CESifo-Report zur European Economy 2006
Die hohen Leistungsbilanzdefizite der Vereinigten Staaten haben zu großen globalen Ungleichgewichten geführt. Eine Korrektur der Ungleichgewichte könnte zu einem anhaltenden Rückgang europäischer Exporte führen.
Weltwirtschaftliche Ungleichgewichte
Die außerordentlich hohen Leistungsbilanzdefizite der Vereinigten Staaten haben zu großen globalen Ungleichgewichten geführt. Dem Defizit der USA stehen Leistungsbilanzüberschüsse in Asien, der Öl exportierenden Länder und einiger europäischer Staaten gegenüber. Die Korrektur dieser weltweiten Ungleichgewichte wird eine erhebliche Abwertung der amerikanischen Währung erfordern, wobei das Ausmaß der Anpassung nicht genau abgeschätzt werden kann. Eine Korrektur der globalen Ungleichgewichte könnte zu einem anhaltenden Rückgang der Auslandsnachfrage nach europäischen Erzeugnissen sowie zu einem erhöhten Wettbewerb amerikanischer Firmen führen. Eine starke Abwertung des Dollars könnte durch die Wertminderung europäischer Dollaranleihen beträchtliche negative Vermögenseffekte verursachen.
Sollte eine starke Abwertung des Dollars mit einer Senkung der amerikanischen und weltweiten Produktion einhergehen, dann steigt das Risiko einer Finanzkrise. Unter den jetzigen Rahmenbedingungen der Geld- und Finanzpolitik wäre es schwierig, eine derartige Krise zu bewältigen, da die beträchtlichen staatlichen Budgetdefizite einiger großer EU-Länder keinen genügenden Handlungsspielraum für Reaktionen zulassen.
Wirtschaftswachstum in der Europäischen Union
Das Wachstum in den einzelnen EU-15 Ländern hat sich sehr unterschiedlich gestaltet. Während das Wirtschaftswachstum in Frankreich, Deutschland und Italien in den vergangenen Jahren schwach war, haben andere Länder bessere Ergebnisse erzielt. Erfolgreiche Länder wie Finnland, Irland, Schweden und Großbritannien haben stark auf neue Technologien, insbesondere im IT-Bereich, gesetzt, während Griechenland und Spanien sich auf traditionelle Kapitalakkumulation und erhöhten Arbeitseinsatz gestützt haben. Die Lissabon-Strategie, die sich auf die Rolle der Wissensgesellschaften konzentriert, sollte einen flexibleren Ansatz wählen. Technologisch führende Länder sollten weiterhin auf wissensbasiertes Wachstum abstellen. Andere Länder sollten sich in erster Linie auf die Akkumulation des traditionellen Faktors Kapital und auf die Erhöhung des Arbeitseinsatzes konzentrieren und die Hochtechnologielücke durch Technologietransfers schließen.
Zu den Schlüsselbereichen der Wachstumspolitik zählen Verbesserungen der Bildungs- und Ausbildungssysteme und des IT-Einsatzes, begleitet von Maßnahmen, die den Wettbewerb zwischen Unternehmen fördern. Darüber hinaus sind die Innovationsförderung und die Verbesserung unternehmerischer Aktivitäten in der EU für das Wirtschaftswachstum unabdingbar.