Mit 31 BWL Studium starten, wie sieht's aus? (Dringend!)
Hey Leute! Ich stehe vor einer sehr schwierigen Entscheidung. Erstmal zu mir: Ich habe 2013 mit 23 mein Fachabi mit Schwerpunkt auf Kunst, Gestaltung und digitale Medien abgeschlossen (2,1 Schnitt), im Anschluss eine Ausbildung zum Croupier für American Roulette gemacht und in dem Beruf 1 Jahr gearbeitet (erste halbe Jahr Teilzeit, zweite in Vollzeit). Dann hat mich eine Krankheit getroffen - Überlastung der Arme - konnte dem Job nicht mehr nachgehen, das ganze hat tatsächlich 3 Jahre von 2015-2019 angehalten. In der Zeit war ich Krankgeschrieben und nicht Arbeitsfähig, da jede Tätigkeit die meine Hände/Arme beansprucht meinen ganzen Körper praktisch nach 2 Stunden voll unter Strom gestellt hat.
Ich hab die Zeit Zuhause trotzdem sinnvoll nutzen wollen und so entschied ich mich zu einem Selbststudium der Musikproduktion so dass ich mir das immer nach meinem Befinden selbst einteilen konnte. Ich lernte wie man Musik nach modernen Standards komponiert, Musiktheorie/Harmonielehre, wie man am Synthesizer selber Sounds und digitale Instrumente baut und ebenfalls wie man Produktionen technisch dann aufbereitet (Mixing und Mastering). Ich bin ziemlich gut auf meinem Feld, fing dann auch seit 2017 an, digitale kleine Produkte zu verkaufen und hab inzwischen auch meinen ersten Online-Kurs oben, wie man Sounds entwickelt, der einen sehr guten Start hingelegt hat. Also im Grunde ein kleines Sidebusiness, eine Teilselbstständigkeit, mit Potential nach oben.
Inzwischen sind meine Arme wieder ausgeheilt und ich stehe vor der Wahl, meinen ursprünglichen Wunsch zu studieren jetzt wahrzumachen, habe auch ein Angebot für BWL vorliegen, das ich bis morgen annehmen müsste. Nach umfassender Recherche ergeben sich bei mir einige Konflikte bezüglich der Sinnhaftigkeit, allen voran folgende:
Wenn man den Beiträgen hier im Forum glauben mag, dann kommen die meisten BWler in irgendwelchen "0815 Sachbearbeiterstellen" unter, für die "ein Studium gar nicht notwendig gewesen wäre". Sprich also, viele Berufe sollen kognitiv nicht besonders fordernd sein.
Gleichzeitig liest man dort aber auch wenn sich Mal einer im Forum meldet der mit 30 studieren will, dass er praktisch gar nicht erst anfangen braucht, da er für den Arbeitsmarkt aufgrund seines "hohen Alters" unattraktiv sein wird bei Abschluss, und entweder mit jüngeren und gleicher Erfahrung oder älteren mit berufsrelevanter Erfahrung konkurriert.
Was mich etwas stutzig macht, denn wenn die meisten Berufe sowieso so simpel sind wie sie beschrieben werden, dann kann sich da scheinbar jeder mit durchschnittlichem Intellekt innerhalb weniger Wochen einarbeiten und dann sollte es eigentlich keine Rolle spielen ob der Absolvent die letzten 10 Jahre Tiefseetaucher oder Versicherungskaufmann war; jedenfalls ergibt sich für mich nicht warum das so einen großen Unterschied machen sollte, wenn die Stelle dann sowieso von vielen als "langweilig" betrachtet werden würde und man keine fordernden Aufgaben bekommt.
Nichtsdestotrotz schreckt mich das ab, weil es sich so anhört, als sei man als (bei Abschluss) mitte 30'er der eigentlich nochmal sein ganzes Leben von 0 bis dato allein in Arbeitsjahren vor sich hat, in der Wirtschaftswelt wo Menschen als "Human Resources" angesehen werden und alles auf Optimierung und Performance ausgelegt ist, ein Problemfall. Auch habe ich gelesen, dass manch einem gesagt wurde, dass er für Juniorstellen zu alt, für Seniorstellen hingegen zu unerfahren sei - ein Teufelskreis.
Ich finde Wirtschaft wirklich aus intrinsischer Motivation spannend und habe mir in meiner Freizeit auch schon zwei Bücher dazu gekauft und durchgelesen und mich ebenfalls etwas mit Volkswirtschaftslehre, globalen Finanzen und der Börse beschäftigt.
Was ich mich nun aber frage ist, ob ich mir mit diesem Studium was gutes tue oder eher schaden würde. Ob ich nicht lieber in meiner Kreativbranche bleibe und schaue, ob ich nicht ein Studium der visuellen Medien zum SoSe ergattern kann (auch wenn mich das ingesamt ein Jahr Studiendauer mehr werden würde) oder eine verkürzte Ausbildung (1,5 Jahre) in einem Mediengestalterberuf anstrebe, auch wenn ich lieber studieren würde. Aber da würde man meine bisherige Expertise mit dem darauf ausgelegten Fachabitur und allem was ich danach gemacht habe (dazu gehört ja auch meine digitalen Produkte visuell zu präsentieren, sei es mit Covern, Produktboxen mit Bildern oder auch leicht animierten Youtube-Videos) und mehrere Social Media Kanäle zu verwalten. Ich will das nicht als mehr aufblasen als es ist, sicher kommt das trotzdem noch nicht an das ran was einer kann, der schon Jahre in der Branche arbeitet, aber es wäre halt trotzdem irgendwie Artenverwandt.
Andererseits verspreche ich mir von BWL - abgesehen von meinem persönlichen Interesse - mehr "Sicherheit", mehr Vielfalt an Arbeitsplätzen die ich damit dann finden könnte und vielleicht auch ein etwas höherer Lohn um ein wenig die letzten Jahre aufzufangen, in denen ich nicht in meine Rentenkasse einzahlen konnte.
Doch bin ich besorgt darum, dass diese "Sicherheit" in anbetracht dessen, dass es ein kompletter Neuanfang in einer neuen Branche wäre, gar nicht gegeben ist, weil ich aus Sicht von Wirtschaftern eben weit entfern vom Optimum wäre, nach dem scheinbar viele suchen.
Mir ist klar dass man wenn man gut ist, sich verkaufen kann und auch Soft-Skills hat bessere Karten hat, zumal ich auch durch 6x Training die Woche seit 10 Jahren sehr fit und jung aussehe (Sowas kann ja durchaus relevant sein). Aber wenn mich ein automatisches Vorfiltersystem schon bei 80% der Stellen wegen meinem Alter gar nicht erst berücksichtigt oder ein Personaler mich zwar ganz nett findet, aber dann doch lieber den jüngeren absolventen nimmt, bringt mir das auch nicht viel. Ich weiß, dass es keine pauschale Aussage gibt und jeder Werdegang individuell verlaufen kann und zu einem Großteil auch immer an einem selbst liegt; dennoch würde ich gern wissen ob es gerade in der Wirtschaftsbranche gewisse Tendenzen gibt und wie stark die ausgeprägt sind.
Mich würden eure Erfahrungen brennend interessieren! Von Leuten, mit gleichen oder ähnlichen Schicksalen und auch gern von in der Wirtschaft berufstätigen, die solche Fälle dort beobachten konnten, und auch gern von Leuten die da aus dem privaten Umfeld Storys auf Lager haben.
Bin gespannt auf euren Input :)
Beste Grüße!