Mit Brexit hat das denke ich wenig zu tun. Das ist eine Entwicklung, die schon seit vielen Jahren läuft. Stichwort Finanzkrise und Regulierung einseits. Stichwort Digitalisierung andererseits.
Viele Jobs fallen einfach über die Jahre weg. Wie viele klassische Händler gibt es noch? Nicht alles erledigen Algos, aber seit dem Eigenhandel teuer oder unmöglich wurde, die Margen gesunken sind usw. gibt es da einfach immer weniger Jobs.
Ebenso in Sachen Vermögensverwaltung. Den Jobs die im Fondsmanagement durch Digitalisierung, ETFs und Co weggefallen sind, stehen nur recht wenige bei Indexanbietern gegenüber.
Analyse und Research? Zu teuer. Meist gehts da nur noch drum bunte Bildchen fürs Sales zu generieren. Das Schicksal der DB Research ist beispielhaft.
Wo im Gegenzug tatsächlich Jobs entsanden sind, ist Risikocontrolling, Compliance und alles was mit Recht zu tun hat.
Meiner Meinung nach wird sich das noch verschärfen. Wir befinden uns vielleicht auf halber Strecke. So lange dieser Wandel im Finanzsektor anhält boomen aber Beratungsbutzen.
Der Finance-BWLer wirds jedenfalls schwerer haben als früher. Er konurriert heute in vielen Bereichen mit Physikern und Mathematiker, wo er vor zehn oder 20 Jahren allenfalls mit Volkswirten konurrierte, die traditionelle quantitativer ausgebildet waren.
Etwas Off-Topic:
Ich beobachte (aber sehr subjektiv) auch einen Downshift der Einstiegsgehälter für BWL-Bachelor im Financebereich. Weniger ein aktives kürzen der Gehälter (das gibts aber auch), als mehr, dass es in den vergangenen Jahren kaum Erhöhungen gab. Fehlende 2,5 % p.a. läppern sich über fast zehn Jahre Finanzkrise eben.
Der bedeutendere Trend in Sachen Gehalt ist aber, dass Bachelor auf Stellen gesetzt werden, die Anfang der 2000er noch Azubis nach der Ausbildung gemacht haben. Das Gehalt ist dann entsprechend. Das heißt nicht, dass es dramatisch schlecht bezahlt wäre! Aber eben in Bereichen von 30-40k. Das ist ein Segment, das sagen wir 2005 (damals entsprach das vllt 24-32k) kaum von einem Akademiker angenommen worden wäre und auf das man sich auch gar nicht beworben hätte, weil es nicht für Akademiker ausgeschrieben war.
Wenn man lange genug hier im Forum dabei ist und gelernt hat zwischen einigem Unsinn und verzerrten Darstellungen die "Wahrheit" (zumindest grob) herauszulesen, dann meine ich auch, dass man das im Forum ablesen kann.
2006 hat man hier schon über Einstiegsgehälter mit Diplom von um 45k geredet. Mit "um" meine ich 41-50k.
Zehn Jahre später reden wir, nach meinem Eindruck, vllt über 47k mit einer Streuung von 43-55k. Also eine Steigerung von unter 5% über zehn Jahre. Es gibt aber auch, nach meinem Eindruck vermehrt, Ausreißer nach oben. 57k oder 60k sind durchaus drin bei einem namhaften Traineeprogramm. (Ich rede nie von den paar, die damals oder heute deutlich drüber lagen, wie ich auch die raus lasse, die nichts finden oder nur für sehr sehr wenig).
These: Die Stellen, die damals wie heute für Akademiker gedacht sind (nicht dem Abschluss nach, sondern den Aufgaben nach), haben in der Lohnentwicklung durchaus partizipiert und die 2,5% p.a. mitgemacht. Einstiegsgehalt heute knapp unter 60k.
Die Anzahl dieser Stellen in Relation zu allen Stellen, die heute von "Akademikern" besetzt werden (also auch Bachelor or irgendwas), ist aber kleiner geworden. Nicht, weil es absolut weniger solcher Stellen gäbe, sondern weil der Pool aller Stellen für solche Leute größer wurde. Es gibt ja auch deutlich mehr "Akademiker".
Das ist nur eine persönliche Beobachtung und ein Eindruck. Kein Anspruch auf Wahrheit :) Was meint ihr dazu? Gibts andere alte Hasen hier im Forum, die das auch so sehen?
antworten