Seit ein paar Jahren gibt es diesen Hype um die "dritte industrielle Revolution". Es wird vorhergesagt, dass die EDV kurz davor steht, so intelligent zu werden, dass sie die meisten Routinearbeiten am PC ohne Zutun des Menschen erledigen kann. Büroberufe, die hohe Anteile an Routinetätigkeiten enthalten, sollen in den nächsten 10 Jahren oder so aussterben. Besonders häufig genannt in dem Zusammenhang sind die Berufe Steuerberater / Wirtschaftsprüfer.
Ich frage mich, ob die Journalisten bzw. Wissenschaftler, die das schreiben, überhaupt wissen, wie man in der Steuerberatung oder Prüfung arbeitet. Anscheinend wissen sie es nicht. Sie gehen nur von der Hypothese aus, dass wenn eine Berufsbild hohe Anteile an Routinearbeit vor dem PC beinhaltet, dass sich das schon irgendwie in den nächsten 10 Jahren durch Software automatisieren lassen wird. Die Theorie hängt also von einer völlig unbestätigten Hypothese ab und bricht in sich zusammen, wenn diese Hypothese sich nicht bewahrheitet.
Ich arbeite in dem Bereich und ich sehe das so, dass die heutige Software sowieso schon sehr viele Automatisierungsmöglichkeiten bietet. Das Problem ist nur, dass die Software alleine ohne den Menschen überhaupt nichts kann. Statt die Daten von Hand einzugeben, konfiguriert man an der Software herum. Klar ist das in vielen Fällen effizienter, aber eben nicht so viel effizienter, wie einem die Anbieter der Software das glauben machen wollen. Ändert sich mal was (es ändert sich ständig was), muss man die Software wieder neu konfigurieren. Wer macht das? Genau! Der Mitarbeiter.
Bisher habe ich wirklich nichts gesehen, was technisch eine Revolution in den nächsten 10 Jahren bringen könnte. Das ist alles kalter Kaffee, den es so schon vor 10 oder 20 Jahren gab, der heute nur durch das Internet häufiger genutzt wird bzw. mehr Beachtung bekommt. Die "intelligente" Software macht vom Konzept her nichts anderes, als große Datenmengen statistisch auszuwerten. Z. B. wenn eine Rechnung mit dem Logo von Obi in der Buchhaltung ist, dann wird der Betrag gegen das Konto "Baumaterial" gebucht. Das ist in 85% der Fälle so, aber eben nicht immer. Selbst wenn die Software für den Großteil der Geschäftsvorfälle auf diese Weise Buchungsvorschläge generieren kann, wird man immer noch einen Buchhalter brauchen, der das kontrolliert.
Ich glaube daher, dass dieses Gerede von der "dritten industriellen Revolution" nur ein Hype ist, mit dem sich bestimmte Software-Firmen interessant machen wollen. Sie müssen erst mal beweisen, dass "deep learning Algorithmen" usw. eine Revolution bringen und nicht nur die nächste kleine Evolutionsstufe von KI sind. Bisher gibt es keine konkreten Resultate!
Ich habe zu der Thematik auch mal einen Gegenartikel gelesen, der darlegt, dass wenn man LKWs alleine fahren lassen würde, nur noch Baxtor-Roboter in der Produktion einsetzen würde etc, dass das ökonomisch völlig ineffizient wäre, wenn man Platz, Zeit, Stromverbrauch, Anforderungen an die Infrastruktur etc. in die Rechnung einbeziehen würde. Bis jetzt ist das alles nur ein Hype und nichts weiter.
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