Eine äußerst amüsante Diskussion. Uni-Absolventen heben darauf ab, dass sie theoretisch so deutlich besser gebildet seien, BA-Absolventen, dass sie praktische Erfahrungen besitzen und die theoretische Ausbildung für die praktische Arbeit zudem nicht von großer Relevanz. Kaum zu Wort melden sich FH-Absolventen.
Letzteres finde ich vor allem interessant. Weshalb? Es ist die gleiche Diskussion wie vor ca. 15-20 Jahren, als die FHs nicht als vollwertig anerkannt wurden. Und seinerzeit war das absolut gerechtfertigt, denn viele FH-Professoren waren nur in den Prof-Stand gehobene Ausbilder oder Berufsschullehrer. Erst Ende der Achtziger/Anfang der Neunziger war der Lehrkörper an der FH zum allergrößten Teil von an der Uni promovierten Professoren gebildet. Diese wiederum wollten ihren Habitus, den sie an der Uni mitbekommen hatten und ihren theoretischen Anspruch an die Uni angleichen.
Was kam dabei heraus? Die FHs haben ihren wissenschaftlichen Anspruch auf ein mehr als akzeptables Niveau gebracht (angemerkt sei, dass man den Durchschnitt aller FHs und Unis betrachtet, nicht Spitzen-FH mit Looser-Uni oder Looser-FH mit Spitzen-Uni), Forschungseinrichtungen aufgebaut (die sich aus der Aufgabenstellung der FH natürlich auf angewandte Wissenschaft konzentrieren) und den Praxis-Anteil leicht verringert. Die Unis dagegen haben in den letzten 10 Jahren eine stärkere Praxisorientierung vorgenommen, so z.B. die Uni Karlsruhe, an der, nach meinem Wissensstand, seit einigen Jahren in WiWi-Fächern auch Praktika absolviert werden müssen.
Insgesamt also vermitteln die FHs in der Breite das gleiche wie die Uni an Theorie, insbesondere befähigen sie zur Anwendung von wissenschaftlichen Methoden. Die Unis dagegen gehen deutlich tiefer in die Methodik hinein, vermitteln also nicht nur, welche Methoden es gibt, wofür sie eingesetzt werden können, wofür nicht, welche Vor- und Nachteile sie haben und wie sie angewendet werden auf wissenschaftliche Problemstellungen, sie behandeln wesentlich stärker die Herleitung und Entwicklung von Methodiken in der Ausbildung.
Und da schließt sich auch der Kreis zur BA. Die stehen vor dem gleichen Problem wie seinerzeit die FHs.
Auch sehr schön finde ich im Übrigen, dass hier von akademischen Titeln an Uni und FH gesprochen wird. Weder der Dipl.-Kfm., der Dipl.-Kfm. (FH), der Diplom-Betriebswirt (FH) oder die weiblichen Ausformungen, ja nicht einmal der Doktor ist ein akademischer Titel. Es handelt sich jeweils um einen akademischen Grad, wie auch in jeder DPO oder PO nachzulesen ist; ein Titel wird laut Gesetz grundsätzlich in Deutschland vom Bundespräsidenten vergeben. Dazu gab es mal (ich meine mich zu erinnern in der FAZ) einen schönen Leserbrief von einem promovierten Rechtsanwalt als Antwort auf eine Jura-Professorin, die ebenfalls von akademischen Titeln sprach (nachzulesen hier: http://www.sprache-werner.info/Der_akademische_Irrtum.1903.html?PHPSESSID=c2c531dd4e0ad ).
Zur Praxis: Ja, es ist richtig, BAler werden genauso eingestellt wie FHler oder "Uni-onisten". Dennoch ist festzustellen, dass in vielen großen Unternehmen der BA-Abschluss immer noch eine Hürde in den ersten Jahren für das Weiterkommen ist, insbesondere dann, wenn strategisches oder konzeptionelles Arbeiten den Schwerpunkt bildet. Man kann das richtig oder falsch finden, es ist dennoch so. Auch ich habe in einem Konzern gearbeitet und dort war es genauso. Spätestens nach 3 Jahren aber ist der Abschluss unerheblich, interessiert nicht mehr, dann zählt allein, wie die bisherige Stellung gemeistert wurde und ob in der Person Potenzial für höhere Aufgaben gesehen wird. Tendentiell werden höhere Aufgaben in Konzeption und strategischer Arbeit immer noch dazu führen, dass dem BA-Absolventen weniger Fähigkeiten dafür zugesprochen werden, es sei denn, er (oder natürlich auch sie) hat in bisherigen Projekten gezeigt, dass er dazu durchaus in der Lage ist. Strategie und Konzeption sind Aufgaben, für die die Abstraktion von Einzelproblem auf Generelles notwendig ist. Und das wird nunmal an der FH stärker trainiert als an der BA und nochmals stärker an der Uni.
Zur rechtlichen Gleichstellung: Diese ist nur relevant, wenn es um Stellen im öffentlichen Dienst geht oder für die Zulassung zum Master oder gar zur Promotion. Und gerade bei letzterem sieht man, dass die Unis, die einen guten Ruf zu verteidigen haben, nicht mal den FH-Bachelor ohne Einschränkungen zulassen (Voraussetzung Uni Münster: Note 1,5 an der FH), in den POs ist von BA-Bachelors nicht mal die Rede. Im öffentlichen Dienst kann man mit dem FH-Diplom zwar in den gehobenen Dienst einsteigen, nicht aber in den höheren Dienst. Mit der rechtlichen Gleichstellung zur FH wird also nicht der Weg in den höheren Dienst geebnet.
Jedes der Modelle hat seine Spezifika und Vor- und Nachteile. Die Gleichmacherei trotz unterschiedlicher Ansprüche wirkt sich m.E. nur verwässernd auf die Abschlüsse aus. Es wird der zweite vor dem ersten Schritt getan: Zunächst wäre es wichtig, für die Unis festzulegen, welches Anspruchsniveau zu gelten hat. Erst dann, wenn FH oder auch BA dieses Niveau durchgängig erreicht haben, sollte eine Gleichstellung erfolgen.
Zuletzt zur Arbeitsbelastung: Es ist richtig, dass an der BA von morgens bis abends Vorlesungen statt finden, fünf Tage die Woche. An der Uni und FH sind das weniger Vorlesungen, allerdings ist das Selbststudium dort ein wesentlicher Bestandteil. Früher war dies an den FHs auch nicht so, inzwischen hat sich dies durch die mittlerweile durchgängig uni-promovierten Professoren gewaltig geändert, es gibt keine Anwesenheitspflicht mehr (gibt es noch Ausnahmen?) und das Studium zu Hause ist integraler Bestandteil. Hieran kann man im Übrigen auch noch einen Unterschied zur BA heutigen Typs erkennen: Durch das Selbststudium wird trainiert, zu selektieren, was ist wichtig, was nicht, was lerne ich, was nicht, worauf lege ich meine Schwerpunkte, worauf nicht. Dies ist unter anderem ein Punkt, an dem auch Abstraktionsfähigkeit trainiert wird, denn es ist die Entscheidung des Studierenden aufgrund seiner Zukunftsplanung, was er in sein Studium aufnimmt. Bei den Uni-Studenten ist dieses nochmals ausgeprägter, denn auch wenn an der FH mittlerweile kein Schulsystem mehr herrscht, so entscheidet man sich doch mit der Studiengangswahl oft (Ausnahme: StuGa Allg. BWL) schon für bestimmte Fächerkombinationen, die als Mindestmaß belegt werden müssen plus Wahlfächer.
Ich habe vor ein paar Jahren meinen Dipl.-Kfm. (FH) abgelegt, danach in Konzernen die gleichen Positionen wie Uni-Absolventen gehabt. Heute bin ich selbständig und weiss eines: egal, welcher Abschluß, entscheidend ist, was hinten dabei raus kommt :-)
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