Ich bin auch US-Amerikaner und Deutscher gleichzeitig. Ich bin in Deutschland geboren und aufgewachsen, habe die US-Staatsbürgerschaft durch meinen Vater bei der Geburt erhalten.
Ich habe bei den deutschen Behörden, Banken und Arbeitgebern auch nie meinen US-Staatsbürgerschaft preisgegeben und tue dies bis heute weiterhin nicht. Ich mache seit 2 Jahren bereits meine IRS Tax Filings und kenne mich aus.
Es gibt quasi zwei Wege, die ihr beim Investieren beschreiten könnt. Einmal die Variante, dass ihr ganz brav aus Deutschland heraus mit Euros an deutschen Börsen handelt und einmal die grauzone Variante, dass ihr einen Wohnsitz in den USA vortäuscht, euer Geld in Dollar umwandelt und an amerikanischen Märkten handelt. Ich erkläre beide Varianten im Detail.
1.)
Vergisst die deutschen Broker, Trade Republic, Scalable Capital etc. und steigt um auf Interactive Brokers. Die nehmen Kunden, die gleichzeitig Amerikaner und Deutsche sind. Ist kein Problem. Leider müsst ihr euch von ETFs gänzlich verabschieden. Man kann als Deutscher keine US-ETFs kaufen (trifft auf euch zu) und ihr könnt als Amerikaner zwar EU-ETFs kaufen, aber das ist ein steuerlicher Supergau (trifft auch euch zu) dank Dingen wie FATCA, PFIC etc.
Das heißt, ihr könnt de-facto keine EU-ETFs kaufen und auch keine US-ETFs und seid damit vom ETF Handel prinzipiell ausgeschlossen. Die einzige Möglichkeit ohne steuerliches Chaos sein Geld anzulegen ist mittels Einzelaktien. REITs und andere Investmentfunds sind immer mit großen Abstand zu umrunden. Somit seid ihr gezwungen Einzelaktien zu kaufen. Ja, das ist scheiße. Es erfodert nämlich aktives investieren, Recherche, man muss selber diversifizieren. Das, was ein ETF automatisch macht, müsst ihr manuell nachstellen.
Jedes Jahr müsst ihr eine Steuerklärung an die IRS schicken und euer Einkommen etc. von Euro in US-Dollar umrechnen. Außerdem müsst ihr ab einer Einlage von $10.000 (Achtung, es reichen weniger als 10.000€ dank des Wechselkurses!) euer Bankkonto extra melden. Es reicht aus, wenn nur einmal im Jahr diese Summe auf dem Konto überschritten wurde. Ab einer gewissen Verdienstsumme müsst ihr doppelt Steuern zahlen, das greift aber erst bei über ca. 110.000€ Brutto. Wenn ihr gehaltlich darunter liegt, dann greift der Foreign Tax Credit (ihr bezahlt ja schon deutsche Steuern und das wird verrechnet, so zahlt ihr nicht doppelt). Es gibt noch alternativ Foreign Earned Income Exclusion, aber ich würde immer zu FTC raten. Ihr könnt die Unterschiede googeln.
2.)
Das klingt ja alles sehr anstrengend. Deshalb gibt es noch die graue Alternative. Ihr müsst euch irgendwie eine US-Adresse besorgen an die ihr Post geschickt bekommen könnt. Diese Adresse könnt ihr dann als euren US-Wohnsitz vortäuschen. Wie man das macht? Verwandte, Freunde oder ihr bezahlt dafür einen Service. Es gibt Anbiete, die sich genau darauf spezialisiert haben. Sogenannte "Virtual Mailbox Services". Ihr bezahlt monatlich ein wenig Geld und dafür geben die euch eine US-Adresse, öffnen eure Briefe und scannen die online für euch ein.
Diesen Trick kennen natürlich auch Banken usw., deshalb sind viele bekannte Mailbox Adressen geblacklisted. Daher benötigt ihr einen sogenannten "TruLease" Service. Da wird dann eine richtige physiche US-Adresse zur Verfügung gestellt, mit Lease Agreement und Utility Bills, die ihr bei KYC ohne Probleme und Kopfschmerzen vorzeigen könnt. Kostenpunkt leider $100 im Monat oder so.
Ausgestattet mit diesem Fake US-Wohnsitz (+ Reisepass und Social Security Number) könnt ihr jetzt ein amerikanischen Bankkonto eröffnen. Dort schickt ihr euer Geld hin. Am besten mit Wise oder Interactive Brokers (Deutsches Konto Euro einzahlen -> Euro in Dollar umwandeln -> Auszahlen an US-Konto). Jetzt eröffnet ihr noch ein Konto bei einem US-Broker. Dafür müsst ihr natürlich auch einen VPN benutzen, damit ihr eine amerikanische IP-Adresse habt.
Jetzt seid ihr bereit, denn nun könnt ihr ohne Probleme mit euren Dollar am amerikanischen Aktienmarkt investieren und ETFs kaufen, nämlich über euren US-Broker. Es gibt keinerlei Einschränkungen mehr, ihr seid ja vollwertige US-Amerikaner und der Broker geht davon aus, dass ihr in den USA wohnt. Versteuern müsst ihr den Kram in Deutschland auch nicht, da nun alles an den deutschen Finanzbehörden vorbei läuft. Ihr seid ja auf dem amerikanischen Markt, als US-Amerikaner.
Das einzige Problem, was übrig bleibt, ist das Währungsrisiko. Ihr lebt in Deutschland und hier wird mit Euro bezahlt, euer gesamtes Vermögen ist aber in Dollar in den USA. Ihr müsst euer Geld auch irgendwann aus den USA zurückholen, wenn ihr es hier mal braucht. Wie das ohne Kopfschmerzen geht, erkläre ich euch ein anderes Mal ;).
antworten