Einkommensentwicklung in Deutschland: Die Mittelschicht verliert
Arm und Reich driften in Deutschland immer weiter auseinander. Das ist das zentrale Ergebnis einer neuen Studie des DIW Berlin zur Einkommensverteilung in Deutschland auf Basis von Daten des Sozio-Oekonomischen Panels (SOEP).
Arbeitsmarkt entscheidend für die Einkommensverteilung
Hauptursache für die zunehmende Entfernung der Einkommensgruppen voneinander sei vor allem die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt: Wenn die Zahl der Beschäftigten zurückgeht, steigt die Zahl der Menschen in unteren Einkommensgruppen. Deshalb habe die Wirtschaftskrise 2009 dank des deutschen Jobwunders auch keine massiven Auswirkungen auf die Einkommensverteilung gehabt. Bei steigenden Beschäftigtenzahlen würde diese Entwicklung aber nicht umgekehrt, sondern nur gestoppt. Wir sehen hier einen langfristigen, relativ gleichmäßigen Trend, sagt Jan Goebel. Und dieser Trend ist besorgniserregend.
Steigende Einkommenspolarisierung bedroht gesellschaftliche Stabilität
Besorgniserregend sei der Trend zur Einkommenspolarisierung besonders im Hinblick auf die schrumpfende Mittelschicht. Mittlere Schichten begründen ihren Status nicht auf Vermögen, sondern auf Einkommen, sagt Martin Gornig. Eine Entwicklung wie die hier beobachtete kann unter Umständen Verunsicherungen in diesen Schichten auslösen. Problematisch sei das vor allem dann, wenn andere Bevölkerungsgruppen für den drohenden Statusverlust verantwortlich gemacht würden. Und auch in anderen Bereichen drohen mit dem Verschwinden der Mittelschicht Probleme, etwa bei der Stadtentwicklung: Mit einer steigenden Anzahl von Ärmeren wächst auch die Gefahr des Entstehens von Armenvierteln.
Auch das geplante Sparpaket der Bundesregierung hält Jan Goebel vor dem Hintergrund der beobachteten Entwicklung für zu einseitig: Die bisher gemachten konkreten Vorschläge betreffen nur die unteren Einkommen. Der Anteil der Reichen aber steigt stetig und die Reicheren verdienen auch immer besser. Da stellt sich schon die Frage, ob diese Gruppe nicht auch einen Sparbeitrag leisten sollte.