Herbstgutachten 2007 der führenden Wirtschaftsinstitute
DieWeltwirtschaft expandiert im Herbst 2007 immer noch kräftig, doch haben sich die konjunkturellen Risiken erhöht. Die durch die Immobilienkrise in den USA ausgelösten Probleme an den Finanzmärkten haben zu einer Neueinschätzung von Kreditrisiken geführt.
Herbstgutachten 2007 - DeutschlandDie deutsche Wirtschaft befindet sich nach wie vor in einem kräftigen Aufschwung. Allerdings wird die Konjunktur im laufenden Jahr durch mehrere Faktoren belastet. Die restriktive Finanzpolitik dämpft die Inlandsnachfrage, insbesondere den privaten Konsum erheblich. Hinzu kommen der erneute Anstieg des Ölpreises und die Aufwertung des Euro. Zudem bewirken die jüngsten Turbulenzen an den Finanzmärkten voraussichtlich einen weiteren Dämpfer für die Konjunktur. All dies trifft die deutsche Wirtschaft jedoch nicht in einer labilen Situation. Vielmehr haben sich die Fundamentalbedingungen spürbar gebessert. Spannungen, die in früheren Zyklen einen Abschwung oder gar eine Rezession ausgelöst haben, zeichnen sich bislang nicht ab, weder von Seiten der Löhne, als auch bei der Inflation. Daher ist eine ausgesprochen restriktive Geldpolitik unwahrscheinlich. Vor diesem Hintergrund wird die Expansion sich im Prognosezeitraum zwar verlangsamen. Der Aufschwung geht aber nicht zu Ende, sondern legt nur eine Pause ein.
Im ersten Halbjahr 2007 hat sich die Konjunktur gegenüber dem Vorjahr abgeschwächt. Ausschlaggebend war die Anhebung der Mehrwertsteuer. Sie dämpfte die Inlandsnachfrage, insbesondere die privaten Konsumausgaben beträchtlich, zumal Anschaffungen in das Jahr 2006 vorgezogen worden waren. Erst im zweiten Quartal weiteten die Verbraucher ihre Käufe wieder leicht aus. Auch die Wohnungsbauinvestitionen sanken nach der Steueranhebung erheblich. Gleichzeitig wurden die Exporte kaum noch ausgeweitet, weil die Industrieproduktion im Ausland etwas schwächer wuchs. Alles in allem nahm das reale Bruttoinlandsprodukt im Durchschnitt des ersten Halbjahrs 2007 mit einer laufenden Jahresrate von knapp 2 ½ % zu. Die Lage auf dem Arbeitsmarkt verbesserte sich dabei bis zuletzt, wenn auch nicht mehr so rasch wie im Winterhalbjahr. Die registrierte Arbeitslosigkeit bildete sich seit dem Frühjahr langsamer zurück; dennoch war die saisonbereinigte Arbeitslosenquote zuletzt mit 8,8 % um immerhin einen Prozentpunkt niedriger als am Ende des Vorjahres. Der Preisauftrieb hatte sich nach dem Schub durch die Mehrwertsteuererhöhung zunächst etwas beruhigt. In jüngster Zeit verteuerten sich jedoch insbesondere Energieprodukte und Nahrungsmittel deutlich, so dass die Inflationsrate im September 2,4 % betrug.
Trotz der konjunkturellen Abschwächung sind die Auftriebskräfte weiterhin intakt. Eine Reihe von Indikatoren, wie die kräftig gestiegen Käufe von Ausrüstungsgütern, die weiterhin zunehmende Nachfrage nach Industriegütern und der hohe Auftragsbestand sprechen dafür, dass die Konjunktur wieder Fahrt aufgenommen hat. Daran dürften auch die Finanzmarktturbulenzen vorerst nichts ändern. Kräftig expandiert im weiteren Verlauf dieses Jahres die Inlandsnachfrage, insbesondere die Ausrüstungsinvestitionen. Sie profitieren auch davon, dass Projekte im Hinblick auf die Verschlechterung der Abschreibungsregeln zu Beginn des Jahres 2008 vorgezogen werden. Zudem wird der private Konsum voraussichtlich stärker aufwärts gerichtet sein, da sich die Arbeitsmarktlage weiterhin verbessert und die verfügbaren Einkommen spürbar zunehmen. Die Impulse aus dem Ausland dürften sich etwas verstärken, da die Inlandsnachfrage im übrigen Euroraum sich beschleunigt. Alles in allem dürfte das reale Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2007 um 2,6 % steigen.
Im kommenden Jahr wird die gesamtwirtschaftliche Produktion in moderatem Tempo zunehmen. Vom Außenhandel ist ein geringerer Wachstumsbeitrag zu erwarten, da die Weltwirtschaft verlangsamt expandiert als in den Vorjahren und die Aufwertung des Euro den Exportanstieg bremst. Die Inlandsnachfrage wird die wesentliche Stütze der Konjunktur sein. Insbesondere werden die privaten Konsumausgaben spürbar expandieren, da die verfügbaren Einkommen deutlich zunehmen und die Finanzpolitik nicht mehr dämpft. Dagegen verlieren die Unternehmensinvestitionen wohl an Schwung. Zum einen ist dies ein Reflex auf das Vorziehen der Käufe in das Jahr 2007, zum anderen verschlechtern sich die Finanzierungsbedingungen etwas. Neben den zurückliegenden Zinsanhebungen der EZB ist hierfür maßgeblich, dass die Märkten als Folge der jüngsten Turbulenzen künftig wohl eine höhere Risikoprämie verlangen. Beeinträchtigt werden die Finanzierungsbedingungen auch durch rascher steigende Arbeitskosten. Für das Jahr 2008 ist mit einem Anstieg des realen Bruttoinlandsprodukts um 2,2% zu rechnen. Die Verlaufsrate verringert sich dabei auf 1,5 %, nach 2,3 % in diesem Jahr.
Die Arbeitslosigkeit dürfte im Verlauf von 2008 langsamer sinken als im Jahr 2007; sie dürfte sich im Jahresdurchschnitt 2008 auf reichlich 3,4 Millionen belaufen, nach knapp 3,8 Millionen in diesem Jahr. Der Preisauftrieb wird mit einer Rate von 2,0 % ähnlich hoch sein wie im Jahr 2007. Zwar wird die Inflationsrate dadurch gedrückt, dass die Anhebung der Mehrwertsteuer bereits vollständig überwälzt wurde; die anhaltend günstige Konjunktur vergrößert jedoch den Spielraum für Preisanhebungen, und der Ölpreis wird im Jahresdurchschnitt höher sein als 2007.
Abwärtsrisiken ergeben sich vor allem aus der Immobilienkrise in den USA und den dadurch ausgelösten Turbulenzen an den Finanzmärkten. Die vorliegende Prognose unterstellt einen glimpflichen Ausgang, wofür auch spricht, dass sich die Lage an den Finanz- und Devisenmärkten zuletzt entspannt hat. Neuerliche Überraschungen wie z.B. zusätzliche Verluste bei Haushalten und Unternehmen und daraus resultierende negative Reaktionen der Finanzmärkte sind jedoch nicht auszuschließen. Diese würden die Expansion in Deutschland spürbar dämpfen