Expat Gehalt vs. lokaler Vertrag
Ich habe einige Fragen. Wird ein wenig mehr Text.
Ich brauche eine (betriebswirtschaftliche) Betrachtungsweise für den Vergleich zwischen einem Expat und einem Deutschem, der direkt bei einer deutschen Firma einen Job sucht. In diesem Fall China.
Ort ist eine 8 Millionenstadt, wirtschaftlich stark, vergleichsweise hohe Lebenshaltungskosten (bei vergleichsweisen niedrigen Löhnen). Ca. 100 deutsche Firmen vor Ort, größtenteils technologie-orientiert.
Ich bin der Deutsche, der vor Ort ist (ein halbes Jahr) und beschlossen hat, sich hier LANGFRISTIG beruflich zu engagieren. Gründe sind vielfältig. Ich bin hergekommen, um nach meinem Bachelor vor dem Master ein wenig andere Luft zu schnuppern. Jetzt suche ich Arbeit. Überall höre ich, dass ich nur miese Bezahlung kriege. Ca. 1/3-1/2 von dem Gehalt, das ich in Deutschland bekommen würde. Davon kann man überleben, es sogar deutlich mehr, als die meisten studierten Chinesen bekommen.
Aber der notwendige Lebensstandart gerecht zu werden (hier muss man zeigen, dass man Geld hat, sonst bist du nichts, aber lange Geschichte). Ganz zu schweigen davon, dass man in einer unsicheren und verranzten Wohnung wohnt, keinerlei Altersvorsorge hat, keine andere Versicherung, sich sehr selten mal ein Theaterbesuch, Hefeweizen und andere Annehmlichkeiten leisten kann. Von einem Auto und einer guten Mittelklasseschule für die Kinder ganz zu schweigen. Dazu noch zu sagen, dass ich nicht nur frisch von der Uni komme. Meine Berufserfahrung (Praktika, 3/4 Job neben dem Studium, Selbständigkeit) summiert sich auf 5 Jahre. Ich bin 27. Ich habe einen Bachelorabschluss als Wirtschaftsingenieur (2,1, beste 10% ganz knapp verpasst). Überschlagen brauche ich hier um als Single einen 50%-igen westlichen Standard zu leben ca. 15000RMB netto (ca. 1700Euro). Gute Wohnungen sind teurer als in München, Qualitätsartikel jeglicher Art (Auto, Kleidung, Technik, Nahrung, einfach alles) sind aus vielfältigen Gründen rund 30% teurer als in Europa. Da komm ich nun, will hier langfristig arbeiten und deutsche Firmen wollen mich mit 10000RMB oder weniger brutto abspeisen. Sie könnten ja auch lokale Kräfte für noch weniger einstellen. Dies ist eine direkte Lüge. Jeder westliche Manager, und davon habe ich einige kennengelernt, flucht über die Unfähigkeit von Chinesen selber zu denken (ich sehe das ein wenig differenzierter). Ständig hört man, „Ach hätte ich doch mehr deutsch Denkende um mich, ich bin am verzweifeln, etc.“. Sogar chinesische Manager fluchen über die Unfähigkeit der meisten chinesischen Absolventen einen eigenen Gedanken zu fassen. Und andere fadenscheinige Gründe werden angeführt, kein Geld, kein Bedarf (warum zeigt man dann Interesse in erster Instanz?), etc.
Dann haben wir den Expat. Der hat 1-5 Jahre Berufserfahrung und gegebenenfalls schon die ein oder andere Gehaltserhöhung hinter sich. Er bekommt als Gehalt 150-200% seines deutschen Gehaltes. Er kommt hier her für 2-5 Jahre und übernimmt in einem ihm völlig fremden Umfeld von heute auf morgen Managementaufgaben. Er spricht die Sprache meist nicht, er ist isoliert in seinem Reichenghetto und kommt in den meisten Fällen privat nur mit anderen Expats in Berührung. Seine Sichtweise auf die Ganze ist mir nicht verständlich. Warum ist er hier? Ich habe viele Deutsche von Chinesen direkt als niedere Menschen sprechen hören. Es besteht kein Interesse die Kultur zu verstehen, es bleibt immer der Touristenblick auf das Ganze, weil er die finanziellen Mittel hat, besser als in Deutschland zu leben; und dabei zusammen mit anderen Deutschen isoliert vom Geschehen. Nichtsdestotrotz wird er ein halbwegs guter Manager sein (sonst wär er nicht hier, hoffentlich), er wird seinen Job mehr oder minder gut machen und nach einiger Zeit ein gewisses lokales Know-How haben. Aber nach 2 bis 5 Jahren geht er wieder. Und wieder muss jemand mit 150-200% kommen, sich einleben, seine Kinder, seine Frau. Und wieder und wieder. Die Kosten und der Know-How-Verlust sind enorm, gigantisch.
Dann komme ich. Ich brauche ja kein Expatgehalt (wollen schon, aber ich geb mich halt auch mit weniger zufrieden). Aber ich will eine Familie ernähren können, einen halbwegs westlichen Lebensstandart führen können, will ein wenig Sicherheit. Und dabei biete ich mit meinen Fähigkeiten für weniger Geld als ein Expat DAUERHAFT an. Kein Know-How-Verlust, Wunsch nach langfristiger Bindung ans Unternehmen, willens die Kultur zu verstehen, etc.
Da kommt ihr: Können die nicht rechnen oder habe ich einfach was übersehen? Wenn ja: Wo sind meine Fehler in der Gegenüberstellung? Welche Argumentationsmöglichkeiten seht ihr?
Dank und Gruss,
Martin