Jahresgutachten 2004/2005 vom Sachverständigenrat
Die Absatzerfolgen auf den ausländischen Märkten sind ein Beleg für das Wachstumspotential der deutschen Volkswirtschaft. Der Sachverständigenrat spricht sich für Studiengebühren und eine Bürgerversicherung aus
Bildungsreformen und Solidarpakt II
Dem Bildungssystem kommt für die langfristigen Wachstumschancen und die individuellen Einkommensund Beschäftigungsmöglichkeiten eine zentrale Bedeutung zu. International vergleichende Studien haben hier in Deutschland erhebliche Mängel aufgedeckt. Notwendig sind Reformmaßnahmen auf allen Ebenen des Schul- und Universitätssystems. So ist ein Ausbau eines kostenlosen, aber auch verpflichtenden Förder- und Betreuungsangebots bereits im Vorschulbereich geboten. Zur Sicherung eines flächendeckend hohen Leistungsniveaus im schulischen Bereich sind zentrale Leistungsstandards bei gleichzeitig mehr Autonomie für die einzelnen Schulen vordringlich. Im Hochschulbereich ist eine höhere Eigenbeteiligung der Studierenden über Studiengebühren geboten. Dies sollte von einem umfassenden Studienkreditprogramm flankiert werden.
Die anhaltend schwierige wirtschaftliche Situation in den neuen Bundesländern belastet das Wachstum in Deutschland seit geraumer Zeit. Patentrezepte, die eine durchgreifende und schnelle Besserung der Lage versprechen, gibt es nicht. Der gegenwärtig zentrale wirtschaftspolitische Ansatzpunkt besteht in der Ausgestaltung des im kommenden Jahr beginnenden Solidarpakts II. Notwendig ist hier eine investive Verwendung der zugesagten Mittel. Die bisherigen Erfahrungen im Rahmen des Solidarpakts I zeigen eine erhebliche Fehlverwendung in fast allen ostdeutschen Ländern. Vor diesem Hintergrund ist der Solidarpakt II so auszurichten, dass eine investive Mittelverwendung gewährleistet wird. Der Sachverständigenrat stellt hierfür Vorschläge zur Diskussion. Insbesondere sollte die Einschränkung der Mittelverwendung auf Infrastrukturinvestitionen zugunsten einer breiteren gewerblichen Investitionsförderung und gegebenenfalls einer Schuldentilgung gelockert werden.
Auf dem Arbeitsmarkt haben die Tarifvertragsparteien in diesem Jahr gemessen an der Produktivitätsentwicklung zurückhaltende Lohnsteigerungen vereinbart und zudem ein beachtliches Maß an Flexibilität bei der Lösung unternehmensspezifischer Probleme gezeigt. In diesem Zusammenhang macht auch Mehrarbeit ohne Lohnausgleich Sinn. Von einer generellen Arbeitszeitverlängerung ohne Lohnausgleich sollte man sich hingegen keine merkliche Erhöhung der Anzahl an Beschäftigten versprechen. Die in diesem Jahr diskutierte Einführung von Mindestlöhnen ist in Deutschland abzulehnen. Eine beschäftigungsfreundlichere Mindesteinkommenssicherung, wie sie mit dem Arbeitslosengeld II ab dem kommenden Jahr gegeben ist, stellt im Vergleich zu Mindestlöhnen das weitaus überlegene Instrument dar.
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