Europa ist wirtschaftlich zweigeteilt
Während vor allem die nördlichen und östlichen Staaten auf eine Erholung zusteuern, steht den Krisenländern im Süden und Westen ein weiteres hartes Jahr bevor. Das sind Ergebnisse des GfK Konsumklima Europa und USA.
Nürnberg, 24. April 2013 Die hohe Arbeitslosigkeit und das weiterhin rückläufige Wirtschaftswachstum vor allem in den südeuropäischen Krisenländern belasten die wirtschaftliche Entwicklung in der EU weiterhin. Während vor allem die nördlichen und östlichen Staaten auf eine Erholung zusteuern, steht den Krisenländern im Süden und Westen ein weiteres hartes Jahr bevor. Das sind Ergebnisse des GfK Konsumklima Europa und USA, das einen Überblick über die Entwicklung von Konjunktur- und Einkommenserwartung sowie der Anschaffungsneigung der Konsumenten in zwölf europäischen Staaten sowie den USA gibt.
Die Angst vor einem Wiederaufflammen der Finanz- und Schuldenkrise ist mit Macht nach Europa zurückgekehrt. In Griechenland lähmen erneut massive Streiks die Wirtschaft. Portugal meldet, dass es seine Sparziele nicht erreichen wird. Zypern konnte im letzten Moment eine Pleite nur mit massiver Hilfe von außen abwenden. Und die Politik in Italien steht nach den aktuellen Wahlen vor einem Patt und Neuwahlen. Wann und vor allem ob dort eine stabile Regierungsbildung möglich ist, steht derzeit in den Sternen.
Europa trägt schwer an den verschiedenen Krisen. Die Arbeitslosigkeit ist im März auf den höchsten Wert seit der Einführung des Euro gestiegen und bleibt damit das größte Problem Europas: 19 Millionen Menschen haben keinen Job. Das ist eine Quote von 12,0 Prozent. Doch die Schere klafft gewaltig auseinander: Während in Griechenland und Spanien ein Viertel der Bevölkerung ohne Job ist, sind es in Österreich oder Luxemburg beispielsweise lediglich etwas mehr als 5 Prozent. Doch für die hohe Arbeitslosigkeit und die Verschuldung sind nicht allein die einzelnen Staaten verantwortlich. Auch die Unternehmen in den Krisenländern sind massiv überschuldet. In Spanien haben die Unternehmen Schulden in Höhe von 186 Prozent des Bruttoinlandsprodukts angehäuft. In Portugal sind es 158 Prozent, in Frankreich 134 Prozent, in Irland sogar 289 Prozent. Unternehmen mit solch hohen Schulden können jedoch auch nicht investieren, kein neues Wachstum generieren und keine neuen Jobs schaffen. Demnach müssen nicht nur die Staatshaushalte saniert werden. Auch die Unternehmen müssen alles in ihrer Macht stehende tun, um wieder liquide zu werden.
USA: Amerikaner trotzt Kürzungen optimistischer
Den USA stehen nach den gescheiterten Verhandlungen im Haushaltsstreit, dem so genannten Seqeuster, drastische Kürzungen bevor. Allein in diesem Jahr muss das Land 85 Milliarden Dollar (rund 65 Milliarden Euro) weniger ausgeben. Nahezu alle Ressorts müssen ihre Budgets um bis zu 8 Prozent kürzen. Experten sehen dadurch hunderttausende Arbeitsplätze in Gefahr. Der ohnehin langsame Aufschwung der amerikanischen Wirtschaft nach der schweren Wirtschaftskrise 2008/2009 dürfte dadurch gebremst werden. Auch im öffentlichen Leben werden sich Auswirkungen zeigen: An Flughäfen und bei Behörden drohen lange Warteschlangen, Nationalparks müssen möglicherweise teilweise oder ganz schließen. In den Schulen könnten tausende Lehrerstellen wegfallen. Allerdings werden die Folgen erst im Laufe der Zeit sichtbar werden.
Im März hat sich der Sequester bereits in Form von weniger neuen Stellen in der Privatwirtschaft bemerkbar gemacht. Gab es im Februar noch 237.000 neue Stellen, waren es im März nur noch 158.000. Experten hatten mit 198.000 neuen Jobs gerechnet. Analysten erwarten auch für die nächsten sechs bis neun Monate rückläufige Zahlen auf dem Arbeitsmarkt. Zwar konnte der Kongress einige besonders harte Punkte der Kürzungen deutlich abmildern. Experten rechnen dennoch damit, dass das Wirtschaftswachstum in diesem Jahr aufgrund des Sequesters um 0,5 bis 0,6 Prozent geringer ausfallen könnte als ursprünglich prognostiziert.
Der Sequester wurde im Jahr 2011 eigentlich als Strafmaßnahme beschlossen, damit sich Abgeordnetenhaus und Kongress im Haushaltsstreit sowie bei der Bekämpfung des Staatsdefizits auf Lösungen einigen. Aktuell musste der Kongress bis zum 27. März einen zeitlich befristeten Budgetplan verlängern, damit der Bund seine Rechnungen weiterhin bezahlen kann. Spätestens bis zum 19. Mai muss zudem die Schuldengrenze des Landes erhöht werden. Ansonsten droht ein Staatsbankrott. Die Haushaltsprobleme sind in erster Linie durch aufgelaufene Renten-, Pensions- und sonstige Altersversorgungsansprüche verursacht, durch die Bundesstaaten, Städte und Gemeinden die Zahlungsunfähigkeit droht. Die Amerikaner scheinen langsam zu realisieren, dass die 85 Milliarden Dollar Einsparungen des Sequesters im Vergleich zu den langfristigen Budgetproblemen, die auf das Land zukommen, Peanuts sind. Trotz dieser Schwierigkeiten hat der Optimismus der Amerikaner jedoch zugenommen. Im Februar wurden beispielsweise so viele Häuser gebaut wie seit mehr als vier Jahren nicht mehr. Und der private Konsum lag im Februar auf dem höchsten Wert seit fünf Monaten.
Konjunkturerwartung: -2,1 Punkte Durchschnitt: +12,9 Punkte
Einkommenserwartung: +3,6 Punkte Durchschnitt: +17,7 Punkte
Anschaffungsneigung: -7,1 Punkte Durchschnitt: -5,5 Punkte
Deutschland: spürt weltweite Rezession
Die Schwäche im Euro-Raum macht auch der deutschen Wirtschaft zu schaffen. Ein Minus von 0,6 Prozent im letzten Quartal 2012 ist der bisherige Tiefpunkt. Die Wirtschaft hierzulande wächst langsamer als bislang angenommen. Die Wachstumsprognose für 2013 beträgt derzeit zwischen 0,5 Prozent und 0,8 Prozent des Bruttoinlandprodukts. Damit kann sich die stabile deutsche Konjunktur nicht länger völlig von der Rezession im Euro-Raum sowie dem weltweiten Abschwung abkoppeln. Allerdings sind die Rahmenbedingungen im Land selbst weiterhin sehr gut. Die Regierung setzt ihren Kurs der konsequenten Haushaltskonsolidierung weiter fort. Im Jahr 2015 sollen keine neuen Schulden mehr aufgenommen werden. Die Arbeitslosigkeit liegt auf einem historisch niedrigen Stand von 5,3 Prozent. Die Jugendarbeitslosigkeit ist mit 7,9 Prozent eine der niedrigsten in Europa. Und die Arbeitnehmer rechnen weiter mit steigenden Löhnen und Gehältern. Darauf lassen die ersten Tarifverhandlungen in diesem Jahr schließen.Konjunkturerwartung: 0,6 Punkte
Einkommenserwartung: 29,4 Punkte
Anschaffungsneigung: 36,2 Punkte
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