ADS? Autismus? Verpeiltheit? Oder doch geringer IQ?
Ich bin 23 und studiere an einer weltweit sehr bekannten Uni in den USA, davor Ingenieursabschluss aus sehr bekannter deutscher TH, Note „sehr gut“, Regelstudienzeit. Abi ebenfalls sehrgut. Obwohl ich auf dem Papier oft überzeugen kann, hat es etliche Situationen, ob einmalig oder dauerhaft, gegeben, wegen dieser ich mich sehr oft frage, was mit mir nicht stimmt:
- Ich habe praktisch in keiner Situation, wo ich mich in der „wirklichen“ Welt außerhalb der Uni beweisen musste, gut performt (Praktikum, Hiwi, Abschlussarbeit).
Ich hatte ein halbjähriges Praktikum bei einer technischen Abteilung eines sehr bekannten Industrieunternehmens. Ich habe dort praktisch nichts gelernt, es gab recht selten etwas für mich zu tun. Es lief ungefähr so ab: mein Betreuer gab mir einen Task ohne Deadline, ich wusste am Anfang nicht wo ich anfangen und was ich tun sollte, deswegen habe ich den Task so lange hinausgezögert wie ich konnte. Oft war es die Suche von irgendwelchen wissenschaftlichen Papers, ich hatte sehr wenig Motivation, ich glaube das hatte etwas damit zu tun, dass es zu einem Thema unendlich viele Paper geben kann, und die Wahrscheinlichkeit, dass ich die gesuchte Information irgendwo darin finde bzw diese aus der genau richtigen Kombination an Papers herausarbeite, verschwindend gering ist. Und selbst wenn ich sie fände, wäre ich nie stolz darauf, wie bspw nach dem Lösen eines schwierigen logischen Problems (Mathe, Physik etc.). Ich fühlte mich fast als litt ich unter dem Boreout-Syndrom.
Mein Betreuer kümmerte sich sehr selten um mich, Zwischenfeedback war gut (obwohl ich praktisch nichts gemacht hatte), irgendwann ist ihm aber meine flache Lernkurve aufgefallen…
Hiwi lief genau so ab, nur dass mein Betreuer wohl keinen Stress wollte und mir nie irgendwas zu meiner Leistung sagte. Ein Jahr lang. Tätigkeiten fand ich zugegeben genauso uninteressant wie im Praktikum.
Bei der Bachelorarbeit stritten wir uns mit meiner Betreuerin, da sie ziemlich fordernd war. Ich bemühte mich auch ihre Anweisungen zu verstehen, doch oft klappte es erst beim zweiten, dritten Versuch, und das ging ihr auf die Nerven. Für sie lag es ausschließlich nur an mangelnder Motivation und Konzentration, ich erklärte ihr, dass ich auf beides selbst keinen Einfluss habe und ich wahrscheinlich nur zu dumm bin, was auch nicht meine Schuld ist. Nach einem heftigen Streit war ich die folgenden Tage nur noch nervös, machte deswegen mehr Fehler, welche zu noch mehr Nervosität führten, welche zu noch mehr Fehler führten usw.
Klar, mich motiviert Forschung einfach nicht. Das tut sie aber auch bei vielen nicht, und trotzdem war keiner den ich kannte so schlecht wie ich. Es hat vielleicht damit was zu tun, dass ich keine Motivation habe, Wissen in Form unstrukturierter, auswendig gelernter Begriffe und Abläufe ohne offensichtlichen streng logischen Zusammenhang zu erlangen, einfach weil ich das Wissen dann nirgendwo anders anwenden kann. Es gibt auch kein klares Ziel worauf man hinarbeiten kann, wie eine 1.0 zum Beispiel. Mir haben im Studium nur die Grundlagenfächer Spaß gemacht, wo man nichts auswendig lernen und Probleme lösen musste, die wie kleine Rätsel aussahen, quasi auf reiner Logik basierten. Der Rest machte einfach keinen Spaß, lernte quasi ausschließlich wegen der Note.
- Ich funktioniere in Teams nicht. Das ist für mich sehr schlimm, vor allem weil mein Traumjob Unternehmensberater ist. Mein Traum ist es auch in Harvard einen MBA zu machen, da muss ich Führungserfahrung vorweisen können, wie soll ich das machen wenn ich nicht mal in Teams als normales Mitglied funktioniere?
Das habe ich gerade jetzt in den USA vor allem gemerkt, da es zahlreiche Teamprojekte gab. Bei den Projekten war ich quasi der einzige, der nicht sofort verstand, was wir machen mussten. Und falls ja, kann ich nur zu kleinen Sachen bzw. Routinetätigkeiten beitragen, weil ich z. B. CAD und Design überhaupt nicht kann. Generell kann ich nicht behaupten, dass ich im Studium irgendeine Software gelernt habe zu beherrschen oder irgendwelche relevanten Ingenieurskenntnisse/Interessen habe, hab quasi nur das Wissen aus dem Studium für eine sehr gute Note aufgenommen, 2 Wochen nach der Klausur wieder vergessen.
Das Problem ist, dass ich auch in Diskussionen meistens der bin, der am leisesten ist. Ich sage selten mal was, einfach weil ich mich unheimlich bemühe, das Besprochene zu verstehen und mich zu konzentrieren (wobei beides zusammenhängt, wenn ich einige Punkte nicht verstehe komme ich weiterhin nicht mit, und dann schweift die Konzentration ab). Ich kann mich praktisch nie daran erinnern, etwas wirklich einleuchtendes zu einer Diskussion beigetragen zu haben, meistens versuche ich, Fragen zu stellen, die nicht allzu peinlich sind und ich böse Blicke ernte (weil ich offensichtlich nicht alles verstanden habe), oder Sachen zu sagen, die richtig sind, aber diese offensichtlich jedem klar sind (heißt ich sage sie nur, um Mitarbeit zu demonstrieren). Es geht entweder um recht technische Themen (wo ich keine Ahnung habe bzw nicht so viel Ahnung und Intuition wie der Rest) oder um Sachen zwar, genauso wie ich, keiner Ahnung hat, jedoch alle komischerweise viel schneller Ideen Brainstormen sowie Pläne vorweisen können als ich. Bei beiden Situationen herrscht also die Angst, etwas falsches zu sagen.
Hab mittlerweile das Gefühl, dass keiner wirklich mit mir zusammenarbeiten will. Ich verstehe das Projekt quasi nur vollständig, wenn ich mir im Nachhinein den Bericht sorgfältig durchlese.
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Ich hab bei Vorlesungen, Vorträgen etc. Konzentrationsprobleme, passe also nach gefühlt 10 min nicht mehr auf. Das war schon seit der Schule im Unterricht so. Im Grundstudium ging das ziemlich gut, da Besuche von Veranstaltungen freiwillig waren und ich nichts besucht habe (heißt alles zu Hause gelernt). Jetzt in den USA muss man hin, und das ist enorme Zeitverschwendung. Erstens interessieren mich die Sachen nicht, zweitens, selbst wenn sie mich interessierten, erzählen die Professoren die Sachen auf eine so unstrukturierte und zusammenhangslose Art und Weise, dass ich wieder den Faden verliere und nichts verstehe. Da es keine Grundlagenfächer mehr sind und ich grundsätzlich kein Interesse mehr an Ingenieurssachen habe (und ich keine Intuition für diese entwickeln konnte), macht das Lernen auch keinen Spaß mehr, und die Leistungen sind auch nicht so exzellent wie vorher (zum Glück werden die Noten hier hinterhergeschmissen, man zahlt ja).
- Ich habe generell keine große Neugier, keine wirklichen Interessen mehr (vielleicht finden mich viele deswegen langweilig). Das einzige was ich will, ist mal viel Geld zu verdienen, und habe seit einiger Zeit mein Leben daran ausgerichtet. Deswegen entwickelte sich wahrscheinlich in meinem Unterbewusstsein der Anschein, Hobbies wären Zeitverschwendung (auch wenn ich seit ein paar Monaten wieder Sport angefangen habe).
Meine Motivation, Unternehmensberater zu werden, lag am Anfang auch nur im Geld, mittlerweile könnte ich mir aber schon vorstellen, dass die generelle Vorgehensweise Spaß macht (Cases, also das strikt logische, rigorose strukturieren von unbekannten Problemen, ohne Vorwissen aus der jeweiligen Industrie, machen Spaß). Hab auch zwei Interviews bei Top-Beratungen bekommen, bei beiden wurde es leider nichts.
Ich habe erst mit 21 angefangen, mich für das Weltgeschehen zu informieren (durch das Lesen von Online-Artikeln). Ein Jahr lang 3 Artikel pro Tag, mittlerweile etwa 5. Davor kam ich mir quasi dumm und ungebildet vor. Nicht, dass jetzt davon vieles hängen bleibt (es interessiert mich nicht wirklich), jedoch kann ich in solchen Gesprächen zumindest mitwirken oder diese zumindest verstehen. Dies liegt vielleicht aber auch daran, dass ich relativ langsam und sehr ungerne Text lese (also ohne Zahlen, Formeln, strikt logische Zusammenhänge etc.)
Ich war schon bei Psychologen, keiner half.
- Könnte ich ADS haben, vielleicht Autismus?
- Bin ich einfach zu dumm oder verpeilt, um auf dieser Welt erfolgreich zu werden?