Wahl: Die Marketing-Lehre in der Politik
Anlässlich der Bundestagswahl stellt sich die Frage, inwieweit die Erkenntnisse der Marketing-Lehre mittlerweile in der Politik Anwendung finden.
Das Ziel und der Ausgangspunkt der Politik sind die demokratische Machtgewinnung und -erhaltung. Ausgehend von einem normativen Fundament aus politischen Werten und Überzeugungen kommen wettbewerbsgerichtete Strategien der Anpassung, der Kooperation und des Konflikts zum Einsatz. Dies liegt zum einen in der Gewaltenteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden begründet. Um eine absolute Mehrheit zu erreichen, ist zum anderen in der Regel eine Koalitionsbildung erforderlich.
Hinsichtlich der strategischen Marktabdeckung finden insbesondere bei den kleineren Parteien wie Bündnis 90/Die Grünen und der FDP differenzierte Marktbearbeitungsstrategien Anwendung, die auf spezifische Interessen einzelner Interessengruppen ausgerichtet sind. Um ein möglichst breites politisches Spektrum abzudecken, nutzen die großen Volksparteien CDU, CSU und SPD überwiegend undifferenziertere Marktbearbeitungstrategien. Kennzeichnend dafür sind stärker standardisierte, die individuellen Wählerbedürfnisse vernachlässigende Leistungsangebote. Vor dem Hintergrund der zentralen Bedeutung der Wähler, die bis kurz vor der Wahl unentschlossenen sind, ist zunehmend eine Bewegung der Volksparteien in die politische Mitte zu beobachten. Auch die lange Zeit charakteristische Unterscheidung der CDU/CSU mit angebotsorientierter Politik (bessere Rahmenbedingungen der Wirtschaft; Unternehmensbesteuerung und Sozialabgaben senken) und der SPD mit nachfrageorientierter Politik (private Steuern senken, um die Kaufkraft zu stärken) ist kaum mehr gegeben.
Den Spagat zwischen der Gewinnung der Medianwähler und der Bindung der Stammwähler am Rande des politischen Spektrums versuchen die Volksparteien über ein entsprechend abgestimmtes Leistungsangebot aus Parteiprogramm und politischen Spitzenrepräsentanten zu schaffen. Die Aufteilung der Wahlberechtigten in homogene Interessen- bzw. Meinungscluster und die Identifikation entsprechender Wählerpotenziale ist dabei die Grundlage und erinnert an die Marktsegmentierung.
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