Die TU Ilmenau war ursprünglich eine FH, die kurz nach der Wende in eine Universität umgewandelt wurde. Zu DDR-Zeiten verfügte die TH Ilmenau in den Ingenieurwissenschaften über einen hervorragenden Ruf, den sie bis heute in der Thüringer Landbevölkerung genießen kann.
Ab etwa 2000 gab es in den alten Bundesländern einen erheblichen Mangel an Studienplätzen, wodurch es einen regelrechten Hype um die TU gab, der um 2012 kulminierte. Zeitweise gab es etwa 7000 Studierende. Die inhaltliche Ausrichtung der Universität wurde dabei immer stärker in Richtung von Medien- und Wirtschaftsstudiengängen gelenkt, auf die sich der gute Ruf der TU nicht im Geringsten abgefärbt hat.
Die Jubeljahre sind längst vorbei. Schwerwiegende strategische Fehlentscheidungen führten neben der allgemein unattraktiven Lage der TU zu einem einem erheblichen Rückgang der Studentenzahlen. Die sich wenig für das Provinznest Ilmenau interessierende Thüringer Landesregierung hat es versäumt, sich der schwerwiegenden Probleme anzunehmen, wodurch die Studiensituation in Ilmenau kontinuierlich schlechter wurde.
Die Zahl der Studienanfänger in den grundständigen B.Sc-Studiengängen ist regelrecht kollabiert, wodurch sich die TU zur Einführung neuer Studiengänge wie BWL gezwungen sah. Momentan wird die Universität von wenigen M.Sc-Studiengängen mit extrem niedrigen Aufnahmehürden getragen, die insbesondere von Ausländern aus 3.Welt-Staaten wie Pakistan nachgefragt werden. Es gibt hier Studiengänge mit 300 Leuten, von denen 2-3 aus Deutschland stammen.
Du wirst in BWL vielleicht 10 Kommilitonen haben, ein wesentlich schlechteres Umfeld kann man sich kaum vorstellen. Das Niveau der Ilmenauer Studenten ist vergleichsweise gering und extreme Überschreitungen der Regelstudienzeit sind häufig. Die Lage Ilmenaus ist für BWLer denkbar ungünstig, da Metropolregionen hunderte Kilometer weit entfernt sind, wodurch Praktika kaum zu realisieren sind und auch von den wenigsten durchgeführt werden. Die Prüfungsorganisation ist schlecht und verteilt die Prüfungstermine über die gesamte vorlesungsfreie Zeit. Außerdem stehen die Prüfungstermine erst spät fest, wodurch Praktika kaum organisierbar sind.
Die Qualität der Lehre ist überschaubar und mit der einer Hochschule zu vergleichen. Viele Fächer können durch bloßes Auswendiglernen der Folien bestanden werden. Lediglich der Workload ist etwas groß, woraus sich aber kein universitärer Anspruch zu begründen vermag. Die quantitative Grundausbildung ist nicht besonders anspruchsvoll und kann mit Abiturwissen problemlos bewältigt werden. Quantitative Vertiefungsmöglichkeiten fehlen gänzlich.
Der technische Wahlkatalog erscheint mir dubios. Viele der hier wählbaren Fächer benötigen ingenieurwissenschaftliche Grundkenntnisse, die im Grundstudium überhaupt nicht vermittelt wurden. Außerdem braucht man in der Berufswelt keinen zwischen BWL und WING angesiedelten Studiengang. Hierfür besteht schlichtweg kein Bedarf, da für entsprechende Positionen stets ein WINGler bevorzugt würde.
Als Personaler sähe ich weder in der technischen Orientierung noch in dem Ruf der TU einen erheblichen Vorteil. Die TU Ilmenau ist zusammen mit der TU Clausthal eine der am schlechtesten gerankten TUs in Deutschland, wodurch ich sie mit einer etwas überdurchschnittlichen Hochschule wie der EAH Jena oder OTH Regensburg gleichsetzen würde. Den Studiengang im Speziellen würde ich nochmal erheblich abwerten, weil er strukturell zu den schwächsten universitären BWL-Studiengängen in Deutschland gehört.
Grüße von einem Ilmenauer WINGler
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