Wer sich für ein duales Studium entscheidet, muss sich vorher bewusst sein, was ein duales Studium überhaupt bezwecken soll.
Primär dient ein duales Studium dazu möglichst schnell Fachkräfte für Unternehmen auszubilden. Ich glaube behaupten zu können, dass die meisten dual Studierenden mir zustimmen werden, wenn ich sage, dass ein duales Studium doch vielmehr eine Ausbildung ist - und kein Studium im Sinne des lateinischen Begriffs ?studere [nach etwas streben]?.
Warum ist das duale Studium kein Studium und folglich für Menschen, die studieren möchten nicht empfehlenswert? Hier einige Aspekte.
Die Studiendauer in Korrelation zur Studientiefe
An der Dualen Hochschule wird der Stoff in äußerst kurzer Zeit vermittelt. Betrachten wir diesen Aspekt einfach mal rein quantitativ am Beispiel des Studiengangs BWL-Industrie. Eine durchschnittliche Theoriephase dauert circa 12 Wochen (entnommen: 3.Semester / Jahrgang 2012). Davon entfallen rund 4 Wochen auf die Klausurvorbereitungszeit und die Klausurtage. Das bedeutet pro Semester beträgt die Vorlesungszeit durchschnittlich 8 Wochen, das macht insgesamt 48 Wochen. Das ist nicht mehr als ein Jahr!
Nun mögen die Verfechter des dualen Studiums erwidern, dass an einer Universität die aktive Vorlesungszeit auch eher knapp ausfällt ? in einem Studium geht es ja darum sich etwas selbst anzueignen. Dieser Einwand ist durchaus berechtigt. Das Problem besteht jedoch darin, dass keine Zeit für ein Selbststudium bleibt. In der Theoriephase bleibt absolut keine Zeit für ein Selbststudium, es sei denn man benötigt nur 4 Stunden Schlaf so wie Napoleon Bonaparte einst. In der Praxisphase ist man Arbeitnehmer eines Unternehmens mit mindestens einer 35-Stunden-Woche, oft einer 40-Stunden-Woche, wo bleibt da Zeit für ein Selbststudium?
Aber: Eine kurze Studiendauer muss ja nicht zwingend schlecht sein, wenn man in der kurzen Zeit die gleiche Menge bewältigt.
Meine Erfahrung ist jedoch, dass das einfach nicht der Fall ist, auch wenn man in der Theoriephase von morgens bis abends in den Vorlesungen sitzt! Besonders signifikant kann ich es an dem Fach ?Steuerlehre? erklären. In dem Studiengang BWL-Industrie, den ich belege wird das Fach nur einmal gelehrt, nämlich im dritten Semester. Im Grunde genommen haben wir in diesem Fach die Einkommenssteuer so behandelt, dass man lediglich in der Lage ist die eigene Einkommenserklärung auszufüllen. Diese Steuerkenntnisse kann man sich recht zügig in einem Crashkurs an der Volkshochschule aneignen, es scheint mir, dass dieser geringe Umfang eher zum Allgemeinwissen eines gebildeten Bürgers gehört und für einen betriebswirtschaftlichen Studenten eher die Grundlage der Grundlagen darstellen sollte.
Das duale Studium macht also Abstriche in jeder Hinsicht und ist ?wie oft propagiert- kompakt, kurz und schnell. Das soll es auch sein: wie zu Beginn erwähnt sollen Fachkräfte mit dem in der Praxis notwendigem Wissen ausgestattet werden, mit mehr nicht. Karriere kann man mit einem dualen Abschluss durchaus machen, siehe zum Beispiel Thomas Edig, Diplom-Betriebswirt der Berufsakademie und Vorstandsmitglied der Porsche AG. Nichtsdestotrotz sehe ich das duale Studium eher als Ausbildung in einem Unternehmen.
Schauen wir uns mal die Vorteile an, die auf der Homepage der DHBW erwähnt werden:
1.) Finanzielle Unabhängigkeit: Der Aspekt hat mit der Hochschule wenig zu tun.
2.) Hervorragende Ein- und Aufstiegschancen: Die hervorragenden Aufstiegschancen resultieren aus der Tatsache, dass duale Studenten bereits während des Studiums ein unternehmensinternes Netzwerk aufbauen können und mit der Materie vertraut sind. Sie sind kein Produkt der ?qualitativ hochwertigen? Vorlesungen der DHBW.
3.) Abwechslungsreiches Intensivstudium: Worin sieht man hier einen Vorteil? Ein Studium an der Universität ist genauso abwechslungsreich (man kann in den Semesterferien Praktika absolvieren), daher ist dieser Aspekt kein Vorteil der Dualen Hochschule.
4.) Hochqualifizierte Dozenten: Okay, das hört sich gut an.
5.) Intensive Betreuung: Die Organisation der DHBW ist genauso katastrophal wie an vielen anderen Hochschulen auch. Ich glaube, gleiche Meinungen lassen sich hier im Forum zu Genüge finden.
6.) Internationale Erfahrungen: Okay, das hört sich gut an.
Fazit: Wer schnell Geld verdienen möchte, tiefe Theorie schon immer öde fand und eine ?AusbildungPlus? absolvieren möchte, ist mit dem dualen Studium gut bedient.
Der Student, der studieren möchte, besucht Vorlesungen einer Universität.
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