Griechenland-Krise: Ökonomen zu Grexit, Referendum und Staatspleite
In Griechenland sind die Banken geschlossen und das Land steuert auf ein Referendum zu. Die IWF-Rate wurde nicht bedient und Griechenland steht damit vor dem Ende des Hilfsprogramms und der Staatspleite. Viele Ökonomen sehen den Grexit, ein Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone, kommen.
Stellungnahme von ZEW-Präsident Fuest
Referendum über das Kredit- und Reformprogramm in Griechenland
Wenn Fristverlängerung für ein Referendum, dann nur mit Kapitalverkehrskontrollen in Griechenland ab Montag; diese Ansicht vertritt Prof. Dr. Clemens Fuest in einer Erklärung zur Absicht des griechischen Ministerpräsidenten Tsipras, am 5. Juli 2015 ein Referendum über das Kredit- und Reformprogramm in Griechenland durchzuführen.
"Die Ankündigung eines Referendums am 5. Juli 2015, in dem über Annahme oder Ablehnung des Kredit- und Reformprogramms für Griechenland entschieden werden soll, wird den Run auf die Banken in Griechenland dramatisch verschärfen. Ohne Kapitalverkehrskontrollen wird die EZB am Montag vor der Wahl stehen, einen Zusammenbruch der griechischen Banken hinzunehmen oder die ELA-Kredite an die Banken weiter auszudehnen. Eine Ausdehnung der ELA-Kredite würde die Kosten eines Grexit für die Steuerzahler in Europa weiter in die Höhe schrauben. Während die griechischen Bankkunden ihr Geld abheben oder ins Ausland überweisen, ersetzt die EZB die Abflüsse mit ELA-Krediten.
Die Ausdehnung der ELA-Kredite macht es für die Griechen außerdem attraktiver, für einen Grexit zu stimmen. Denn bei einem Verbleib im Euro müssen sie die ELA-Kredite in Euro zurückzahlen. Bei einem Austritt können sie sich darauf berufen, dass sie allenfalls einen kleineren Betrag in Drachme zahlen können, die griechischen Bankkunden behalten aber die jetzt abgehobenen und ins Ausland verschickten Euro. Nur mit Kapitalverkehrskontrollen ab Montag kann Griechenland bis zum 5. Juli Zeit gewährt werden, ein Referendum über das Rettungsprogramm abzuhalten.
Wenn die griechische Bevölkerung sich im Falle eines Referendums gegen die Reformauflagen ausspricht, bedeutet das mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Grexit. Ein Verbleib in der Eurozone wäre nur möglich, wenn die Gläubiger einem Schuldenerlass für Griechenland zustimmen und die griechischen Banken ohne Hilfen von außen saniert werden, vor allem durch einen Verzicht der Bankkunden auf einen Teil ihrer Einlagen. Das ist aber praktisch nicht umsetzbar."
DIHK-Präsident Eric Schweitzer zur Lage in Griechenland
"Die Tür nach Europa ist nicht verriegelt"
Die Eskalation der Griechenland-Krise hat Eric Schweitzer, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), mit großem Bedauern kommentiert.
DIHK-Präsident Dr. Eric Schweitzer, Foto: Thomas Kierok
Schweitzer: "Leider hat die griechische Regierung die Tür zu einer Lösung krachend zugeschlagen. Gut ist, dass die Euro-Länder zugleich Griechenland weiter eine europäische Perspektive offen halten: Die Tür ist nicht verriegelt, der Vorschlag der Euro-Gruppe liegt weiter auf dem Tisch.
Für die Menschen und Unternehmen in Griechenland beginnt eine noch schwierigere Phase. Gerade auch die Unternehmen werden unter den Einschränkungen des Kapitalverkehrs leiden, ein normales wirtschaftliches Leben ist kaum möglich in dieser Phase der absoluten Unsicherheit.
Im Moment helfen wir aus Deutschland heraus am ehesten, wenn wir versuchen, die Geschäftsbeziehungen zu griechischen Partnern aufrecht zu erhalten und auch weiterhin als Touristen nach Griechenland reisen.
Eine neue Perspektive für das Land setzt jedoch voraus, dass die politische Elite Griechenlands bald die zugeschlagene Tür in Richtung Europa wieder.