Wirtschaftswissenschaft der Universität Tübingen wird 200 Jahre
Der Fachbereich Wirtschaftswissenschaft der Universität Tübingen wurde 1817 vor nahezu 200 Jahren als Staatswirtschaftliche Fakultät gegründet. Sie ist die älteste durchgehend bestehende wirtschaftswissenschaftliche Fakultät in Deutschland. Internationalität sowie die Einheit von Betriebswirtschaftslehre und Volkswirtschaftslehre zeichnen sie heute aus.

WiWi-Fakultät der Universität Tübingen wird 200 Jahre
Aus der Not geboren, wurde die wirtschaftswissenschaftliche Fakultät an Universität Tübingen. Durch „das Jahr ohne Sommer“ und aufgrund eines Vulkanausbruchs in Indonesien waren die Jahre 1815 bis 1818 dramatische Jahre im Land. Württemberg machte eine Wirtschaftskrise und Staatskrise durch, zu der eine ernste Agrarkrise hinzukam: Die Menschen wurden 1816 von Unwettern, Kälte und Schnee im Juni heimgesucht. Die Ernte missriet, Lebensmittel wurden unbezahlbar, die Bevölkerung hungerte.
Vor 200 Jahren im Jahr 1817 war daher die Geburtsstunde der Tübinger Wirtschaftswissenschaft. Per Dekret wurde die Staatswirtschaftliche Fakultät an Universität Tübingen gegründet. Es war eines der letzten Amtsgeschäfte, die der Staatsminister Freiherr Karl August von Wangenheim erledigte. Ihm, sowie dem bedeutenden Wirtschaftstheoretiker Friedrich List (*1789 in Reutlingen), lag die Gründung einer Staatswirtschaftlichen Fakultät als fünfte Fakultät der Universität Tübingen besonders am Herzen. König Wilhelm I gab seine Zustimmung. Hervorgegangen aus dem 1796 geschaffenen Lehrstuhl für Kameralistik an der Philosophischen Fakultät, erlangte die Staatswirtschaft mit der Fakultätsgründung die von Friedrich List angestrebte Bedeutung. Sie wurde mit fünf Lehrstühlen ausgestattet. 1820 waren 109 Studenten immatrikuliert. Seit 1817 wirkten an der Tübinger Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät und ihren Vorgängern über 200 Professoren und Dozenten der
- Wirtschaftswissenschaft,
- Staatswissenschaften,
- Rechtswissenschaft,
- Forstwissenschaft,
- Landwirtschaft,
- Geschichte und Soziologie.
Heute hat die Universität Tübingen somit die älteste durchgehend bestehende wirtschaftswissenschaftliche Fakultät in Deutschland. Am Fachbereich Wirtschaftswissenschaft der Universität Tübingen lehren 19 Professoren und 6 Juniorprofessoren bei rund 2000 Studierenden.
Der Fachbereich Wirtschaftswissenschaft im Überblick
- 19 Professuren und 6 Juniorprofessuren, 40 wissenschaftliche Kräfte
- rund 2000 Studierende
- mehr als 10 Bewerbungen pro Studienplatz im Master of Science
- Themenspektrum in Forschung und Lehre: ua. Bankwirtschaft, Finance, Marketing, Personal und Organisation, Wirtschaftsgeschichte, Empirischer Wirtschaftsforschung, Wirtschaftstheorie, International Business, internationale Rechnungslegung, etc.
- Internationalität: der Schwerpunkt Internationale Wirtschaftsbeziehungen prägt zahlreiche Lehrstühle und ist deutschlandweit einmalig
- Auslandstudium: Rund 2/3 der Studierenden verbringen ein Semester in einem von über 40 Ländern. Teile des Masterstudiums können an Spitzenuniversitäten in Asien und Afrika absolviert werden.
- Zweisprachigkeit: 50 Prozent der Master-of-Science-Programme können auf Englisch studiert werden.
- Honorar- und Gastprofessoren: u.a. Horst Köhler, Bundespräsident a. D., Jürgen Stark, ehemaliges Direktoriumsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB).
Die Lehrstühle am Fachbereich Wirtschaftswissenschaft
http://www.wiwi.uni-tuebingen.de/lehrstuehle.html
Zur Gründungshistorie vom Fachbereich Wirtschaftswissenschaft
Friedrich List, selbst als Amtsschreiber ausgebildet, kritisierte die teils als korrupt und inkompetent geltenden altwürttembergischen Amtsdiener. Sein Anliegen war, das agrarisch rückständige Königreich wirtschaftlich voranzubringen und den Verwaltungskräften eine entsprechende Ausbildung zukommen zu lassen. Die Regierung in Württemberg suchte Wege, um die Krise zu bewältigen. „Für List war bessere Bildung ein Programm zur Armutsbekämpfung“, erklärt der Tübinger Wirtschaftshistoriker Professor Jörg Baten. Zur Vermeidung von Ernte- und Hungerkrisen initiierte das Königspaar Wilhelm I. und Katharina Pawlowna im Jahr 1817 und 1818, neben der Gründung der staatwirtschaftlichen Fakultät an der Universität Tübingen, einen landwirtschaftlichen Vereins, die heutige Universität Hohenheim und zur Förderung landwirtschaftlicher Innovationen das Cannstatter Volksfest.