das Betriebe, die schon sehr lange am Markt etabliert sind. Darunter ein 4 Sterne Hotel mit ausgezeichnetem Restaurant, aber auch ein Betrieb von dem man es nicht auf den ersten Blick erwarten würde, der aber über Masse sehr viel macht.
Das mal als Überblick. Zu Bedenken gebe ich eines mit: diese Verteilung stammt aus meiner Erfahrung von unserer Bank. Da wir aber potentielle Problemfälle aus der Gastro seit Jahren gar nicht mehr finanzieren, könnte das wahre Bild noch viel schlimmer sein. Also noch mehr Pleitekandidaten.
Generell ist der Gastro Markt in DE sehr schwierig. Meine Erfahrung ist, entweder ein Spitzenruf im absoluten Top Segement, oder aber sehr viel Masse bei optimierten Kosten und sehr optimiertem Vertrieb. Alles andere hat kaum eine Chance.
Zum Nachdenken: nicht umsonst sind die reichsten Deutschen die Aldi Familie, sowie die Familie um Herrn Schwarz, dem u.a. Lidl gehört, Discounter => Billig Essen.
In den 70ern hat mancher Gastarbeiter aus Italien noch ein Vermögen mit einer Pizzeria gemacht, weil es damals noch was besonderes war. Heute ist es Fast Food und mit einer 08/15 Pizzeria in einer ganz normalen Lage ist heute kaum noch wirklich was zu holen.
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