Vollkommen richtig. Die Leute brennen noch richtig für sozialen Aufstieg, sind sich für nichts zu Schade und suchen ihre Jobs nicht nach vermeintlichem Prestige, sondern nach Gehalt und Jobaussichten aus.
Wir hatten das Thema hier ja vor kurzem Mal, aber faktisch verdienen Krankenschwestern oder Erzieher in Vollzeit mehr als durchschnittliche BWLer. Sozialarbeiter verdienen deutlich mehr und Ingenieure, Informatiker, Lehrer und Ärzte sowieso.
Ich rede hier nicht vom 1% Glücksfalls IGM oder den Leuten, die ihre gesamte Zeit gegen 15 Euro Netto-Stundenlohn tauschen (reale 70h-Woche inkl. Reisezeit und dann 4.500 Euro netto = weniger als 15 Euro netto pro Stunde), sondern vom breiten Schnitt inkl. ländlicher Bevölkerung.
Fast deutschlandweit werden Erzieher quasi ohne Vorgaben eingestellt. Durch den TVöD steigt man automatisch in den Stufen auf. Ohne irgend eine Art von Beförderung erreicht man nach einem guten Jahrzehnt ein Gehalt von 49.300 Euro brutto, zusätzlich zahlt der Arbeitgeber noch 3.200 Euro in die VBL ein - das vergessen hier viele. Es ist also ein Äquivalent von 52.500 Euro. Ich kann euch garantieren, dass viele ländliche BWLer in KMUs dieses Gehalt nie erreichen.
Sozialarbeiter kommen auf 56.600 Euro plus 3.700 Euro VBL. Also 60.300 Euro Äquivalent. Durch die VBL hat man auch als Angestellter eine Versorgung, welche quasi der Pension von Beamten ziemlich nah kommt. Im Schnitt wird die gesetzliche Rente dadurch um etwa 70% erhöht. Ein Erzieher bekommt so etwa 1.000 Euro Zusatzrente (nach heutigem Wert + künftige Steigerungen), ein Sozialarbeiter 1.150 Euro. Als normale Rente nach heutigem Wert bekommen die nach 40 Jahren auf 1.700 Euro bzw. 1.800 Euro.
Rente und VBL zusammen sind also 2.700 Euro für Erzieher und 2.950 Euro für Sozialarbeiter. Das vergessen auch viele, die es im KMU vielleicht doch auf 60k geschafft haben, aber damit nach 40 Jahren gerade 55 Rentenpunkte gesammelt haben (Annahme: erste 10 Jahre steigert sich das Gehalt von 40k auf 60k, dann bleibt es bei 60k). Das sind keine 1.900 Euro Rente und so eine arbeitgeberfinanzierte (!) Betriebsrente haben kaum KMUs.
Krankenschwestern gehen in Vollzeit regelmäßig mit 2.800 bis 3.000 Euro netto nach Hause. Glaubt ihr kaum einer, ist aber so.
Es gibt viele Jobs, welche dem durchschnittlichem KMU-BWLer weit überlegen sind. Deswegen ist es auch kein Wunder, dass hier viele herumjammern, dass nur Erben usw. sich etwas leisten könnten. Das 8k-9k Lehrerehepaar ist aber ganz real, genauso wie der Polizist und die Krankenschwester, welche zusammen auf über 6k netto kommen. Und das mit Mitte 20.
Und in vielen handwerklichen Berufen wird nach der Arbeit (welche meist 15:30 oder 15:45 pünktlich endet) und an einigen Samstagvormittagen im Monat nochmal 1.000 Euro steuerfrei dazuverdient. Auch das ist die Realität.
Im Gegensatz dazu kenne ich auch einen KMU-Controller mit 2.500 Euro brutto. Der ist handwerklich ungeschickt, muss also, wenn er mal ein Haus hat, für alles jemanden kommen lassen. Der kann sich auch privat nichts dazuverdienen. 2.500 Euro brutto im KMU als Controller. Dafür stehen Erzieher oder Krankenschwestern nicht mal auf.
WiWi Gast schrieb am 26.09.2020:
Natürlich ist das nicht repräsentativ für alle. Es wird viele geben, die das Hartz4-System genießen werden. Aber hier gab es ja die Behauptung, dass die Migranten 1 bis 2 Generationen brauchen würden, um als Immobiliennachfrager aufzutreten. Und das ist nicht so. Mit arbeitnehmerischer Tätigkeit hast Du grundsätzlich recht. Aber die Migranten drängt es vielfach danach Unternehmer zu werden. Handwerker, Gastronomie und so weiter. Die sind lieber ihr eigener Chef. Wer es da drauf hat kann sehr gut verdienen. Hatte auch mal weibliche Migrantinnen kennen gelernt. Die eine hatte ein Abitur, was hier anerkannt wurde. Musste aber noch Deutsch lernen. Hat danach studiert. Innerhalb von 10 Jahren hatte sie die deutsche Staatsbürgerschaft und war A13 Studienrätin. Ausgerechnet das, wovon hier so viele gescheiterte BWLer träumen!
WiWi Gast schrieb am 26.09.2020:
Hast du vielleicht schonmal darüber nachgedacht das bei dir als Markler nicht gerade der Querschnitt der Bevölkerung vorstellig wird sondern ausschließlich der Teil der es geschafft hat und sich so etwas leisten kann? Natürlich kann man es auch als Flüchtling oder ohne Studium zu etwas bringen (etwas anderes hat hier auch nie jemand behauptet), in der Wissenschaft (und das lernt man im Studium) geht es aber nicht um "Ich kenne aber einen der im Lotto gewonnen hat", sonder um objektive, fundierte, statistische Werte und da schneidet man, sofern es um Vermögendaufbau durch Arbeitnehmerische Tätigkeit geht, zumindest aktuell und in den meisten Bereichen mit Studium mit Abstand am besten ab.
antworten