Lounge Gast schrieb:
wer wiwi studiert hat und die vermögensteuer gut und gerecht
findet, dem sollte man seinen abschluss wieder entziehen.
Was soll denn dieser Beitrag? Auch als Absolvent der Wiwi sollte man doch dazu befähigt sein, sich eine differenzierte Meinung gebildet zu haben, die nicht zwangläufig zu 100 % und auf dogmatischer Art und Weise dem Manchester Kapitalismus folgt.
Die Geschichte hat uns gelehrt, dass der Kommunismus in seiner Reinform nicht funktioniert, da er dem Einzelnen wenig Leistungsanreize gibt.
Die Geschichte hat uns aber auch gelehrt, dass der Neo-Liberalismus in seiner Reinform nicht funktioniert, da er sich in der praktischen Form nicht umsetzten lässt. Die dazu notwendige Markteffizienz lässt sich einfach nicht herstellen, da der Mensch immer als verfälschender Parameter agiert. Mit vollständiger Markteffizienz wäre es nicht zur Finanzkrise (Blase!) oder der New-Economy-Krise gekommen. Bei vollständiger Markteffizienz gebe bspw. es auch kein soziales Schichtendenken und es würde vollkommene Chancengleichheit herschen. Aber der Mensch als emotionsgetriebenes Wesen funktioniert eben nicht wie eine Homo Ökonomicus!
Langfristig führt nur eine soziale Marktwirtschaft (damit meine ich jetzt nicht die Propaganda der INSM) zu einer Ausgewogenheit und politischen Stabilität, da sie Leistungsanreize setzt und trotzdem soziale Interessen berücksichtigt!
Wichtiges Ziel-Kriterium sollte die Chancengleichheit sein: Ausgehend von der gleichen Startposition muss jeder die Lage versetzt werden, sein Leben selbst zu gestalten. Auf dieser Basis können Leistungsanreize gesetzt werden.
Nur haben wir Chancengleichheit, wenn Kinder von Akademiker-Eltern zu 80 % Abitur machen und Kinder von Arbeiter-Familien zu nichtmal 20 %? (die FDP möchte übrigens die Elite-Ausprägung (Hoch-)Schulen weiter schärfen und dazu das Gebührensystem weiter liberalisieren.
Nach mittlerweile 3 Jahren Berufstätigkeit habe ich weiter gemerkt, dass es keine Markteffizienz im Bereich der "Besserverdienenden" gibt. Es hat mich maßlos enttäuscht zu sehen, dass "Projektleiter" mit 200k/Jahr von der Bank bezahlt werden, obwohl die Leistung unterirdisch ist, und es mehr als fraglich ist, wie diese zu dem eigentlichen Job gekommen sind.
Allgmein: Wenn ein normaler Arbeiter mit 40 Stunden-Woche 35k verdient, es ist es dann zu rechtfertigen, dass eine Führungsperson (nicht mal Upper-Management) für 45 Stunden-Woche das 6-fache verdient? Ist dies wirklich alleine durch den höheren Leistungsbeitrag zu rechtfertigen?
Auf Nachfragen habe ich mir dann sagen lassen, dass der betreffende 200k-Projektleiter den Vorstand aus dem Golf-Club kennt. Auch lassen sich die 200k nicht mit einem Risiko-Aufschlag rechtfertigen, da er nahezu kein Risiko trägt (entgegen vielen Unternehmern).
Hier funktioniert der Markt auch nicht, da es zu wenig Nachfragemöglichkeiten/Konkurrenz gibt; folglich sollte der Staat regulierend eingreifen. Er kann das machen, indem er den Top-Verdiener mit höheren Steuern belastet. Und diese Steuern sich nun auf ein TOP-Gehalt beziehen, dass ihm ohnehin nur die Gesellschaft ermöglicht hatte, da es genügend wenigerverdienende Angestellte/Arbeiter gibt, die wertschöpfend arbeiten.
Meiner Erfahrung nach gibt es im oberen Verdienstsegment keine Governance mehr. Ist man in diesem Segment angekommen, kann man faktisch gesehen nicht mehr abstürzen, da man immer wieder aus dem Netzwerk aufgefangen wird. Herrscht hier noch vollkommenen Leistungsgedanke?
Und deshalb macht mich der Wahlausgang zu traurig:
Die CDU ist eine stark vom Lobbyismus getriebene Partei, die für feudale Systeme und Sicherung der Standzugehörigkeit steht, und deshalb für mich Stillstand bedeutet. Wenn ich nen Blick auf die letzten 20 Jahre werfe, wird mir das noch deutlicher. Einzig von Spd-grün gingen dynmische Impulse aus (Agenda 2010, Riester-Rente, Ich-Ag, Atom-Ausstieg, KV-Reform). Nach 7 Jahren Rot-Grün war das Level an ausgewogenen Leistungsanreizen nie größer.
Und die FDP ist eine reine Klientelpartei, welche die Wirtschaftskompetenz aus dem Lehrbuch kopiert hat. Ich bin immer noch auf der Suche nach Infos, wie hoch der Akademikeranteil unter den FDP-Wählern war. Ich vermute nämlich dass die billigen Steuersenkungsversprechen nur bei Wählern aus bildungsferneren Schichten gezogen haben. Das vollständige Wahlprogramm (sei es bspw. vollständige Privatisierung der Krankenversicherung) haben sich bestimmt nicht viele durchgelesen.
Schade nur dass jetzt die ganzen Vorstöße der SPD im Zusammenhang mit Chancengleichheit bei Bildung und Betreuungseinrichtungen ausgehebelt werden.
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