Frühjahrsgutachten 2010 der Wirtschaftsforschungsinstitute
Im Frühjahr 2010 schreitet die Erholung der Weltwirtschaft voran, die Finanz- und Wirtschaftskrise der Jahre 2008 und 2009 wird allmählich überwunden. Allerdings ist das Tempo der Expansion in den einzelnen Weltregionen sehr unterschiedlich.
Frühjahrsgutachten 2010 der WirtschaftsforschungsinstituteMünchen, 22.04.2010 (ifo) - Im Frühjahr 2010 schreitet die Erholung derWeltwirtschaft voran, die Finanz- und Wirtschaftskrise der Jahre 2008 und 2009 wird allmählich überwunden. Allerdings ist das Tempo der Expansion in den einzelnen Weltregionen sehr unterschiedlich. In einigen Schwellenländern, vor allem in Asien, ist es ausgesprochen hoch, und vereinzelt besteht sogar die Gefahr einer konjunkturellen Überhitzung. Dagegen ist in den Industrieländern dieAuslastung der gesamtwirtschaftlichen Kapazitäten weiterhin gering. Hier hat sich die Erholung noch nicht gefestigt, sondern wird nach wie vor maßgeblich von der expansiven Wirtschaftspolitik getragen. Von der verhältnismäßig frühen und kräftigen Erholung von Produktion und Nachfrage in den asiatischen Schwellenländern gingen im Jahr 2009 spürbare Impulse auf die Industrieländer aus, deren reale Außenbeiträge auch deshalb merklich stiegen.Zwar war es auch in den Schwellenländern im Herbst 2008 zu einem Einbruch der Produktion gekommen, der teilweise sogar ausgesprochen heftig ausfiel. Doch zeigt sich nun, dass die Auswirkungen der Finanzkrise den mittelfristigen Wachstumspfad aufgrund zumeist solider Finanzsektoren und eines allgemein günstigen makroökonomischen Umfeldes in den Schwellenländern insgesamt offenbar nur wenig verändert haben. Insofern kann durchaus von einer Abkopplung wichtiger Schwellenländer von der Entwicklung in den Industrieländern gesprochen werden.
Denn in den Industrieländern sind immer noch die Nachwehen der Finanzkrise spürbar. Die Situation an den Finanzmärkten in Europa und in den USA, die sich im Sommerhalbjahr 2009 deutlich entspannt hatte, hat sich seither nur noch wenig verbessert; nennenswerte Anregungen gehen von dieser Seite zur Zeit nicht aus. Zudem mehren sich an en Finanzmärkten inzwischen Sorgen um die Staatsfinanzen. Die Finanzinvestoren sehen derzeit zwar nur für einzelne, zumeist kleinere Länder erhebliche Insolvenzrisiken. Doch nimmt die Staatsverschuldung gegenwärtig fast überall stark zu, und so muss dieWirtschaftspolitik in den Industrieländern auf mittlere Sicht im Zeichen der Haushaltskonsolidierung stehen. Die Folgen der Finanzkrise dämpfen wohl noch einige Zeit die Ausgabebereitschaft der privaten Haushalte und der Unternehmen, besonders dort, wo der Finanz- und der Immobiliensektor in eine strukturelle Krise geraten sind. Aber auch in Ländern, die wie Japan oder Deutschland in der Krise vor allem durch das Wegbrechen der Exporte betroffen waren, dürfte sich die Produktion nur langsam von den im Zuge der Krise erlittenen schweren Einbußen erholen.
So wird die konjunkturelle Dynamik in den Industrieländern in diesem und im nächsten Jahr voraussichtlich gering sein. Bei der verhaltenen wirtschaftlichen Expansion wird sich die Lage am Arbeitsmarkt nur sehr allmählich bessern. In den USA bleibt die Konjunktur in der Grundtendenz im Prognosezeitraum zwar aufwärts gerichtet, doch wird sich die wirtschaftliche Expansion nach der kräftigen Ausweitung im zweiten Halbjahr des vergangenen Jahres zunächst spürbar verlangsamen. Der Euroraum wird wohl auch in diesem und im nächsten Jahr ein konjunktureller Nachzügler sein; einige Länder, in denen die desolate Lage der öffentlichen Finanzen die Regierungen zu einem scharfen Konsolidierungskurs zwingt, werden sogar in der Rezession verharren. Recht kräftig bleibt hingegen voraussichtlich diewirtschaftliche Expansion in den Schwellenländern. Alles in allem wird dieWeltproduktion 2010 um 2,9%und 2011 um2,7 % zunehmen. Der Welthandel wird im Verlauf dieses Jahres und im nächsten Jahr mit einer Rate von voraussichtlich 6 ½ % in etwa so rasch steigen wie im längerfristigen Mittel. Das Preisklima dürfte bei alledem ausgesprochen ruhig bleiben, wenngleich die Inflationsraten infolge der gestiegenen Ölpreise 2010 etwas höher ausfallen werden als im vergangenen Jahr.
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