Interview über die Studienwahl und interessante Lebensläufe
Dr. Birgit Jantzen ist Beraterin im Hochschulteam des Arbeitsamtes Aachen und Spezialistin in Fragen der Studien- und Berufswahl. Das Gespräch führte Martin Hellwig.

Zum Thema Orientierung nach dem Abitur: Männer haben zwangsläufig ein Jahr Pause, für Frauen gibt es das freiwillige soziale Jahr oder auch den Auslandsaufenthalt beispielsweise als Au-Pair. Wie wichtig ist so eine Auszeit nach der Schule?
Es hängt von der Person ab. Ich persönlich finde das sehr schön und sinnvoll, weil die Zeit nicht mehr zurückkehrt. Dass man völlig ohne Verpflichtungen Dinge einfach tut, frei von den Zwängen, dass man Leistung bringen, Scheine machen oder lernen muss. Dass man einfach mal was für sich und seine Psyche tut und Zeit zum Nachdenken hat, ist eine sehr wichtige Erfahrung. Bei den Mädchen sind es etwa 20 bis 30 Prozent, die sich so ein Jahr nehmen. Es gibt aber viele Menschen, die Zeitdruck haben. Das hängt dann aber auch von den Finanzen ab. Bei dem freiwilligen sozialen Jahr bekomme ich zwar etwas Geld, aber einen Auslandsaufenthalt ganz ohne Förderung zu bezahlen ist kaum möglich. Da gibt es wenige Förderungen, sofern es außerhalb des Studiums angesiedelt ist.
Die Karriereleiter lässt sich auf verschiedene Arten erklimmen. Zunächst einmal stellt sich nach dem Abi vielfach die Frage: Mache ich eine Ausbildung oder entscheide ich mich für ein Hochschulstudium? Was spricht heutzutage für oder gegen ein Studium?
Ich würde nicht allgemein sagen: Für oder gegen, ja oder nein. Das hängt immer von der jeweiligen Person ab. Da ist für mich eher die Frage, ob Sie grundsätzlich ein Studium auf sich nehmen oder einen Weg gehen wollen, der eine betriebliche Qualifikation vorsieht. Zum Beispiel erst eine Ausbildung, dann den Betriebswirt und vielleicht eine weitere innerbetriebliche Qualifikation. Es kommt darauf an, ob die Leute sich ein Studium zutrauen.
Die zentrale und häufigste Frage lautet trotzdem: Studiere ich sofort oder mache ich erst eine Ausbildung?
Vorher eine Ausbildung zu machen ist u.a. auch eine Frage des Sicherheitsdenkens. Möchte ich erst den Praxisbezug, das sofortige Lob und den Erfolg haben und auch jemanden, der mich begleitet, oder möchte ich in einer Hochschule lernen? Komme ich dann damit klar, dass sich nach einigen Semestern Fragen stellen wie:
- Weiß ich überhaupt, wofür ich studiere?
- Kann ich mich selbst motivieren?
Das klären wir in Beratungsgesprächen ab und ermitteln, was der beste Weg ist.
Wie entscheiden sich die Schulabgänger mit Hochschulreife heute?
Es gibt Untersuchungen, dass an den Universitäten gerade im Bereich der Wirtschaftswissenschaften etwa 30 Prozent der Leute zuvor eine Berufsausbildung gemacht haben. An Fachhochschulen liegt der Prozentsatz, wie in Aachen beispielsweise, sogar bei etwa 80 Prozent.
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